Am Samstag, 23. Juni, fand das erste öffentliche Forum zur Fortschreibung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes Leipziger Neuseenland (WTNK) im Finanzamt Leipzig II statt. Insgesamt folgten etwa 50 Bürgerinnen und Bürger aus Leipzig und den beiden Landkreisen der Einladung. Die Zweifel, ob das WTNK jetzt wirklich korrigiert wird, waren groß. Und sie sind nicht weniger geworden.

Auch wenn der Grüne Ring sich über rege Beteiligung an den acht interaktiven Infoständen und in mehreren moderierten Gesprächsrunden freut.

Rüdiger Dittmar, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Gewässer, hatte die Teilnehmer begrüßt. Anschließend gab Abteilungsleiterin Angela Zábojník einen Einblick in das historische Gewässersystem und die heutige Entwicklung dieser Gewässerlandschaft. Weiterhin stellte sie das aktuelle WTNK von 2005/07, die Monitoring-Ergebnisse und die Ziele der Fortschreibung vor. Die Gäste der moderierten Veranstaltung kamen aus verschiedensten Bereichen, unter anderem aus Wirtschaft, Naturschutz, Sport, Bootstourismus oder einfach aus Interesse am Thema.

Die Bilanz, die der Grüne Ring nach diesem ersten Forum zieht:

„An den interaktiven Informationsständen taten sich bereits erste Ideen und Diskussionspunkte auf. Viele Projektideen wurden geäußert und deren Realisierungswahrscheinlichkeit hinterfragt, worauf es im gegenwärtigen Projektbearbeitungsstand allerdings noch keine Antwort geben kann. Gleichzeitig wurden Optimierungsoptionen benannt, so zum Beispiel zu den vorhandenen gastronomischen Angeboten, wassertouristisch nutzbaren Steganlagen und Umtrage-Einrichtungen. Im anschließenden World Café entspannen sich an sieben Tischen sehr konstruktive Diskussionen zu den Chancen und Herausforderungen des Konzeptes.“

Und da wurde schon deutlicher, wohin die Reise wohl geht.

Es fehlt die simple Datengrundlage, was das alte WTNK eigentlich gebracht hat. Und so fehlt die belastbare Basis.

Und trotzdem versucht man jetzt das alte WTNK, das im Grunde ja wirklich nur ein Arbeitskonzept des Grünen Ringes ist und kein wirklch belastbarer Gesamtplan, irgendwie fortzuschreiben. Mit Fragen wie: „Welche Chancen hat das WTNK für Leipzig und das Umland?“ und: „Was muss bei der Fortschreibung des WTNK bedacht werden, damit es für Leipzig und das Neuseenland langfristig erfolgreich wird?“

„Bei den Antworten waren sich die Diskutanten in vielen Punkten einig“, schätzt der Grüne Ring ein. „Die meisten Teilnehmer sprachen sich für ein weiterführendes Kommunikationskonzept aus. Sie wünschen sich eine proaktive Kommunikation auch noch nach Beendigung der Fortschreibung des WTNK. Weiterhin gelten serviceorientierte Kontrollen der Nutzung der Wasserwege als wichtige Forderung. Der Einsatz von Rangern als Dolmetscher und Mediator zwischen Mensch und Natur wurde angeregt. Große Bedeutung hat die Verantwortung für die nachfolgenden Generationen im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Nutzung der Landschaft.“

Wenn man aber diese „Verantwortung für die nachfolgenden Generationen“ wirklich ernst nimmt, kommt man ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das gesamte WTNK nicht aus. Dann braucht es für jeden einzelnen Teil eine fundierte Folgenabschätzung. Die gibt es aber bis heute nicht.

Entsprechend kleinteilig war dann das, was der Grüne Ring aus dem Samstagforum mitnahm als „detailreiche Anregungen zum Ausbau der wassertouristischen und langzeitigen Infrastruktur und deren Nutzung“.

So werden genannt: „die Beschränkung auf rein alternative Antriebsformen, barrierefreie Zugänge für Kanuten, die Prüfung einer Landemöglichkeit für Leichtflugzeuge mit E-Antrieb auf einem Gewässer oder die dringende Notwendigkeit eines Konzeptes für die Wasserrettung an den Seen.“

War es das wirklich?

Dann darf man schon mal heftige juristische Gefechte erwarten. Denn wer die alten Fehler nicht korrigiert und umsteuert, gerät mit den simpelsten Naturschutzgesetzen in Konflikt. Und das alte WTNK steckt voller solcher Konflikte. Man hat es an der „Störstellenbeseitigung in der Pleiße“ erlebt und bei der Nichtgenehmigungsfähigkeit für die „Markkleeberger Wasserschlange“. Bis heute ungeklärt ist die Genehmigung von gewerblichem Bootsbetrieb im Auenwald.

„Wir sind mit dem Forum sehr zufrieden und dankbar für die vielen Anregungen, Hinweise und Informationen, die an uns herangetragen wurden. Die heutige Veranstaltung mit ihren wirklich konstruktiven Diskussionen war ein wichtiger Schritt für die Fortschreibung des WTNK“, lässt sich Angela Zábojník zitieren.

Wie kann man seine Anregungen jetzt noch einbringen?

Das Forum war der Auftakt für eine Online-Anhörung der Bürgerinnen und Bürger, die bis zum 10. August 2018 andauern soll. Wer an der Veranstaltung nicht teilnehmen konnte, sei eingeladen, sich die Pläne unter https://gruenerring-leipzig.de/fortschreibung-des-wassertouristischen-nutzungskonzeptes-leipziger-neuseenland-wtnk/ anzuschauen und seine Hinweise abzugeben.

Noch immer weiß kein Mensch, wie viel gewerblichen Bootsverkehr der Floßgraben verträgt

Noch immer weiß kein Mensch, wie viel gewerblichen Bootsverkehr der Floßgraben verträgt

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Die Zahl von 50 TeilnehmerInnen ist äußerst wohlwollend geschätzt, erst recht vor dem Hintergrund, dass mind. 25 der Anwesenden in irgendeiner Form zu den Akteuren des WTNK gehörten. Als Vertreter der Naturschutzverbände meldete sich nur 1 Person, andere Leipziger Vereine waren wohl etwas mehr vertreten (Wasserstadt Leipzig, Neue Ufer), ansonsten Verwaltung, Grüner Ring, MA des Moderatorenteams. Selbst die Gäste konstatierten, dass die Einladung anscheinend wenig Resonanz gefunden habe, das Interesse dann wohl leider entsprechend gering sei.

Wichtige Aussagen von Frau Zabojnik: die Leipziger Gewässer hätten Güteklasse II (in der L-IZ las ich von 4 bis 5?), dem Eisvogel und den Gewässern gehe also gut, der Wassertourimus wirke sich gar nicht auf die Natur aus. Und später auf eine Anfrage zu einer ev. Obergrenze für die Boote: eine begrenzende Regelung sei hier gar nicht nötig, sowas reguliere sich ganz von selbst: sie habe ja auch keine Lust, zu Himmelfahrt zwischen lauter Männern durch den Floßgraben zu paddeln, so schlau wären dann auch bald die anderen.

Es war von seiten der VeranstaterInnen mehrfach von durchzuführender naturschutzfachlicher Prüfung und Beteiligung die Rede; das Bürgerforum (insges. zweimal durchgeführt, einmal war am Samstag mit wie gesagt ca. 20 BürgerInnen) und der Runde Tisch (mit 20 TeilnehmerInnen, je 2 repräsentativ für verschiedene Interessengruppen, 5 Veranstaltungen, eine davon fand schon statt) würden mit ihren Hinweisen und Vorschlägen der Behörde zuarbeiten, die dann darüber entscheide, in welcher Form welches Projekt auf seine Unweltverträglichkeit zu prüfen sein. Der Vorschlag einer TeilnehmerInnengruppe aus der Schlussrunde, das WTNK endlich einmal in seinen Auswirkungen als Ganzes zu untersuchen, damit man wisse, woran man sei, wird sicher keinen Eingang in das Fortschreibungspapier finden.

Das soll ja mit der in der Veranstaltung ganz augenscheinlich präferierten Salamitaktik gerade verhindert werden. Um ein geradezu atemberaubend unverfrorenes Beispiel zu nennen: die Tafel mit den Projektplanungen für die untere Weiße Elster. Dort sind auf einer Strecke, die bis auf ein kleines Zeitfenster die komplette Bootssaison für Boote nur mit Einzelgenehmigung befahrbar ist, tatsächlich 12 (!) einzelne Projekte geplant. Systematische Verschwendung von Steuergeld (wenn die Sperrung aus Naturschutzgründen aufrechterhalten bliebe) oder systematische Unterwanderung des Umweltschutzes (wenn, wie so oft, ja “schon so viel investiert wurde, dass man jetzt nicht einfach aufhören kann”), weil, und das steht im WTNK selbst, das Ganze nur als Ganzes funktionieren kann (wenn überhaupt).

Die Bewertung der vorgestellten Monitorings (: alles ist gut), hinkt gewaltig: bei vergleichenden Untersuchungen ist immer der Referenzzustand entscheidend, der Ausgangswert also, mit dem die jeweils aktuell erhobenen Daten verglichen werden. Wenn der heutige Zustand der Gewässer bewertet wird, indem er mit dem Zustand von vor 1989 verglichen wird, dann ist er jetzt geradezu traumhaft. Wenn der jetzige Zustand des Floßgraben verglichen würde mit dessen Zustand, als der Schlamm schon ausgebaggert war und der Bootsverkehr noch gegen Null ging und derFloßgraben sich in Ruhe ökolgisch entwickeln konnte, dann hat sich bereits jetzt die Wasserqualität dramatisch verschlechtert – sagte ein Teilnehmer, der seit Jahrzehnten regelmäßig durch den Floßgraben paddelt.

Pfandflaschen für 56,- € hätte gerade eine einzige Sammelaktion erbracht – vom Restmüll ganz zu schweigen….

Alles bestens also. Was sonst!

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