Am Mittwoch, 30. Mai, laden das Aktionsbündnis Neue Universitätskirche St. Pauli, der Paulinerverein und die Stiftung "Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig" zur Gedenkveranstaltung auf dem Leipziger Augustusplatz ein. Vor 44 Jahren wurde die Leipziger Universitätskirche St. Pauli gesprengt. Die Erschütterungen spürt man bis heute.
Deswegen haben die Stiftung “Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig”, der Universitätsprediger Prof. Dr. Rüdiger Lux und Thomaspfarrer Christian Wolff im Vorfeld auch jeweils eigene Erklärungen abgegeben, die sich mit dem aktuellen Stand der Innenraumgestaltung der neuen Universitätskirche beschäftigen, die nun – nach fünfjähriger Verzögerung – am 2. Dezember 2014 endlich fertig werden soll. Zumindest hat das so Sachsens Finanzminister Georg Unland angekündigt.
Streitpunkte sind weiterhin der geplante Einbau der Glaswand, die den Kirchenraum bei profanen Nutzungen abschotten soll, der Einbau der Barockkanzel und vor allem die künftige gemeinsame Nutzung. Denn die jeweiligen Kommissionen für die Aula-Nutzung tagen bislang getrennt von denen, die die kirchlichen Nutzungen vorbereiten – etwas, was in der 1968 gesprengten Paulinerkirche reibungslos ineinander griff.Die künstliche Trennung ist ein Unding, findet Christian Wolff: “Jeder Euro, der für den Bau der neuen Universitätskirche St. Pauli ausgegeben wird, ist gut angelegtes Geld für Forschung und Lehre. Denn dem um sich greifenden Funktionalismus, der zunehmenden Ökonomisierung und Entmündigung der Studierenden und der Lehrenden muss widerstanden werden – nicht zuletzt durch eine auch räumliche Institutionalisierung eines ganzheitlichen Wissenschaftsverständnisses. Insofern liegt die neue Universitätskirche im Interesse eines Wissenschaftsbetriebes, an dem die zukünftigen Führungskräfte unserer Gesellschaft ausgebildet werden.”
Dass der Finanzminister über den schleichenden Fertigstellungsprozess des Neubaus auch nicht wirklich transparent informiert, bringt ihn geradezu auf die Palme. “Es ist schon grotesk, dass der Finanzminister des Freistaates Sachsen, Prof. Dr. Georg Unland, an den Gremien der Universität vorbei einem handverlesenen Journalisten einer Tageszeitung seine Vorstellungen über die Fertigstellung der neuen Universitätskirche Leipzig bis zum 2. Dezember 2014 in die Feder diktiert”, stellt er fest. “Genauso bedenklich ist es, dass dieses Verfahren ohne erkennbaren Protest der universitären Gremien bleibt und von Angehörigen der Bildungselite, die qua Amt ein hohes Maß an Verantwortung für unsere Demokratie tragen, hingenommen wird – was wiederum zeigt, wie notwendig die neue Universitätskirche als ‘Stachel im Fleisch’ ist. Auch darum ist es im wohlverstandenen Interesse aller Studierenden, wenn sie ihren Protest gegen die weitere Verschulung, inhaltliche Entleerung und finanzielle Austrocknung der universitären Ausbildung mit einem Einsatz für die neue Universitätskirche St. Pauli verbinden.”Dass trotz professioneller Kritik die Glaswand eingebaut werden soll, kritisiert die Stiftung “Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig” noch einmal: “Wir schließen uns ausdrücklich den jüngst geäußerten Warnungen und Mahnungen der drei renommierten Musiker Professor Biller, Professor Blomstedt und Professor Güttler zur Raumakustik an. Es besteht der begründete Anlass zur Sorge, dass der derzeit vorgesehene Innenausbau zu erheblichen Beeinträchtigungen der Raumakustik führen wird, insbesondere durch den Einbau einer Trennwand zwischen Chor und Langhaus und durch Glassäulen anstelle von Steinpfeilern.”
Selbst das Finanzministerium und das in seinem Auftrag tätige Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB) bestätigen, dass man eigentlich nur noch aus Sturheit an der Glaswand festhält. Die Stiftung dazu: “Der Bauherr selbst bestätigt in seinem aktuellen Antwortschreiben an die drei Musiker, dass die Schwalbennestorgel nicht ‘uneingeschränkt im Langhaus hörbar’ sein wird. Die im Renaissance-/Frühbarockstil gehaltene Schwalbennestorgel ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal für die Musikstadt Leipzig. Für diese Schwalbennestorgel keine angemessenen raumakustischen Voraussetzungen zu schaffen, ist für die Stiftung als maßgeblicher Mitfinanzierer der Orgel nicht hinnehmbar. Mit welchem Selbstverständnis plant der Bauherr eine Bauausführung, die von vorneherein für die musikalisch wertvolle Schwalbennestorgel die uneingeschränkte Hörbarkeit im Gesamtraum von Aula und Universitätskirche nicht gewährleistet?”
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Völlig unklar scheint sogar die Klimaregulierung im künftigen Paulinum zu sein. Via LVZ wurden sogar erschreckende Heizkostenzahlen lanciert von 170.000 Euro pro Jahr, wenn keine Glaswand eingebaut würde, 120.000 mehr als mit Glaswand. Nur haben selbst Abgeordnetennachfragen bislang keine befriedigenden Zahlen erbracht, wie Klima und Heizung im Paulinum künftig tatsächlich geregelt sind. Schon gar bei regelmäßiger Nutzung. Nur dann macht das Bauwerk ja Sinn. Und begründen kann niemand wirklich, wie sich solche Heizkosten berechnen, wenn die Glaswand für regelmäßige Musik- und Kirchenveranstaltungen geöffnet werden muss.
Es gibt also genug berechtigte Kritik an einer durchaus intransparenten Planungs- und Informationspolitik zu einem Bauwerk, das auch in seiner neuen Gestalt den Leipzigern ans Herz zu wachsen scheint.
Die Gedenkveranstaltung zur Sprengung der Universitätskirche 1968 “44 Jahre danach …” findet am Mittwoch, 30. Mai, um 10.00 Uhr auf dem Augustusplatz in Leipzig vor der neuen Universitätskirche St. Pauli statt.
Es sprechen: Dr. Thomas Feist, Mitglied des Deutschen Bundestages, Friederike Kaltofen, Studierende der Theologie, Rainer Fornahl, Aktionsbündnis “Neue Universitätskirche St. Pauli”. Anschließend nimmt das Aktionsbündnis “Neue Universitätskirche St. Pauli”, Paulinerverein e.V. und Stiftung “Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig” an der Veranstaltung der Universität Leipzig im Neuen Augusteum (Beginn: 11.00 Uhr) ein.
www.stiftung-universitaetskirche.de
Die drei Erklärungen als PDF:
Die Erklärung von Christian Wolff.
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