Am 28. Mai veröffentlichte die L-IZ den Leserbeitrag „Raus aus den traditionellen Parteien“. Aber ein wenig Nachdenken führt zum gegenteiligen Denk-Ergebnis: Der Vorschlag braucht eine notwendige Fundamental-Korrektur!

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“ – wie zu Zeiten von Heinrich Heine geht es heute vielen Menschen, wenn sie an die deutsche Zukunft denken. Auf der Suche nach wehrhaften Lösungen gegen das gegenwärtig verkrustete, vom Karrierismus dominierte Parteiensystem hatte ich in meinem o. g. Beitrag analysiert, dass die Parteien zu Gewerkschaften der Politiker und Parlamentarier verkommen sind und gegen sie kein innerparteiliches „Ankommen von unten“ mehr möglich ist.

Die Schlussfolgerung der Austrocknung dieser Parteien durch Austritte ist zwar eine logische Konsequenz der Analyse, setzt aber unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen eine notwendige Reihenfolge voraus, die nicht realisierbar ist. Wenn nämlich AfD und NPD nicht als erste Parteien durch Austritte ausgetrocknet werden können, dann bringt diese „Austrocknungsmethode“ die Demokratie an den Rand des Ruins. Die extrem populistischen Parteien warten nur auf eine Chance, das Volk durch hohle Versprechungen zu ködern, zu verführen und auf der Basis eines schnell installierten Privilegiensystems in kurzer Zeit einen stabilen diktatorischen Machtapparat aufzubauen. Die ehemaligen Diktatoren AH und EH sind zwar tot, aber das im vergangenen Jahrhundert doppelt verführte deutsche Volk ist quasi unverändert (noch da).

Deshalb ist es heute dringend geboten, die allgemeine politische Bildung auf ein Mindestniveau (bezüglich gesellschaftspolitischer Fakten und politischer Erkenntnisfähigkeiten) zu entwickeln. Wir müssen unsere Sinne für Freiheit und Demokratie im Spiegel der Diktatur schärfen – nicht durch Vorwürfe, vielmehr durch Aufarbeitung der Vergangenheit und wiederholende Ermahnung.

Wenn ein Austrocknungsprozess der verkrusteten Parteien zu gefährlich ist und dies ohnehin bei Parteien mit Gewerkschaftscharakter kaum funktionieren kann, dann ist dem Volk und dem Land nur noch durch eine demokratische Übernahme dieser Parteien zu helfen.

Wenn wir die gegenwärtigen Politikergewerkschaften (CDU, SPD, FDP usw.) wieder in Parteien zurückführen wollen, dann wird das nur durch Massenbeitritte möglich sein. Insbesondere die junge Generation – um deren Zukunft geht es – sollte verstärkt in diese Parteien eintreten, dann sind Merkel, Schulz, Lindner und Kubicki auf den Parteitagen nicht mehr mit ihren Parlamentariern, Adjutanten und Partizipanten allein in den Sälen, dann weht dort ein frischer parteipolitischer Wind aus dem Volk! Und im Nebeneffekt würden sich unveränderte AfD und NPD im Sinne von bedeutungslos relativieren.

Also, nicht raus aus den Parteien, sondern verstärkt rein in die klassischen Parteien!

Diese neue entgegengesetzte Empfehlung ist mir nicht peinlich. Wenn das administrative System über längeren Zeitraum vom Volk losgelöst handelt und der Funktionsmechanismus sich dann immer noch Demokratie nennt, dann kann so eine grundlegende Empfehlungsänderung nach nächtlichem Nachdenken durchaus vorkommen.

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