Wie will Leipzig eigentlich seine Bäume erhalten, wenn Abwägungen dann doch immer wieder allein im Interesse des Bauherren ausfallen? So wie bei einem Ortsbild prägenden Bergahorn in Lindenau, den der BUND Leipzig zum Inhalt einer Petition gemacht hatte, die dann im Stadtrat im Juni abgelehnt wurde – auch mit Hinweis darauf, dass die Baugenehmigung für die Tiefgarage, der der Bau weichen soll, schon erteilt sei. Ein Effekt, an dem Umweltverbände in Leipzig immer wieder scheitern: Der Igel ist immer schon all hier.

Denn mit der Begründung, dass das Baurecht schon erteilt sei, kann die Stadt auf vollendete Tatsachen verweisen. Der Bauherr hat seine Genehmigung in der Tasche und es werde nicht nachverhandelt, so Baubürgermeister Thomas Dienberg.

Nur hat der BUND Leipzig berechtigte Zweifel, ob der Erhalt des Bergahorns tatsächlich umfassend geprüft worden war oder ob die Untere Naturschutzbehörde (UNB), das Amt für Umweltschutz, nur mal kurz geguckt und dann die Baumbeseitigung abgenickt hat.

Und so wird aus der abgelehnten Petition in der Ratsversammlung im August eine Einwohneranfrage, mit der der BUND herausfinden will, ob die Untere Naturschutzbehörde tatsächlich alle in der Petition aufgeführten Punkte geprüft hat. Denn das wird aus der Stellungnahme der Verwaltung zur Petition nicht deutlich.

„Mit Bedauern nehmen wir die Ablehnung unserer Petition VII-P-10058 für den Erhalt eines ortsbildprägenden Baumes zur Kenntnis“, heißt es jetzt in der „Einwohneranfrage zum Umgang mit Ortsbild prägenden Bäumen im Innenbereich“.

„Für uns und die fast 1.300 Mitzeichner/-innen der Petition ist dieser Bescheid ernüchternd. Der Ihrer Entscheidung zugrunde liegende Verwaltungsstandpunkt VII-P-10058-VSP-01 begründet die Ablehnung mit baurechtlichen Vorgaben und der nötigen Funktionalität der Tiefgarage, welche bei Erhalt des Baumes nicht gewährleistet wäre. Zu den von uns vorgebrachten zahlreichen Argumenten pro Baum bezieht der VSP leider keine Stellung.“

Das lasse Frage offen, von denen der BUND Leipzig nun hofft, dass sie zur August-Ratsversammlung beantwortet werden.

Die Fragen, die sich dem BUND Leipzig stellen

„Im Rahmen der Vor-Ort-Prüfung durch die UNB (Datum fehlt leider im VSP) wurde festgestellt, dass der Baum unter die Regelungen der Leipziger Baumschutzsatzung fällt und kein Biotopbaum ist – so weit, so bekannt. Darüber hinaus wurde aber sicherlich bemerkt, dass dieser Baum durch Größe und Habitus das Erscheinungsbild der Umgebung signifikant prägt. § 34 (1) BauGB sagt dazu aus ‚… das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.‘

Wäre es hinsichtlich der ortsbildprägenden Eigenschaft des Baumes auf der Grundlage des § 34 (1) möglich, vertretbar und zumutbar gewesen, vom Bauherrn eine Planänderung mit Verzicht auf die Tiefgarage zu verlangen? Hätte es für den Nachweis der nötigen Anzahl Stellplätze Alternativen gegeben, bspw. durch Integration im Erdgeschoss des Neubaus, und wurde der Bauherr hierzu beraten? Bitte begründen Sie Ihre Antworten.

Auch für Bauvorhaben im Innenbereich gilt, dass die Fällung eines Baumes nicht alternativlos ist und immer die letzte Maßnahme sein sollte. Selbst wenn der Baum z.B. durch den Bau einer Tiefgarage im Wurzelbereich verletzt und eingekürzt würde, heißt das nicht, dass er zwangsläufig gefällt werden muss. Der Kronenbereich kann an neue Gegebenheiten angepasst werden, zusätzliche Abstützungen oder Absperrungen ggf. zum Erhalt der Verkehrssicherheit sind möglich. Wurden solche Maßnahmen im vorliegenden Fall geprüft? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

Bei innerstädtischen Bauvorhaben ist der Erhalt von Bestandsbäumen technisch nicht immer möglich, in vielen Fällen aber durchaus. Meistens wird trotzdem gefällt, weil dies einfacher und billiger ist. Auf der anderen Seite zahlt die Allgemeinheit hohe Summen für die Anpflanzung und Pflege von Straßenbäumen, um die Stadt klimaresilient zu machen.

Wäre es da nicht sinnvoll, z.B. mit einem ‚Förderprogramm zum Erhalt ortsbildprägender Bäume‘ mögliche Nutzungseinschränkungen durch Zuschüsse an Bauherren zu kompensieren? Gefördert würden große und vitale Bäume langlebiger Arten mit Erhaltungsperspektive. Kriterium für die Ortsbildprägung wäre insbesondere die Sichtbarkeit im öffentlichen Raum. Wurde Vergleichbares schon mal geprüft? Falls ja, mit welchem Ergebnis?“

Da kann man gespannt sein, ob es tatsächlich ausführliche Antworten gibt oder in der Ratsversammlung nachgefragt werden muss.

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