"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren." Worte, drei Jahre nach dem Ende des größten Krieges der Menschheitsgeschichte proklamiert. Am 10. Dezember ist es wieder soweit, dann gilt es diesen ersten und seine 29 aufgeschriebenen Weggefährten der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" zu feiern. Dann wird in Oslo der diesjährige Friedensnobelreis verliehen und an seinem Todestag des edlen Spenders und Dynamiterfinders Alfred Nobel gedacht. Ein wichtiger Tag für alle Friedensbewegten der Welt. Einer der immer droht, in Scheinheiligkeit zu versinken leider auch.

Der 10. Dezember wird auch 2014 wieder gefüllt sein mit Nachrichten über Preise. Neben dem Friedensnobelpreis für Malala Yousafzai und Kailash Satyarthi, dem “Sacharow-Preis” des EU-Parlamentes und dem “Menschenrechtspreis” von “Reporter ohne Grenzen” gedenkt man der Erklärung der Vereinten Nationen von 1948. Und vielleicht auch ein wenig daran, dass die “Allgemeine Erklärung der Menschenrechte” dennoch keine verbindliche Rechtsquelle des Völkerrechts ist. In unzählige Sprachen übersetzt, ist es eher eine Vision des Zusammenlebens, wenns dem bösen Nachbarn denn gefiele. Oder dem eigenen Charakter?

Denn auch 2014 ist man irgendwie dem Ziel, die Menschen seien ” … mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen” irgendwie so gar nicht wirklich näher gekommen. Da rappelt es bis in die deutschen Wohnstuben hinein und auf Dresdner Straßen hinaus, dass flüchtende Fremdlinge die Dörfer stürmen würden. Würde die Erklärung völkerrechtliche Geltung haben, es hieße nach Artikel 6 “Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.” Oder wahlweise mal die 2? “Jeder hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.”

Angesichts der längst klaren Kooperation zwischen BND und NSA könnte man ausrufen: “Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.”Geschrieben wurden diese und weitere muntere Zeilen unter dem Eindruck der Barbarei einer Zeit, in welcher sich die Völker übereinander hermachten und die Deutschen gezeigt hatten, wie tief stumpfe Raserei gepaart mit kalter Präzision eine ganze Gesellschaft in den Krieg als etwas Gottgefälliges, Unabwendbares treiben kann. Die Waffen- und Menschenlager gefüllt, ein Strudel aus maschineller Tötung und eben jener Barbarei, welcher die Nationen 1948 noch so nahe waren.

Sie wussten, dass ” … die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, dass einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt.”

Gelten müsste, denn das Ziel scheint weit angesichts der Luftabkühlung über der (fast ist man geneigt “ehemaligen”) Ukraine (zu schreiben), während der Nahe und Mittlere Osten brennt, glüht und vor sich hinstirbt. Auch Guantanamo steht ja noch, verrottet langsam vor sich hin. Wie die noch verblieben 136 von 800 meist unschuldigen Insassen, die nun auch lieber keiner mehr haben will. Und auch der Spruch “Deutsche Waffen, deutscehs Geld …” ist im Waffen-Exportland Nummer 3 irgendwie nie ganz verschwunden.
Gründe gibt es also genug, etwas lauter zu gedenken an diesem 10. Dezember. In Leipzig haben sich dies die Attac-Leute vorgenommen und ab 18 Uhr zur Demonstration an die Moritzbastei gerufen. Am heutigen Montag war dafür so etwas wir ein “Warmlaufen”. Mit einer Bombe oder Rakete – so ganz klar war man sich angesichts des grünen Ungetüms auf den Schultern der Aktivisten nicht – spazierten sie schon mal auf den Leipziger Weihnachtsmarkt. Zur Mittagszeit stellten zehn Weihnachtsmänner und Weihnachtsfrauen das mit “Hilfsgüter” (made in Germany) beschriftete Monstrum unter die auch 2014 beachtliche Leipziger Weihnachtstanne und wiesen auf die Demo am Mittwoch hin.

Neben der PR-Aktion für die Demonstration wollten die Aktivisten anmerken, dass es eine gewisse Scheinheiligkeit darstellt, wenn ” … führende Politiker sämtlicher Parteien und Wirtschaftsvertreter einerseits alljährlich Demokratie, Grund- und Menschenrechte preisen. Andererseits Deutschland mit seiner immensen Rüstungsproduktion und Waffenexporten in nahezu allen Konfliktregionen der Welt seine Finger im Spiel hat”, so jedenfalls “attac” Leipzig in einer verbreiteten Information zum Weihnachtsmarktbummel. Bleibt eigentlich nur noch festzustellen – was dem einen sein Krieg in der Ferne, ist dem anderen sein Arbeitsplatz daheim. Und: was für ein Glück für so manchen, dass die heute auch “Menschenrechts-Charta” genannten Zeilen nicht direkt einklagbar sind.

Die Demo startet am Mittwoch, 10. Dezember, 18 Uhr an der Moritzbastei. Motto “Nein zum Krieg – Frieden ist ein Menschenrecht”. Vielleicht schaut mancher auf dem Weg zum Glühweinstand ja kurz vorbei?

Zu Attac Leipzig im Netz
www.attac-leipzig.de

Die “Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte” zum Nachlesen bei Amnesty-International, welche sich am 10. Dezember gewöhnlich kritisch zu Wort melden
https://www.amnesty.de/alle-30-artikel-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Michael Freitag über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar