Manchmal flattern ja Meldungen in die Redaktion, die lassen einfach nur staunen. "Weniger Verkehr auf deutschen Straßen in 2012" heißt so eine Meldung, am Montag, 19. Mai, versendet von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Dabei war noch nicht einmal die Überschrift das Seltsamste. Die Begründung war noch viel seltsamer.

Eigentlich ging es nur um die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV). Die wird an rund 1.500 Messstellen im Bundesstraßennetz gemessen.

“Die mittleren DTV-Werte aller Kraftfahrzeuge erreichten 47.100 Fahrzeuge pro 24 Stunden auf Autobahnen und 9.440 auf außerörtlichen Bundesstraßen. Beim Schwerverkehr waren es anteilig 7.010 auf Autobahnen und 800 auf außerörtlichen Bundesstraßen”, teilte das BASt mit. “Die Jahresfahrleistung aller Kraftfahrzeuge betrug auf Bundesautobahnen 222 Milliarden Fahrzeugkilometer, auf den außerörtlichen Bundesstraßen waren es rund 110 Milliarden Fahrzeugkilometer.”

Die Erklärung besorgte man sich aus einer anderen Behörde: “Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) nennt in seinem Bericht ‘Marktbeobachtung Güterverkehr – 2012’ mögliche Gründe für den Rückgang des Schwerverkehrs: ‘Ursächlich waren vor allem die schwache konjunkturelle Entwicklung in Europa, die weiterhin unter dem Einfluss der sogenannten Schuldenkrise stand, sowie die wirtschaftliche Eintrübung in verschiedenen Branchen, die sich in rückläufigen Auftragseingängen widerspiegelte.'”

Das kommt dabei heraus, wenn Beamte im Nebel stochern. Sie fangen genauso an zu orakeln wie die Börsenprofis aus den Medien.

Dabei hat das BASt selbst die Zahlen, die erklären, was tatsächlich auf deutschen Straßen passiert. Verkehr ist wie Wasser. Wenn es an einer Stelle kein Durchkommen gibt, weicht es/man aus. Ein Effekt, der auf deutschen Straßen seit Jahren beobachtet wird. Denn nicht nur der Bund hat ja eifrig Autobahnen und Bundesstraßen gebaut – auch die Länder haben eifrig in Verkehrsinfrastruktur investiert. Und die hat seit Einführung der Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen noch einen Vorteil: Man spart sich die Maut.

Das war zum Beispiel auch 2011 schon sichtbar, als das BASt selbst mitteilte: “Danach wächst die Gesamtfahrleistung für das Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr um voraussichtlich ca. +0,8 %. Gegenüber dem Vorjahreswert verändert sich damit die Gesamtfahrleistung von etwa 699 Mrd. Fahrzeugkilometer auf voraussichtlich 705 Mrd. Fahrzeugkilometer.” Der Trend ist auch 2012 und 2013 nicht abgebrochen. Und einen wirtschaftlichen Einbruch, wie er von den BAG-Leuten orakelt wurde, gab es so auch nicht. Denn während die Verkehrsdichte von der BASt direkt an den Bundesstraßen gemessen wird, wird die gefahrene Gesamtkilometerzahl aus dem verfahrenen Sprit errechnet – mehr Sprit verbraucht, heißt ganz logisch: mehr Kilometer gefahren.

Und so lautet die Erklärung für 2012 auch: “Die Jahresfahrleistung von Kraftfahrzeugen auf dem gesamten Straßennetz Deutschlands wird auf Basis einer Kraftstoffverbrauchsrückrechnung für Inländer ermittelt. Die Ermittlung der Gesamtfahrleistung beruht auf vorläufigen Abschätzungen der Intraplan Consult GmbH zu Pkw- und Lkw-Fahrleistungen. Danach steigt die Gesamtfahrleistung für das Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr um voraussichtlich ca. 0,6 %. Gegenüber dem Vorjahreswert verändert sich damit die Gesamtfahrleistung von 719,3 Mrd. Fahrzeugkilometer (Quelle: DIW) auf voraussichtlich 724 Mrd. Fahrzeugkilometer.”

Dabei steigt der Wert auf Bundesautobahnen nur leicht von 222,0 auf 222,9 Milliarden Fahrzeugkilometer (ca. +0,4 %) und der auf Bundesstraßen außerorts sinkt leicht von 109,6 auf 108,4 Milliarden Fahrzeugkilometer (ca. -1,1 %). Was ja im Klartext heißt: Die Fahrleistung sinkt nur auf den vom Bund verwalteten Straßen leicht – die Gesamtverkehrsmenge aber steigt. Sie weicht nur Jahr für Jahr stärker aus auf Landes- und Gemeindestraßen. Dort würde die Fahrleistung, wenn die Schätzung des BASt so eintrifft, 2013 von 387,5 Milliarden Kilometern auf 392,7 Milliarden gestiegen sein.

Die Pressemitteilung des BASt:
www.bast.de/DE/Presse/Downloads/2013-32-langfassung-pressemitteilung.pdf?__blob=publicationFile&v=2

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