Auf riieesengroßen Froschfüßen schwebte Frau Munkwitz in ihrem anmutigen Kleidchen und einer Riiieesenperlenkette auf den Gang der Etage 3, gefolgt von Jacky Paff, die mit ihrem so feinen Spitzenbadekleidchen an frühere Zeiten erinnert, liebevoll mit Röschen, Schleifen und Herzchen bestückt und verziert … Die beiden Froschfüße begrüßten sich mit liebevollen Sätzen wie: „Guten Tag Herr Nachbar, es ist schön, dass Du da bist; Guten Tag Frau Nachbarin, es ist schön, dass Sie da sind …“

Eine Bewohnerin des Johann-Hinrich-Wichern-Heims, welche die beiden zuerst sah, rief dabei ganz entzückt aus: „Was habt Ihr denn für wunderschöne Kleidchen an, Ihr seht ja sooo schick darin aus!“

Mit Schwung ging es weiter auf der Etage, wo die beiden schon ganz sehnsüchtig erwartet wurden. Die Max und Moritzschuhe tanzten zu: „Sommer, Sonne, Sonnenschein …“ und das Röckchen von Frau Munkwitz drehte sich dabei beschwingt im Takt. Sie wurden abwechselnd zu Aschenputtelschuhen, die ihr ein Herr bereitwillig hinterhertragen wollte. Schließlich entschieden die Bewohner, dass es auch der Froschkönig sein konnte, der nach einer ganz laaangen Prüfung in einen Frosch verwandelt wurde und von der Witwe Bolte noch wach geküsst werden musste.

Zwischenzeitlich tauchten auch wieder einmal Max und Moritz auf und die Witwe Bolte, die sich über diese beiden Banausen sehr ärgerte. Der böse Wolf zog auch noch ein in sein Revier und suchte vergeblich nach Futter. Die Bewohner stellten dabei fest, dass sein Fell ganz, ganz struppig war und unbedingt einmal von einem Frisör, der ja auch im Heim vorbeikommt, geschoren werden müsste. Zudem war ihm durch seine Wut in dem Riesenwolfshunger das Oberfell geplatzt.

Der böse Wolf und Witwe Bolte

Der wütende und „halbböse“ Wolf verschwand dann schon sehr, sehr bald von der Bildfläche und die Witwe Bolte war wieder da, die dem Frosch den schon sooo lang ersehnten und erlösenden Kuss gab. Auf einmal gab es einen Riesenknall und der wunderschöne Prinz trug seine Prinzessin auf seinen Armen davon.

Dabei erträumten sie sich eine Hochzeitsreise nach San Francisco … und summten die Klänge von: „I`m going to San Francisco“ …, sangen erfreut: „Ich war noch niemals in New York“, „Ich hätt` getanzt heut Nacht“, „Hei, heute morgen mach` ich Hochzeit“ und andere Songs, sie tanzten und sangen sie sich weiter in die Herzen der Menschen um sich herum.

Abwechselnd konnte dann jeder irgendeine Melodie mitsingen oder mitsummen. Später fanden sie noch ein Pferd, auf dem sie davongaloppieren konnten und wollten, obwohl er für die Prinzessin dabei gar nicht so einfach war, auf dem Pferd Platz zu nehmen. Der Prinz schaffte es mit seiner gelenkigen sportlichen Art und einem ganz großen Allee-hup und großem Anlauf direkt auf den Rücken des Rosses.

Auf ihrem Weg nach Amerika inspizierten und studierten sie noch eingängig die „Chronik des Jahrhunderts“, die sie in den langen Korridoren eines alten Gemäuers fanden. Dabei verloren sie ihr Pferd durch ihre intensive Recherche ganz aus den Augen. „Da hat das rote Pferd sich einfach umgekehrt und hat mit seinem Schwanz die Fliege abgewehrt …  zu den Klängen und der Melodie von: ‚Es steht ein Pferd auf dem Flur‘ fanden sie es denn schließlich wieder und legten einen langsameren Gang ein. „Die Reise wurde mit einem fröhlichen: ‚Das Wandern ist des Müllers Lust …‘, und ‚Marmor, Stein und Eisen bricht‘ fortgesetzt.“

Leise zieht durch mein Gemüt …

Als sie sich auf ihrer weiten Reise etwas verschnaufen mussten, weil sie schon so weit geritten waren, machten sie an einem kleinen Bächlein Halt. Da kamen ihnen auch die ganz leisen Töne der uralten wundersamen Weisen wie: „Leise zieht durch mein Gemüt“ und „Die Gedanken sind frei“ …in den Sinn. Sie gesellten sich zu anderen Wanderern, die schon einen viieel weiteren Weg hinter sich gebracht hatten, die einfach nur in dem nach Frühling duftendem frischen Gras liegen, sich ausruhen und die Sonnenstrahlen auf ihrer Nasenspitze genießen wollten.

Sie hatten zwar keine Kraft mehr zum Aufstehen oder Mitsingen, lauschten aber den Tönen der Melodie und den auch ihnen vertrauten Klängen aus ihrer Jugend und aus besseren Zeiten. Nur die Vögelchen in den Rosenhecken und Baumwipfeln zwitscherten die Lieder mit.

So ritten dann auch der Prinz und die Prinzessin mit ihrem Pferd in eine andere glückliche Zukunft …

So zum Beispiel endete ein Clownspiel-Märchentag mit den Clowns vom Clowns und Clowns e.V. Leipzig, an dem die Bewohner tief in ihrem Innern berührt wurden. Emotionen mit den Clowns wurden ausgetauscht, es wurde herumgealbert und herumgelacht, sich an gute Zeiten aus der Jugend und Kindheit erinnert. Oder ein altes Liedgedächtnis oder Märchengedächtnis wieder aktiviert: der Clown als Freund, Besucher, liebes, fremdes und doch so nahbares Wesen erkannt und wahrgenommen. Ein Wesen, das früher oder später auch einen Platz im Herzen findet.

Das Faszinierende dabei ist, dass man vor einem Clown direkt keine Angst hat und auch in seiner Nähe plötzlich keine Angst mehr verspürt und sich ein wenig stärker fühlt. Der Clown wirkt manchmal tapsig, manchmal etwas unbeholfen, unentschlossen, manchmal auch etwas fragend oder ängstlich.

Hingegen verbindet man mit dem Clown auch immer die schönen Gefühle, wie Freude, Lachen, Unbeschwertheit, Fröhlichkeit, Leichtigkeit.

Was der Clown alles kann

Er kann den Alltag verzaubern und die so großen Probleme in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Er bringt ein Kinderlachen wieder zurück, egal in welchem Alter. Er sieht die Dinge aus einer völlig anderen Sicht, versteht aber die so menschlichen Wesen mit all ihren Gefühlen wie: Wut, Trauer, Angst, Freude, Übermut und Ausgelassenheit oder Sehnsucht nach den besseren Tagen. Er hat die Gabe, in jeder Situation noch etwas Gutes zu sehen und daraus seine Kraft zu ziehen/schöpfen.

Er lebt den Moment und so ganz bewusst und intensiv wie ein Kind, ohne sich Sorgen um den neuen Tag zu machen. Das vordergründig menschliche Versagen verwandelt er in Nichtigkeiten. Mit Fröhlichkeit meistert er als wahrer „Überlebenskünstler“ jede Situation in seinem Clown-Leben und tanzt und singt sich durch die Schwierigkeiten des Alltags so lange, bis schließlich alles einmal besser ist.

Ein Clown kann ganz leicht und spielerisch die zwischenmenschlichen Barrieren durchbrechen und sich Zugang zu den Menschen verschaffen, egal, ob sie gesund oder krank, alt oder jung, gebrechlich, schwach, oder stark, mutig, oder ängstlich sind. Er kann Hürden einreißen und Mauern, Tabus durchbrechen. Auch durch das große Liedrepertoire werden die Emotionen, Träume, Wünsche angeregt und neue Kräfte wieder mobilisiert.

Das Schwere tritt in den Hintergrund, die „Leichtigkeit des Seins“, das die Kinder noch als Geschenk in ihr Leben mitbekommen haben, kann wieder spürbar gelebt werden. Wenn man ihren Spuren öfter folgen würde, bekäme man vielleicht auch immer wieder einmal einen Hauch von Glück von ihnen ab. Sie machen die Schönheit des Lebens spürbar, egal für wen.

Was sie in den Senioreneinrichtungen an Kraft und Mitgefühl und Trost in dem Moment versprühen, in denen sie dort sind, lässt sich nur schwer in der gesamten Bandbreite in Worte fassen.

Auch wenn umfangreiche Studien den durchaus positiven Effekt auf das ganze „Pflegeheimsetting“ mit seinem Pflegepersonal, den Therapeuten oder der Verwaltung belegen, sogar der Psychopharmaka-Verbrauch langfristig damit gesenkt werden kann, so kann die Besonderheit dieser Clown-Interventionen nur jemand erfassen, wenn/der man selbst einer ist, oder ihn in seiner Arbeit begleiten durfte.

Ich danke den Leipziger Gesundheitsclowns (Clowns und Clowns e.V.), dass ich sie begleiten durfte, für ihre wundervolle einzigartige Arbeit und würde mir wünschen, dass noch andere Pflegeheime von diesem Angebot der Clowns-Besuche Gebrauch machen, so wie das Johann-Hinrich-Wichern Heim in Leipzig.

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