Wie nennt man das: eine schallende Ohrfeige? Ignoranz? Gleichgültigkeit? Die Retterinnen der Feministischen Bibliothek MONAliesA Leipzig jedenfalls sind sauer. Denn erstmals in ihrer Geschichte bekommt die Bibliothek im Haus der Demokratie keine Förderung der Stadt Leipzig mehr. 2014 hat sie zwar auch keine bekommen. Das Kulturamt hatte das Geld kurzerhand umverteilt, als der Trägerverein der Bibliothek Ende 2013 ins Straucheln kam. Aber damals hatte das Geld zumindest noch in der Förderkiste des Kulturamtes gestanden.

Doch als am 15. Dezember die Förderliste für 2015 veröffentlicht wurde, fielen die Retterinnen der in Leipzig einzigartigen Bibliothek aus allen Wolken. Denn den Betrieb 2014 haben sie durch das Einwerben von Spenden gesichert. Für 2015 hatte sie wieder mit einer stabilen Unterstützung der Stadt gerechnet. Doch augenscheinlich hat sich das Kulturamt aus der institutionellen Förderung von Literatur jetzt komplett verabschiedet.

Und irgendwie hatte man darüber die neuen Betreiberinnen der Bibliothek hübsch im Unklaren gelassen.

Obwohl zunächst positive Signale seitens des Kulturamts gesendet wurden, ist der Trägerverein der MONAliesA, Lotta e.V., nicht auf der Liste zu finden. Und das, obwohl die MONAliesA zuvor über viele Jahre institutionell gefördert wurde, scheint es, als hielten die Entscheider im Leipziger Kulturdezernat eine Bibliothek mit regelmäßigen Öffnungszeiten und einem umfangreichen Veranstaltungsangebot im Jahr 2015 für nicht förderungswürdig.

Die Frauenbibliothek MONAliesA entstand in den Wendejahren in Leipzig und beherbergt eine einmalige Sammlung zur Frauenbewegung in Ostdeutschland – sowohl zur frauenbewegten Geschichte der DDR und der Wendezeit als auch ein Archiv der jüngeren Geschichte, welches sich mit den Aktivitäten der nicht-etablierten Frauenbewegung beschäftigt. Darüber hinaus bietet die Bibliothek allen Interessierten auf 120 m² über 30.000 Sachbücher, Krimis und Romane sowie CDs und DVDs.

“Nach langjähriger Zusammenarbeit scheint von Seiten des Kulturamts kein Interesse am Erhalt dieses historisch bedeutsamen Ortes zu bestehen”, kommentiert das jetzt der Lotta e.V., der seine Rettungsbemühungen auch immer in Ansprache mit dem Leipziger Kulturamt vorangetrieben hatte. “Ohne die Unterstützung der Stadt Leipzig droht der MONAliesA das endgültige Aus. Die Schließung hieße das Ende einer der letzten verbliebenen Frauenbibliotheken in den neuen Bundesländern. Ebenso hieße die Schließung das Verschwinden eines für die Wissenschaft bedeutsamen Bestandes unveröffentlichter Literatur der lokalen Frauenbewegung.”

Erst im September 2014 wurde die Bibliothek auf Basis einer erfolgreichen Spendenaktion wieder eröffnet, nachdem der ehemalige Trägerverein Insolvenz anmelden musste. Viele Leipzigerinnen und Leipziger bekundeten ihre Unterstützung und ihr Interesse am Fortbestand der Bibliothek. Auch überregional erhielt die Frauenbibliothek großen Zuspruch, der sich ebenfalls in den eingegangenen Spenden ausdrückte. Insgesamt konnte das Team um den neuen Verein ohne staatliche Unterstützung über 15.000 Euro sammeln, um die Rettung der Bibliothek sicherzustellen. So wurde 2014 die gesamte Miete durch die UnterstützerInnen aufgebracht.

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Dem Kulturamt wurde ein Konzept vorgelegt, das Leseförderung und Literaturvermittlung mit künstlerischer Förderung verbindet. Die Förderschwerpunkte der Stadt Leipzig für 2015 sind darin berücksichtigt, Beiträge zur Buchmesse bereits eingeplant. Der Bibliotheksbetrieb wäre durch engagierte Fachpersonen ehrenamtlich abgesichert. Der Verein hat bereits in Erneuerungen investiert, um die Zukunftsfähigkeit zu sichern. 2015 hätten in der Frauenbibliothek eine Arbeitsstelle sowie zwei Plätze des Bundesfreiwilligendienstes entstehen können.

“Das Kulturamt erteilt unserem Engagement und dem großen Interesse vieler Leipzigerinnen und Leipziger eine Absage. Unsere Bibliothek und das Veranstaltungskonzept sind ein wichtiges Angebot für lesende und schreibende Menschen gleichermaßen. Wir sind entsetzt, dass das Kulturamt die Bedeutung der MONAliesA nicht erkennt und die 24 Jahre des spezifischen Archivierens nicht würdigt”, sagt so die Pressesprecherin des Vereins Barbara Schnalzger.

Dass man ratlos ist, gibt man gern zu. Denn da hat man im zuständigen Amt wieder einmal nicht nachvollziehbar agiert. Die Fragen, die Barbara Schnalzger stellt: “Mit welcher Begründung wurden die Förderanträge abgelehnt? Warum war die MONAliesA noch 2014 für die institutionelle Förderung vorgeschlagen und wird für 2015 nicht als förderungswürdig betrachtet? Wie kann es sein, dass die Bücherstadt Leipzig keine Einrichtung aus dem Bereich Literatur institutionell fördert?”

Denn der Blick in die Förderliste zeigt, dass man in der Bildenden und der Darstellenden Kunst, der Kulturellen Bildung und der Musik, der Sozio- und Stadtteilkultur und der Stadtgeschichte etliche Vereine fördert – und das teils mit sechsstelligen Beträgen, in der Literatur aber kein einziges.

Leider blieben die zuständigen Mitarbeiterinnen des Kulturamts die Antworten bislang schuldig, stellt die Pressesprecherin dazu fest. Und erfuhr dann auch noch die Abgebrühtheit einer Verwaltung, die sich in solchen Dingen ganz im Recht sieht: Telefonisch wurde darauf verwiesen, dass Förderentscheidungen generell nicht begründet werden. Es wird wohl wieder so sein wie so oft: Man braucht die Stadtratsfraktionen, um zumindest ein Ergebnis zu bekommen, das auch verständlich ist und nicht wie ein Orakel aus dem Nebel des Tempels.

Barbara Schnalzger: “Wir werden um den Erhalt weiter kämpfen. Das letzte Wort über den Kulturetat hat der Stadtrat. Alle, die uns unterstützen möchten, sind herzlich eingeladen.”

Der Lotta e.V. will nun auf monaliesa.de und auf seiner Facebookseite über die aktuelle Entwicklung berichten.

monaliesa.de
Die Förderliste 2015 als PDF zum download.

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