Die Hartnäckigkeit der Leipziger Architekten, denen der Komplettabriss des ehemaligen Technischen Rathauses zu weit ging, hat sich gelohnt. Beim Erhalt des Stahlbetonskeletts des ehemaligen Technischen Rathauses an der Prager Straße 20–28 sieht die Stadtverwaltung nach intensivem Austausch mit den Vertretern der Architekten- und Ingenieursverbänden nun möglicherweise doch eine Perspektive für die Weiternutzung, den Umbau und die Ergänzung hin zum neuen Verwaltungszentrum.

In mehreren Fachtreffen hatten die Vertreter des Bundes Deutscher Architekten in Sachsen (BDA), der Architektenkammer Sachsen, der Ingenieurkammer Sachsen und des Bundes deutscher Baumeister (BDB) mit der Stadtverwaltung die Risiken bei der Nachnutzung des entkernten Stahlbetongebäudes betrachtet. Insbesondere die Standsicherheit des Gebäudes und das Tragvermögen der Decken waren
kritische Aspekte.

Für alle Themen konnten indessen bautechnische und gestalterische Handlungsoptionen aufgezeigt werden. Aus Sicht der Fachleute wäre ein Erhalt des Rohbaus und seine Weiterentwicklung zu einem modernen Verwaltungsgebäude fachlich möglich und wirtschaftlich vorteilhaft.

Die Stadtverwaltung nimmt diese Expertise jetzt in die Planungen für das Verwaltungszentrum auf, teilen die Dezernate Stadtentwicklung und Bau sowie Allgemeine Verwaltung mit. Eine eventuelle Weiternutzung des Stahlbetonskeletts wird Teil der weiteren Planungsschritte, die in den kommenden Wochen eng mit dem Stadtrat erörtert werden sollen.

Entkerntes Gebäude, Baugelände.
Das entkernte ehemalige Technische Rathaus an der Prager Straße. Foto: Sabine Eicker

Baubürgermeister Thomas Dienberg sagt zu dieser Änderung in den Plänen: „Angesichts vieler Risiken, insbesondere in puncto Standsicherheit, hatten sich die Stadtverwaltung und der Stadtrat im April für den Abbruch entschieden. Seitdem hat die Verwaltung viele Erkenntnisse zum ressourcenschonenden Umgang mit der Substanz erarbeitet, die nun durch die Vorschläge der Fachleute bestärkt wurden. Diesen Prozess als ‚lernende Verwaltung‘ sehe ich als sehr gewinnbringend an.“

Andreas Forner, Landesvorsitzender der Prüfingenieure Sachsen, ergänzt: „Das bestehende Gebäude wurde mit einer zwischen 1970 und 1990 üblichen Typenbauweise errichtet. Das Tragwerk bietet für eine allgemeine Verwaltungsnutzung eine ausreichende Standsicherheit.

Um aktuelle Anforderungen an ein modernes Verwaltungsgebäude zu erfüllen, sind dennoch Umbauten und Verstärkungen der Betonkonstruktion möglich und erforderlich. Diese können mit zukunftsweisenden Verfahren, wie beispielhaft dem Einsatz von Carbonbewehrung, effizient umgesetzt werden.“

Eine deutliche Kostenersparnis

Neben den bautechnischen Aspekten konnten seit dem Ankauf auch die finanziellen Vor- und Nachteile der Varianten vertieft betrachtet werden: Die Planungen zum Abriss haben gezeigt, dass sowohl die Dauer als auch die Kosten für einen Abriss die ersten Schätzungen deutlich übersteigen würden. Zusätzlich wären für den Ausgleich der klimaschädlichen Maßnahmen bei einem Abbruch enorme Kompensationsleistungen vonnöten.

Auch die Stadtgesellschaft müsste während der monatelangen Abbrucharbeiten sehr starke Belastungen durch Lärm, Staub, Erschütterungen, Straßensperrungen und Zusatzverkehren ertragen. Durch den Substanzerhalt im geplanten Verwaltungszentrum wären hingegen finanzielle, zeitliche und klimarelevante Einsparungen möglich.

Langgestreckter Bau an einer Straße.
Das ehemalige Technische Rathaus an der Prager Straße. Foto: Sabine Eicker

Wolf-Heiko Kuppardt, Vorstandsmitglied des BDA Sachsen, betont: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten zum Klimawandel, könnte der Erhalt des Technischen Rathaus ein zukunftsweisendes Zeichen der Stadt Leipzig sein, um aufzuzeigen, dass ein ressourcenschonendes Bauen mit einer modernen und zeitgemäßen Architektur vereinbar ist.

Gerade als Stadt, die sich dem ökologischen Umbau (Klimaschutzprogramm 2030 und Leipzig Charta) verpflichtet fühlt, ist es aus unserer Sicht nur konsequent, wenn der Erhalt der alten Stahlbetonstruktur in Verbindung mit zeitgemäßer Technik und ökologischen Materialen gekoppelt werden kann.“

Und auch Ulrich Hörning, Bürgermeister für Allgemeine Verwaltung, sieht die Veränderung positiv: „Für eine leistungsfähige und attraktive Stadtverwaltung brauchen wir moderne und gesunde Arbeitsplätze. Unser neues Verwaltungszentrum soll ein Ort werden, an dem die Leipzigerinnen und Leipziger guten Bürgerservice bekommen. Ein beliebter Ort, an dem unsere Beschäftigten gern und gut arbeiten können. Auf dem Weg dorthin müssen wir noch viele Fragen beantworten, um dem Stadtrat einen wirtschaftlich tragbaren Planungsbeschluss vorlegen zu können.“

Die Verwaltung will sich nun mit den zuständigen Landesbehörden zu genehmigungsrelevanten Ausgleichsmaßnahmen austauschen, die die Umnutzung des Gebäudes als modernes Verwaltungszentrum erfordern würde. In Abhängigkeit dieser Gespräche werde die Verwaltung gegebenenfalls eine Beschlussvorlage für den Stadtrat erarbeiten. Der Stadtrat hatte im April 2024 – im Zuge des Ankaufs des Geländes des ehemaligen Rathauses – einen zeitnahen Abriss des Stahlbetonskeletts beschlossen.

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Da dürfen wir uns überraschen lassen, wie man dann die benötigten Arbeitsplätze nach heutigen Maßgaben schaffen möchte und wie das mit “Öffnung für Bürgerdienste” funktioniert.
Spannend dürfte dann auch noch werden, ob und wie viel Fläche von der Kleingartenanlage benötigt wird, weil das neue Verwaltungszentrum nicht vollständig aufs städtische Grundstück passt.

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