Zwei Statistiken veröffentlichte das Sächsische Landesamt für Statistik am Montag, 2. Juni, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben: "Einkommenszuwächse der Sachsen flossen 2012 fast nur in den privaten Konsum" und "Im Mai - niedrigste Jahresteuerung in Sachsen seit 2010". Also alles paletti in Sachsen? Die Leute konsumieren immer mehr, die Preise bleiben moderat? Denkste.
Dass es im Mai 2013 zu keinem Preisauftrieb kommt, sagt den meisten Sachsen nur, dass ihnen nicht noch mehr Geld aus der Tasche gezogen wird. Denn die wichtigsten Posten haben in den letzten Jahren alle eine wilde Rallye hingelegt: Nahrungsmittel wurden seit 2010 allein um 12,6 Prozent teurer – allen voran Obst (20,6 %), Molkereiprodukte und Eier (18,5 %), Speisefette und -öle (16,9 %). Bei Strom (20,9 %) und Heizöl (20,5 %) wurde richtig hingelangt. ÖPNV und Fernsehsteuer werden nicht extra ausgewiesen, schlagen aber genauso ins Budget wie der ganze Bereich Bildungswesen (20,3 %). Da ist ein Mai mit einem leichten Preisminus von 0,1 Prozent nichts anderes als eine Verschnaufpause.
Und was ist das mit den gestiegenen Konsumausgaben? Nichts anderes als Dasselbe in Grün oder Pink.
“Im Jahr 2012 hat jeder Einwohner in Sachsen durchschnittlich 16.565 Euro für den privaten Konsum ausgegeben, das waren 315 Euro bzw. 1,9 Prozent mehr als 2011”, melden die Landesstatistiker.
Ein einziger Blick genügt auf die Jahresteuerungsrate von 2012. Die lag 2012 genau bei 2,0 Prozent. Die Inflation hat die Mehrausgaben der Sachsen also komplett aufgefressen. Da war kein Mehr. Für einen Großteil der Sachsen war es sogar ein weniger, den die oben genannten Preisauftriebe trafen die niedrigen Einkommen genauso wie die hohen – nur gibt es für die niedrigen in der Regel keine tariflichen Anpassungen. Und sie liegen auch weit unter dem Wert, den die Statistiker für 2012 als Durchschnittseinkommen ermittelt haben.
Insgesamt wurde 2012 in Sachsen eine Einkommenssumme von 74,1 Milliarden Euro ermittelt. Pro Einwohner würde das 17.940 Euro machen. Wenn das Geld tatsächlich gleichmäßig verteilt würde. Wird es aber bekanntlich nicht. Der größte Teil der Sachsen muss mit weniger über die Runden kommen, ein etwas kleinerer Teil mit teilweise deutlich mehr Geld im Sack. Und der weiß dann oft auch nicht mehr, wohin damit.
Deswegen ist auch die ermittelte Sparquote nur ein fiktiver Wert, der dann realistisch werden würde, wenn auch Zahlen existierten, die zeigen, wer überhaupt – naja – spart. Denn in den 5,7 Milliarden Euro, die die Statistiker dem Sparen zuordnen, stecken auch diverse Aktien und Wertanlagen, Altersvorsorgen, Versicherungen und wohl auch ein paar hübsche wertlose Derivate. Eigentlich müsste die Rubrik heißen: “Geld, das nicht konsumiert wurde”.Konsumiert wurden hingegen 68,4 Milliarden Euro. Und auch das waren nicht nur Konsumausgaben, wie die Statistiker drüber schrieben. Hier stecken auch Mieten drin, Steuern und Abgaben. Wenn man jetzt einfach mal frech ist und annimmt, auf den ganzen Babel wurden 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig, dann hat der Staat fleißig einkassiert. Wahrscheinlich nicht die knapp 13 Milliarden Euro, die man bei so einer Pi-mal-Daumen-Rechnung bekommt, aber auch nicht viel weniger.
Und das wäre nur die Umsatzsteuer auf den Konsum, nicht mal die auf die üblichen Wirtschaftsgüter. Und die Einkommenssteuer steckt auch noch nicht drin.
Aber etwas sagt die so genannte “Sparquote” trotzdem aus. Denn weil es ja per definitionem das Geld ist, das “übrig bleibt”, zeigt der Wert, ob die Sachsen mit ihrem Geld hinkommen und ob sie tatsächlich mehr für den Konsum “übrig” haben. Was ein kleiner Unterschied ist zur Feststellung, sie hätten “mehr konsumiert”.
Und da ist eine Erkenntnis der sächsischen Landesstatistiker sehr erhellend: “2012 wurden im gesamtdeutschen Maßstab 2.154 Euro je Einwohner gespart, 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei überstieg der Pro-Kopf-Sparbetrag in den alten Ländern den in den neuen Ländern (jeweils ohne Berlin) um knapp 900 Euro. In den fünf neuen Ländern ging der Pro-Kopf-Sparbetrag im Vergleich zu 2011 um 0,5 Prozent zurück.”
Was im Klartext heißt: Die Lohnsteigerungen im Westen führten dazu, dass die dortigen Einwohner im Schnitt tatsächlich “mehr Geld” in der Tasche hatten, im Osten hatten sie – flächendeckend – am Ende weniger Geld in der Tasche. In Sachsen hat sich die Sparquote um 0,4 Prozent zwar leicht erhöht. Aber mit 7,7 Prozent lag Sachsen bei der Sparquote trotzdem in der Schlussgruppe. Von Niedriglöhnen kann man einfach nichts sparen.
Die Statistik zur Konsumentwicklung: www.statistik.sachsen.de/download/200_MI_2014/MI-111.pdf
Die (vorläufige) Preisentwicklung im Mai: www.statistik.sachsen.de/download/200_MI_2014/MI-112.pdf
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