Sie hatten gründlich mobilisiert, rund 250 kamen am Samstag, 21. Juni um gegen Kameras, Netzscreenings und gefilterten Mailverkehr zu demonstrieren. Spannend an diesem Nachmittag auf Schusters Rappen quer durch Musikerviertel und Innenstadt - die Redebeiträge auf der Zwischenkundgebung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Nicht unweit der amerikanischen Botschaft ging es um die Freunde vom NSA, der noch engeren Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz und die polizeilichen Kameraüberwachungen in Leipzig. Die ja in den vergangenen Wochen weniger wurden, weil zwei von drei Überwachungseinheiten bis heute spurlos verschwunden sind.

Ein Teil des Potentials für die Themen trieb sich heute lieber beim Westbesuch an der Karl-Heine-Straße herum, aber das störte wenig. Dem Gefühl von “etwas wenigen Teilnehmern” bei manchem Mitlaufenden setzte Mitorganisator und Teil des Bündnis Privatsphäre Jürgen Kasek (B 90 / Die Grünen) eine einfache Ansage entgegen.

Es käme nicht darauf an, wie viele man heute sei, wichtiger bliebe, dass man dass auch morgen noch leben würde, was man heute erzählt. Gemeint: Es geht bei der Überwachungsfrage um alltägliche und fundamentale Bürgerrechte wie das Postgeheimnis, die Hoheit über die eigenen Daten und letztlich die Frage, ob eigentlich die Unschuldsvermutung noch gelte, wenn es anlasslose Dauerscans im Netz gäbe.
Dass diese Frage längst auch Mobilfunkanbieter betrifft ist allerspätestens seit der Demonstration am 19. Februar 2011 in Dresden klar. Dabei hatte die Polizei in der Dresdner Südvorstadt eine flächendeckende “nichtindividualisierte Funkzellenabfrage” durchgeführt und mal eben hunderttausende Datensätze aus Telefongesprächen von Demonstranten, Anwohnern, Journalisten und Rechtsanwälten erhoben und gespeichert.

Nachträglich als rechtswidrig eingestuft, zeigte dieser gravierende Vorfall polizeilichen Übereifers, wie leicht Grenzen verschoben werden können. Auffällig hier, schleichend an vielen anderen Punkten.
Hinzu kommend: Vermehrte Kameras im öffentlichen Raum, die Verortungstechnologien großer Player im Netz (an welchen wiederum Staaten großes Interesse haben), Wirtschaftsspionage und eine Kanzlerin, welche den “digital natives” entgegenruft, dies sei Neuland. Wo dabei die Rechte normaler Bürger bleiben, schien heute jedenfalls noch vielen egal, oft werden die Zusammenhänge auch noch nicht so richtig verstanden.

Am Rande der Demonstration gabs zumindest hier und da staunende Gesichter, flink gezückte Fotoapparate und ein Mann murmelte beim Wegdrehen: “Recht habense ja, aber da kammer eh nix machen.” Aus dem Megaphon war gerade erneut der Ruf durch die City gegeistert: “Wir sind hier, wir sind laut, unsere Daten sind geklaut.”.
14 Uhr gings am Augustusplatz los, die Route führte entlang voll besetzter Freisitze im Musikerviertel, vorbei an Universitätseinrichtungen mit leicht desinteressiert wirkenden Studenten auf den Stufen und nach der Zwischenkundgebung lautstark durch die Innenstadt.

Wo einige ihren Einkaufsbummel kurz zwischen Petersteinweg und Marktplatz unterbrechen mussten, um den Zug vorrangig junger Leute passieren zu lassen. Gut drei Stunden später trafen die Demonstranten wieder auf dem Augustusplatz ein, die Veranstaltung verlief ohne Zwischenfälle.

Die Redebeiträge von der symbolträchtigen Zwischenkundgebung vor dem Bundesverwaltungsgericht von Jürgen, Caroline (ein Audio), Jule und Flo (in dieser Reihenfolge) alle vom “Bündnis Privatsphäre” gibt es hier zum Nachhören und ein paar Bilder zu durchklicken.

Zum Dossier “Datenskandal” auf L-IZ.de
www.l-iz.de/Dossiers/DatenskandalSachsenEinfach zum Vergrößern die Vorschaubilder anklicken:

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