Die aktuelle COVID-19-Pandemie und der Brexit haben kürzlich wieder deutlich gemacht, wie abhängig unsere Wirtschaft und im speziellen auch unsere Lebensmittelversorgung von globalen Lieferketten ist. Kurzfristige Lieferengpässe führen sofort zu leeren Regalen. Gemeinschaften, die sich wieder lokal versorgen, sind resilienter gegen globale Krisen. Projekte dazu gibt es auch im Leipziger Raum. Eines kommt heute in der Online-Abschlussveranstaltung zu Wort.

Deutschland bezieht z. B. 60 Prozent des Obstes und Gemüses aus dem Ausland. Das Paradoxe daran ist, dass es sich dabei meist um Produkte handelt, die man auch in Deutschland anbauen könnte. Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung im brandenburgischen Müncheberg konnte kürzlich zeigen, dass sich z. B. Berlin vollständig aus dem Umland ernähren könnte. Eine Loslösung von überregionalen Lieferketten sichert nicht nur die lokale Versorgung, sondern hat auch positive wirtschaftliche und ökologische Effekte.

Als Gegenentwurf zur Globalisierung setzt sich die internationale NGO Local Futures nun bereits seit vier Jahrzehnten für eine Verbesserung von globalen ökologischen und sozialen Standards durch eine Förderung der Regionalisierung und einer lokalen Wertschöpfung ein.

Vom 15. Mai bis zum 20. Juni veranstaltete LocalFutures den zweiten „WORLD LOCALIZATION DAY“ mit einer Vielzahl von Veranstaltungen auf sechs Kontinenten in mehr als 20 Ländern. Dass das Thema nun mittlerweile auch im föderalen Deutschland angekommen ist, zeigt u. a. die kürzlich ausgerufene Bio-Regio-Modellregion-Inititiative des sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft.

„Wir wollen Regionalität strategisch aus der Nische hin zur Systemrelevanz bringen“, sagte etwa Umweltminister Wolfram Günther.

Eine Gärtnerei erwacht zu neuem Leben

Der Verein UferLeben-Störmthler See e. V. freut sich, in diesem Jahr ein Teil der internationalen Regionalisierungs-Bewegung sein zu dürfen. Am 4. Juni richteten wir in Kooperation mit Food Coach Yvonne Hilla unter der Überschrift „The Secret Garden: Diversity at the gates of the city“ eine Veranstaltung im Rahmen des „WORLD LOCALIZATION DAY“  in einer traditionsreichen Gärtnerei, in Belgershain bei Leipzig aus.

Diese befindet sich seit mehr als einer Dekade in einem „Dornröschenschlaf“ und am 4. Juni wurde der erste Samen für die Wiederbelebung der Gärtnerei gesteckt.

Im Rahmen der Veranstaltung kam es zu einem ersten Treffen zwischen acht Studenten und zwei Dozenten des Fachbereichs für Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel/Witzenhausen, Vertretern des Ernährungsrat Leipzig, Vertretern von UferLeben, Architekten, Gemüsegärtnern, Vertretern des Landschaftspflegeverbandes, lokalen Gastronomen, Tourismusvertretern, lokaler Politik und den alten und neuen Besitzern der Gärtnerei.

In enger Zusammenarbeit mit den oben genannten Akteuren erfolgt nun bis März 2022 die gemeinsame Erstellung eines zeitgemäßen und ganzheitlichen Betriebskonzeptes für die Gärtnerei.

Entnahme von Bodenproben in der alten Gärtnerei. Foto: Werrner Hegelmeier
Entnahme von Bodenproben in der alten Gärtnerei. Foto: Werner Hegelmeier

Nach einer ersten gemeinsamen Sichtung der Gärtnerei und der Entnahme von Bodenproben begann in der Mittagszeit ein sehr kommunikatives, zielführendes und delikates gemeinsames Essen. Die Zutaten für das Menü erwarben wir im Vorfeld im Rahmen einer kleinen Produzenten-Safari mit Destinationen in Leipzig, im Landkreis Leipzig und Nordsachsen und somit im Wirkungsbereich des Ernährungsrates Leipzig.

Wir möchten durch positive Wechselwirkungen zwischen ökologischem Landbau, Kulinarik, Kultur, Naturtourismus, Landschaftspflege und Umweltschutz den ländlichen Raum aufwerten und die regionale Versorgung stärken. Die Sanierung des Objektes wird in den nächsten Monaten beginnen.

Abschlussveranstaltung online

Am heutigen Sonntag, 20. Juni, zwischen 13:30 und 15:00 Uhr findet die Abschlussveranstaltung des zweiten „WORLD LOCALIZATION DAY“ in Form einer von der Local Futures Gründerin Hellena Norber-Hodge, geführten internationalen online Diskussionsrunde unter der Überschrift „Co-creating a Movement for the World We Want“ statt. Unser Verein UferLeben ist in der Diskussionsrunde durch Dr. Stephan Schürer vertreten.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar