VideoNach dem Abbruch der Verhandlungen am gestrigen 8. Dezember zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Deutschen Bahn (DB AG) steht nun ab Montag, 10.12., zwischen 5 und 9 Uhr ein erster Warnstreik ins Haus. Nach anfänglichen Meldungen, dieser bliebe wohl auf Nordrhein-Westfalen begrenzt, sind nun deutschlandweite Beeinträchtigungen zu erwarten, denn die EVG hat ihre Mitglieder nun zum deutschlandweiten Ausstand aufgerufen. Kunden der Bahn müssen morgen mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen, auch in Leipzig und Sachsen. Man sollte das Infoportal der DB nutzen.
Einmal, weil es in der Natur der Sache liegt, dass ein in Köln, Dortmund oder Düsseldorf nicht startender ICE auch in Leipzig nicht ankommen kann. Zudem mehrten sich am heutigen Abend Medien-Meldungen zur Streikbereitschaft unter dem Zugpersonal auch in Bayern. Im Weiteren, weil die Gewerkschaft EVG zum deutschlandweiten Warnstreik aufgerufen hat, aber keine wirklichen Schwerpunkte benannte (L-IZ.de hat bereits bei der EVG-Vertretung in Leipzig nachgefragt, eine Antwort steht noch aus).
Und so “muss mit erheblichen Beeinträchtigungen des Zugverkehrs im gesamten Bundesgebiet gerechnet werden”, so die EVG heute Abend. „Wir sind allein unseren Mitgliedern verpflichtet und vertreten ausschließlich deren Interessen“, machte Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal in einem Statement zum Ausstand heute deutlich (siehe Video).
„Es sind unsere Kolleginnen und Kollegen, die rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr, versuchen, den Personen- und Güterverkehr in Deutschland zu gewährleisten. Und dies trotz permanentem Personalmangel, vielen Überstunden, einer reparaturbedürften Infrastruktur und zum Teil eingeschränktem Wagenmaterial“, erklärte er.
Für gewöhnlich verschieben sich auch nach Warnstreiks weitere Zugfahrten im Laufe des Tages, da es auch nach dem Ende der Streikmaßnahmen eine Weile dauert, bis sich die Taktungen wieder normalisieren.
Infos bei der Bahn
Derzeit reagierte die Deutsche Bahn mit einem Ausbau der Informationsmöglichkeiten. So heißt es am heutigen Abend, 20:30 Uhr: „Weiterhin keine Informationen zu betroffenen Bereichen und Regionen. Nach dem Statement der EVG ist klar: Auch weiterhin gibt es keine Informationen zu schwerpunktmäßig betroffenen Bereichen oder Regionen. Die Auswirkungen lassen sich nach derzeitigem Stand daher auch im Verlauf der Nacht nicht genauer abschätzen oder eingrenzen.“
DB-Konzernsprecher Achim Stauß äußerte in einem Audio-Statement zur Haltung der DB AG Unverständnis für den Streik und betonte ein “attraktives Angebot” von Arbeitgeberseite.
Betroffene Fahrgäste können sich ab sofort unter 08000 99 66 33 kostenlos informieren, aktuelle Informationen finden Kunden der DB auch auf bahn.de/aktuell
Reisende, welche die Möglichkeiten haben, sollen laut DB die Reise auf Dienstag, den 11.12.2018 verschieben. “Alle Fernverkehrstickets für Fahrten am Montag, 10. Dezember, können auch am Dienstag, 11. Dezember, zur Fahrt genutzt werden”, so die Bahn auf ihrer Internetseite.
Weiter heißt es. „Für Reisende mit Flexpreis- und Sparpreistickets mit Gültigkeit am Montag wird die Tages- und Zugbindung aufgehoben und die Tickets können auch am Dienstag flexibel genutzt werden. Reisende, die von Ihrer Reise zurücktreten möchten, finden das entsprechende Erstattungsformular für online gebuchte Fahrkarten.“
EVG-Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal zur Warnstreikentscheidung. Quelle: EVG
Die Gründe des Ausstandes aus Sicht der EVG
„Der Arbeitgeber hat uns nur Angebote vorgelegt, die nicht den Forderungen unserer Mitglieder entsprachen“, machte EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba deutlich. „Wir haben bis in den Samstagmorgen um 5:38 Uhr verhandelt und mehrfach unsere Bereitschaft erklärt, bei einem entsprechenden Angebot einen Abschluss am Verhandlungstisch erzielen zu wollen; wir haben uns mehrfach bewegt, am Ende fehlte aus unserer Sicht 1 Prozent mehr angesichts der vom Arbeitgeber angebotenen längeren Laufzeit“, so die EVG-Verhandlungsführerin. „Dass die DB AG nicht noch mal nachgebessert hat, sondern lieber Warnstreiks in Kauf nimmt, ist für uns unverständlich“, machte Regina Rusch-Ziemba deutlich.
„Wir haben mehrfach deutlich gemacht, dass es in der vierten Verhandlungsrunde zu einer Entscheidung kommen muss. Insofern waren wir überrascht, dass sich der Arbeitgeber jetzt vertagen und erst am nächsten Dienstag weiterverhandeln wollte. Das kam für uns nicht in Frage“, so die EVG-Verhandlungsführerin.
Der Kern der Auseinandersetzung für die Löhne der DB-Angestellten aus Sicht der EVG: „Zum 1. März 2019 wollte die DB AG nur 2,5 Prozent statt der von uns geforderten 3,5 Prozent mehr bezahlen, zudem sei die Laufzeit von 24 auf 29 Monate verlängert worden, das ist für uns kein abschlussfähiges Angebot. Die Laufzeit ist zu lang, die Prozente sind daran gemesssen zu niedrig“, stellte Regina Rusch-Ziemba fest.
Update 22:30 Uhr: Unsicherheit bei ersten Regionalstrecken in Mitteldeutschland
Die Deutsche Bahn weist auf einige Umstände zum anstehenden Streikgeschehen hin, welche für sie und die Reisenden die Lage ab Montag 5 Uhr bis um 9 auch im Nahverkehr Mitteldeutschlands so unabschätzbar machen. So sei die Gewerkschaft „EVG ist – anders als die GDL, in der schwerpunktmäßig Lokführer und Zugbegleitpersonal organisiert sind – in sehr vielen Berufsgruppen im Konzern vertreten. So können zum Beispiel Fahrdienstleiter oder Mitarbeiter in den Werken von der EVG zum Streik aufgerufen werden.“
Durch Streikgeschehen, etwa in Leitstellen oder im Kundenservice, könnten es auch auf Strecken von Unternehmen wie beispielsweise Abellio oder Transdev (ua. Mitteldeutsche Regiobahn) Ausfälle und Verspätungen geben (die Streckenkarte mit den Verbindungen zwischen Leipzig, Chemnitz, Döbeln, Dresden und Zwickau, PDF, Quelle MRB).
So teilt auch Abellio Mitteldeutschland, welche unter anderem Strecken zwischen Halle, Jena, Erfurt, Leipzig und Saalfeld bis nach Kassel betreibt, heute Abend mit: „Auch wenn es sich um einen Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der EVG handelt, kann unter Umständen auch der Verkehr bei Abellio Rail Mitteldeutschland beeinträchtigt werden, sofern Stellwerke und Fahrdienstleitungen bei DB Netz bestreikt werden. Leider können wir momentan noch keine näheren Infos geben.“
Ein Befund, der aktuell auch für alle anderen Regionalanbieter gelten dürfte. Am Sonntagnachmittag formulierte übrigens GDL-Chef Claus Weselsky Kritik am Streik der Konkurrenzgewerkschaft und versprach via Tagesspiegel, dass es auch bei einem negativem Ergebnis für die Zugführergewerkschaft in dieser Woche zu keinen Streiks vor Weihnachten kommen würde.
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