Am Mittwoch, dem 24. Mai, gab es eine Protestaktion vorm Neuen Rathaus. Neben den Mitgliedern der Bürgerinitiativen, die seit Jahren gegen den Fluglärm am Flughafen Leipzig/Halle kämpfen, machten auch die Mitglieder der Grünen-Fraktion, die bisher am Dialogforum Flughafen Leipzig/Halle teilnahmen, ihren Austritt öffentlich. Und auch SPD-Stadtrat Andreas Geisler, dessen Wahlkreis im lärmbelasteten Gebiet liegt, hat die Nase voll vom Reden ohne Ergebnisse.

Er nahm genauso an der kleinen Protestkundgebung am 24. Mai im Vorfeld der nächsten Sitzung des Dialogforums Flughafen Leipzig/Halle am Neuen Rathaus teil. Seinen Unmut über die Sinnlosigkeit des vielen Redens, ohne dass sich die Flughafenverantwortlichen von Staatsregierung bis Flughafen AG überhaupt bemüßigt fühlten, wirklich wirksame Lärmsenkungen in die Wege zu leiten, hat er dann am Donnerstag sehr ausführlich in Worte gefasst.

Hier ist seine Stellungnahme komplett:

Statement von SPD-Stadtrat Andreas Geisler zu seinem Austritt aus dem Dialogforum Flughafen

Nach langen Jahren der Zugehörigkeit und nach mehreren verschiedenen Moderatoren des Dialogforums Flughafen der Stadt Leipzig habe auch ich mich, Andreas Geisler, als Stadtrat der SPD entschlossen, dieses Dialogforum zu verlassen und möchte dies hier begründen:

„Nach einem jahrelangen Monolog, weil es anfangs nicht gelungen war, den Flughafen und seine Nutzer zum Dialog zu bewegen, sind wir verspätet in einen zögerlichen Austausch getreten. Debatten um Geschäftsordnung oder Stimmrechte nahmen oft mehr Platz ein als echte, zielführende Debatten über Möglichkeiten, wirtschaftliche Interessen und Lebensqualität der Menschen im Umfeld besser zu vereinen. Jede Idee der Betroffenen wurde in vielen Jahren immer wieder von langatmigen Vorträgen der Verantwortlichen weggebügelt. Ein wirkliches Interesse, diese Gedanken ernst zu nehmen oder zu prüfen und umzusetzen, war nicht zu erkennen.

Ein totes Pferd weiter zu reiten, wäre genauso sinnvoll wie dieses Dialogforum in dieser Form weiterzuführen. Es sind aus diesem Forum genauso viele tolle Ideen entstanden, das Leben rund um den Flughafen zu verbessern, wie in rund 60 Sitzungen der Fluglärmkommission. Nämlich genau Null!

Die einen Vertreter haben mit den Füßen abgestimmt, indem mehrere Vertreter der Fraktionen oder Ortschaftsräte regelmäßig, so auch gestern ferngeblieben sind. Andere haben gestern klargemacht, dass es so nicht weitergehen kann. Das Dialogforum ist und bleibt ein Feigenblatt für angeblich nachbarschaftliche Bemühungen des Flughafens. Es bewegt nichts, ändert nichts und zu einem Dialog gehören zwei, die reden, zuhören und versuchen zu verstehen. Das war nicht mehr gegeben.

Ich danke den Vertretern der Stadt ausdrücklich, diesen Dialogversuch ermöglicht und begleitet zu haben, aber ich muss konstatieren: Es war nicht der richtige Weg und wenn man das erkennt, ist es besser innezuhalten oder umzukehren.

Sollte den Betreibern des Flughafens und dem Freistaat der Dialog wirklich wichtig sein, sollten sie schnell eine wirkliche Plattform entwickeln und selbst begleiten, die einen wirklichen Ausgleich als Ziel hat. Wenn sie kein Interesse an einer bürgerlichen Beteiligung haben, so wie es schon bei der Vorstellung des Planfeststellungsänderungsplanes war, dann macht eine Beteiligung vor Ort keinen Sinn. So ein Handeln aber verstärkt den Verdruss auf Politik und Verwaltung. Ich möchte nicht Teil dieses Ärgers sein, wenn ich das Gefühl habe, nichts mehr an einem Prozess demokratisch bewegen zu können.

Ein Flughafen, der zusammen mit den Verantwortlichen im Land denkt, er lebe auf einer Insel und habe mit den Problemen rund um Energie, Natur, Wasser, Tierschutz, Gesundheit von Menschen oder Lebensqualität nichts zu tun, passt nicht wirklich in diese Zeit. Der Flughafen sollte sich hier durchaus mal selbst hinterfragen.

Wenn ein wirklich ernstgemeinter Dialog nicht zustande kommt, bleibt nur zu hoffen, dass dieser größenwahnsinnige und aus der Zeit gefallene Ausbau nicht in dieser Größe kommt, denn auch dort hatte der Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossen, einem weiteren Ausbau nur zuzustimmen, wenn die Belastungen für Natur, Tier und Mensch nicht weiter zunehmen. Ich sehe da keine Bemühungen des Flughafens.

Ein herzliches Dankeschön an die Bürgerinitiativen, die über Jahre geduldig versucht haben, die Interessen vieler Bürger im Umfeld auszusprechen und zu verbessern. Ich bin traurig, dass dieser Einsatz nicht mehr Früchte getragen hat.“

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