Es wäre ein Wunder gewesen, wenn es nicht zur Sprache gekommen wäre. Am Mittwoch, 29. August, hatten Stadt und Veranstalter eingeladen zur Vorstellung der Pläne für das Lichtfest 2018. Und alles drumherum. Da vergisst man zumeist, dass rund um den 9. Oktober in Leipzig stets ein ganzes Bündel eindrucksvoller Veranstaltungen stattfindet, die sich mit dem Erbe der Friedlichen Revolution beschäftigen. Aber wie ist das nun mit der Initiativgruppe?
Seit Monaten stand die Initiative „Tag der friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“ im Kreuzfeuer, hatte sie die Kritik von Uwe Schwabe zu verdauen, der die Gruppe schon 2017 verlassen hatte, weil er die Eventisierung des Lichtfestes nicht mittragen wollte. Ein Gefühl, mit dem er ja nicht allein stand. Selbst Burkhard Jung gesteht mittlerweile zu, dass er mit einigen Lichtfesten und ihren Inszenierungen seine Bauchschmerzen hatte.
Manchmal braucht es Paukenschläge, um Dinge wieder in Bewegung zu bringen. Auch in Leipzig.
Und manchmal braucht es – wie bei Uwe Schwabe – ein ungutes Bauchgefühl, um das dann auch deutlich zu benennen. Den Ruf, dass man Uwe Schwabe gern wieder zurückhaben wollte in der Initiativgruppe, habe man ernst gemeint, erklärte Michael Koelsch, der aktuelle Sprecher der Gruppe, am Mittwochmittag beim Termin im Opernhaus.
Aber manchmal reicht auch der Aufschrei eines einzelnen Bürgerrechtlers nicht – und Uwe Schwabe gehört ja nun zu den Urgesteinen derer, die sich vor 1989 schon engagierten und danach bis heute. Und der dann auch 2001 dabei war, als sich Leipziger Bürgerrechtler und Kulturinitiativen zu dieser Initiativgruppe zusammentaten, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Friedliche Revolution von 1989 in Leipzig lebendig zu erhalten.
Wo, wenn nicht hier?
Und es ist ihnen auch geglückt. Erst recht ab 2008, als mit dem Lichtfest auch eine Form gefunden wurde, das Anliegen am Abend jedes 9. Oktober auch auf den Platz zu tragen – erst den Nikolaikirchhof, der genauso ein Originalschauplatz der Demonstrationen von 1989 war wie der Augustusplatz (damals: Karl-Marx-Platz), wo das Lichtfest heute mit großer Bühne und immer neuen künstlerischen Inszenierungen passiert. Manchmal begeisternd, zuletzt aber ein paar Mal zu oft im Talkshowstil. Das schreckte nicht nur Uwe Schwabe ab.
Das kam auch emotional nicht mehr rüber. Das Anliegen des Festes drohte tatsächlich zu verwässern, unterzugehen in der glatten Professionalität von Fernsehmachern.
Aber es brauchte dann tatsächlich noch den gemeinsamen Antrag der Ratsfraktionen von Grünen, Freibeutern, CDU und SPD im Juli, damit der Ernst der Lage auch von OBM und Initiativgruppe verstanden wurde. Denn der Antrag zielte eindeutig darauf, die Initiativgruppe auszubooten und an ihre Stelle entweder ein Kuratorium oder einen Beirat zu setzen, die vor allem den Einfluss des Stadtrates sichern sollten.
Noch 2017 hatte die Initiativgruppe das Begehren der CDU-Fraktion abgelehnt, in der Gruppe vertreten zu sein. Und man versteht Michael Koelsch, wie wichtig diesen freiwillig Zusammengekommenen die Unabhängigkeit von der Politik war. Es hatte schon mit dem wichtigen Beharren auf Freiheit zu tun.
Aber der Antrag der vier Ratsfraktionen machte eben auch deutlich, dass die gewählten Stadträte selbst in Verantwortung gehen wollen, auch weil es der Stadtrat ist, der alljährlich die Gelder für die Feierlichkeiten zur Friedlichen Revolution bereitstellt.
Auch dieses Anliegen sei nur zu verständlich, betonte am Mittwoch Oberbürgermeister Burkhard Jung, der mittlerweile mit allen vier Fraktionsspitzen gesprochen habe und dabei vor allem eine Botschaft mitnahm: Eigentlich ist das Ansinnen keineswegs, die Initiativgruppe mit ihrer über Jahre engagierten Arbeit einfach auszubooten. Jetzt, so Jung, käme es einfach darauf an, einen gemeinsamen Weg zu finden, beide Anliegen unter einen Hut zu bringen.
Denn den Ernst der Lage habe man auch in der Initiativgruppe erkannt, sagt Koelsch. Man habe mittlerweile einhellig beschlossen, sich nicht mehr gegen eine Aufnahme von Stadtratsvertretern zu sperren. Wobei noch nicht entschieden sei, in welcher Form das am besten zu bewerkstelligen sei – etwa in der Form eines Kuratoriums, in das auch die Initiativgruppe ihre Vertreter entsende, oder in einer Aufnahme der entsandten Stadträte in die Initiativgruppe.
„Wir sind dafür jetzt offen“, sagt Michael Koelsch.
Burkhard Jung will jetzt versuchen, noch vor der Stadtratssitzung am 19. September mit den beteiligten Fraktionen zu einer für beide Seiten akzeptablen Form zu finden. Denn der Antrag der vier Fraktionen steht am 19. eigentlich zum Beschluss an.
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