Man staunte sowieso, als in den letzten Tagen überall die Black-Friday- und Black-Week-Werbung aufploppte. Als wären jetzt alle Sicherungen durchgeknallt und ein vom Wahnsinn besessenes System würde die Konsumenten noch einmal so richtig zum Kauf völlig nutzlosen Krams anfeuern. Motto: Verramschen wir die Welt, solange sie noch da ist. Ein Thema, das „Extinction Rebellion“ aufgriff und in Leipzig am „Schwarzen Freitag“ mit Aktionen untersetzte.

Jedes Jahr bieten zahlreiche Unternehmen zum sogenannten „Black Friday“ große Rabatte für ihre Produkte an. Zu diesem Anlass hat am Freitag, 26. November, die Bewegung „Extinction Rebellion“ in der Leipziger Innenstadt auf die negativen Auswirkungen dieses Tages aufmerksam gemacht.

Sie kritisiert unter anderem die entstehenden Umweltschäden durch die völlig enthemmte „Schnäppchen“-Kultur, sowie die damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen in den Ländern, in denen die Billigarbeitskräfte ausgebeutet werden, damit die Produkte billig in den Wohlstandsländern verkauft werden können.Dafür brachten die Mitstreiter von „Extinction Rebellion“ in der Leipziger Innenstadt verschiedene Plakate an und machten durch eine kreative Aktion Menschen auf die Verfehlungen von Großkonzernen aufmerksam.

„Unsere Kritik richtet sich ganz klar nicht an die einzelnen Menschen, die vielleicht sogar darauf angewiesen sind, Produkte am Black Friday zu einem geringeren Preis zu kaufen! Diese sozialen Ungleichheiten sind Ergebnis des Systems, von dem sehr wenige profitieren“, erklärt die angehende Lehrerin Elli Lehr zu der Aktion.

„Wir wollen mit unseren Aktionen diese Woche auf die weiterhin ungebremste Zerstörung unseres Planeten aufmerksam machen, die maßgeblich von Großkonzernen und Werbeindustrie angeheizt wird. Der Black Friday offenbart dieses Phänomen in aller Deutlichkeit!“

Päckchen-Aktion zum "Black Friday" in der Leipziger Innenstadt. Foto: Extinction Rebellion Leipzig
Päckchen-Aktion zum „Black Friday “in der Leipziger Innenstadt. Foto: Extinction Rebellion Leipzig

Schon Wochen vor dem Black Friday waren die Sozialen Medien, Werbetafeln und das Fernsehen voll mit Werbung für die Black Week. Und ​​​​​​​die Strategie der Unternehmen geht auf: In Deutschland stiegen die Umsätze von 2019 zu 2020 um 27 %.

Bereits am frühen Morgen wurden deshalb von „Extinction Rebellion“ verschiedene Plakate mit Aufschriften wie „Ein schlechter Freitag für unsere Zukunft“ oder „The wrong Amazon is burning“ aufgehängt. Am Nachmittag verteilten als Amazon-Pakete verkleidete Menschen Werbecoupons in der Leipziger Innenstadt. Diese boten zum Beispiel „Kostenfreie Datenspeicherung bei jedem Einkauf“ oder „15 Stunden/Tag für Sie da“.

Die Aufschrift auf ihrem Paket kommentiert Lena wie folgt: „Nicht nur die Umwelt – auch Menschen werden durch Großkonzerne global und lokal massiv ausgebeutet: Die Produkte werden zu Spottpreise angebotenen und häufig in Ländern des Globalen Südens unter gefährlichen und unwürdigen Bedingungen produziert. Dafür bekommen die Arbeiter/-innen dann nicht mehr als einen Hungerlohn. Hier in Deutschland sind die Arbeitsbedingungen weniger prekär, jedoch leiden die Lager- und Lieferarbeiter/-innen großer Konzerne wie Amazon unter Überstunden, Unfällen und ungerechtfertigten Kündigungen. Viele sind zudem über Subunternehmen angestellt, wo der Mindestlohn und die Pausenzeiten oft nicht eingehalten werden.“​​​​​​

Plakat-Aktion an einer LVB-Haltestelle. Foto: Extinction Rebellion Leipzig
Plakat-Aktion an einer LVB-Haltestelle. Foto: Extinction Rebellion Leipzig

Die Aktivist/-innen von „Extinction Rebellion“ Leipzig wollen mit ihrer Aktion auch dazu anregen, das neuerdings zunehmend umweltbewusste Auftreten von Unternehmen kritisch zu hinterfragen. Umweltbewusstsein ist mittlerweile Mode. Das merken auch die Unternehmen und versuchen kontinuierlich ihr Image zu wandeln, ohne dass sich an ihren Produktions- und Verkaufsmethoden irgendetwas ändert.

„Extinction Rebellion“ Leipzig benennt dieses Phänomen als Greenwashing und stellt klar, dass ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum nicht möglich und deshalb die langfristige Bekämpfung der Klimakrise in unserem Wirtschaftssystem ebenfalls nicht realisierbar ist.

Denn das immer wieder beschworene „Wachstum“ ist die wesentliche Ursache dafür, dass die Ressourcen unseres Planeten geplündert werden für einen immer weiter anziehenden Konsum, der gleichzeitig immer mehr Energie verschlingt und riesige Mengen von CO2-Emissionen verursacht. Die Beschwörung des ewigen Wachstums ist der Fehler. Und so fordern die Aktivist/-innen von „Extinction Rebellion“: „System Change, not Climate Change!“.

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