Die Zeiten ändern sich, auch wenn das im Hauptquartier von DHL immer noch nicht wirklich begriffen wurde. Statt am 9. Juli, als CancelLEJ eine Zufahrt zum Flughafen Leipzig/Halle kurzzeitig blockierte, einzulenken und nachzudenken über die enorme Emissionslast, die das Express-Geschäft von DHL verursacht, kriminalisierte man den Protest auch noch. Logisch, dass ein Teil des Klimacamps diesmal auch am Flughafen stattfindet.

Bislang stand eher der Braunkohletagebau der Mibrag im Leipziger Südraum im Mittelpunkt der zurückliegenden Klimacamps. Und im ehemaligen Abbaugebiet wird das Klimacamp auch diesmal seine Zelte aufschlagen.Vom 27. August bis zum 7. September wird es am Störmthaler See stattfinden.
Auch das ein brisanter Punkt, seit ungeplante Wasseraustritte an der Kanuparkschleuse zum Markkleeberger See gezeigt haben, dass man die Folgen des Kohleabbaus nie wirklich ganz beherrschen kann.

Noch weiß man nicht, welche Wasseradern sich da durch den Abraum aus dem Kohlebergbau ihren Weg gebahnt haben und inwieweit das alle Aufbauten auf dem alten Kippengrund gefährdet. Aber die Nutzung des Kanals ist erst einmal auf unabsehbare Zeit unmöglich.

Und das dürfte auch Folgen für alle künftigen Großplanungen an den Tagebauseen haben, die oft von Landkreisen und Kommunen vorangetrieben werden, obwohl sich die Bewohner des Neuseenlandes vor allem naturnahe Erholung an den Seen wünschen.

Das Klimacamp wird diesmal auch nicht so groß wie in den Vorjahren.

„Aufgrund der Pandemie-Situation möchten wir ein sicheres Camp für alle ermöglichen und haben uns deshalb entschieden, die Anzahl der Mehrtagesbesucher/-innen zu beschränken“, teilen die Organisatoren des Klimacamps Leipziger Land mit.

Die verbindliche Anmeldung auf der Website ist ab sofort eröffnet. Tagesbesucher/-innen können sich ab Beginn des Camps auf der Website darüber informieren, ob tagesaktuell noch freie Plätze verfügbar sind.“

Die Veranstalter rechnen in diesem Jahr mit 500 Teilnehmenden. Das Klimacamp Leipziger Land versteht sich als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung, „die das kapitalistische Ausbeutungsmodell, das der Flughafen Leipzig/Halle (LEJ) repräsentiert, nicht mehr länger hinnimmt.“

„Der Konflikt um den Flughafen Leipzig/Halle spitzt sich immer weiter zu. Deshalb solidarisieren wir uns mit dem Aktionsbündnis CancelLEJ sowie mit lokalen Bürger/-inneninitiativen, die sich bereits seit langem gegen den Flughafenausbau stark machen“, erklärt Maja Schmidt, Pressesprecherin des Klimacamps Leipziger Land.

Und sie fügt hinzu: „Der Flughafen Leipzig/Halle ist nicht mobilitätsgerecht, weil er im deutschlandweiten Vergleich ein zentraler Punkt für Abschiebungen ist. Wir wollen Bleiberecht für alle statt Abschiebungen. Wir fordern ein Ende rassistischer Grenzpolitiken, in denen die Staatsangehörigkeit entscheidet, welches Leben wertvoll ist.“

Schon jetzt verursacht der stetige Fluglärm gesundheitliche Schäden bei den Anwohner/-innen – diese würden sich durch den geplanten Ausbau des Flughafens noch erheblich steigern.

„Wir fordern, dass Mobilität von einzelnen nicht auf Kosten der Gesundheit anderer gehen darf“, betont Maja Schmidt.

„Der zweitgrößte deutsche Frachtflughafen Leipzig/Halle schadet dem Klima schon jetzt massiv mit zwei Millionen Tonnen CO2-Ausstoß jährlich. Gerade mit Blick auf die aktuell immer sichtbarer werdenden Auswirkungen des Klimawandels finden wir es umso erschreckender, dass der Ausbau des Flughafens überhaupt zur Debatte steht. Wir sehen den Rückbau als einzigen Weg, einer weiteren Verschärfung des Klimawandels entgegenzutreten“.

Gegen die Ausbaupläne haben sich praktische alle Kommunen rund um den Flughafen gewandt. Sie kritisieren vor allem das Fehlen fast aller wichtigen Untersuchungen zur Umwelt- und Lärmbelastung, die mit dem Ausbau des Frachtflugbetriebs einhergehen.

„Mit unserem Camp wollen wir uns für Mobilitätsgerechtigkeit starkmachen. Mobilitätsgerechtigkeit ist ein globales Thema, das wir hier vor Ort am Flughafen Leipzig/Halle konkret angehen können“, betont Maja Schmidt.

Im umfangreichen Bildungsangebot des Camps finden sich diese Themen dann auch wieder: So wird es etwa Workshops zu Flug-Ungerechtigkeit oder auch zur EU-Abschottungspolitik geben. Im Rahmen zweier Podiumsdiskussionen werden besonders die Mobilitätswende (30.08.21, 19:30) und unsere Kritik an Abschiebungen (01.09.21, 19:30) im Fokus stehen. Ergänzt wird der theoretische Austausch durch eine Vielzahl von praktischen Workshops, in denen alternative Handlungsansätze konkret erfahrbar werden.

„Wir sind wirklich stolz, ein so vielfältiges und spannendes Programm auf die Beine gestellt zu haben“, betont Maja Schmidt. „Am Wochenende des 4./5. September wollen wir mit der Energie des Camps schließlich unsere Forderungen nach dem Rückbau des Flughafens und dem Ende von Abschiebungen in kreativem Protest auf die Straßen Leipzigs und an den Flughafen tragen.“

Das Klimacamp Leipziger Land ist Teil einer wachsenden globalen Bewegung für Klimagerechtigkeit. Es ist auch ein basisdemokratisch organisierter Prozess, an dem sich Menschen aus vielfältigen Kontexten beteiligen. Es wird in Zusammenarbeit mit Aktiven aus der Region organisiert, die sich für Klimaschutz, Mobilitätsgerechtigkeit und Menschen auf der Flucht einsetzen.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar