Für das „Institut für Zukunft“ im Kohlrabizirkus gehen nach zehn Jahren am Standort die Lichter aus. Es ist nicht der einzige Club in Leipzig, der unter Druck geraten ist. Erst war es die Corona-Pandemie, die den Club-Betrieb in die Pause schickte, dann knallten Energie- und Beschaffungskosten durch die Decke. Was könnte also die Stadt tun, die Clubkultur im Kohlrabizirkus zu erhalten? Die Grünen formulierten dazu einen Vorschlag.

Den stellte in der Ratsversammlung am 18. Dezember Grünen-Stadträtin Anne Vollerthun vor – mit deutlichem Hinweis darauf, unter welchem Druck Leipzigs Clubszene mittlerweile steht. Denn in schwierigem Fahrwasser ist nicht nur das IfZ. Mit diesem aber droht der Stadt auch ein wichtiger Anker im Kohlrabizirkus verloren zu gehen. Denn dessen Zukunft sollte ja eigentlich auch einen viel gefragten Club beinhalten.

Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 21.07.2021 hat die Stadt das Gelände an den Tierkliniken gekauft, um dort ein Zentrum für Sport, Kultur und Freizeit zu entwickeln.

Dabei spielte auch eine Rolle, dass sich am Standort mit dem ‚IfZ‘, dem international bekannten Club Institut für Zukunft, bereits ein Clubstandort befindet, der über eine gute Reputation verfügt und mehrfach mit dem Bundeskulturpreis ‚Applaus‘ sowohl aufgrund der Programmgestaltung als auch als Spielstätte ausgezeichnet wurde“, stellten die Grünen in ihrem Antrag fest.

„Viele Clubstandorte sind in Leipzig unter Druck geraten. Zum einen, weil heranrückende Wohnbebauung zu Konflikten führt, zum anderen, weil die Folgen der Pandemie auf die Clubs besondere Auswirkungen hatten. Unter gestiegenen Kosten sowie einem Rückgang der Besucher/-innen nach der Corona-Zeit leidet auch das Institut für Zukunft, sodass es in eine wirtschaftlich schwierige Situation geraten ist, die zur Schließung am Ende des Jahres führt.

Mit dem Beschluss, die Mietzahlungen für einen Übergangszeitraum bis Ende des Jahres auszusetzen, wird eine reguläre Abwicklung des Clubs ermöglicht, die einen reibungslosen Übergang für einen neuen Club-Betrieb am selben Standort (z.B. Übernahme von Technik, Ausstattung etc.) möglich macht. Mit diesem Beschluss signalisiert die Stadt ihre Bereitschaft, abseits von Lippenbekenntnissen tatsächlich in die Clubkultur zu investieren.“

Aber das wird Leipzig nicht tun können. Dazu fehlt auch der Stadt der finanzielle Puffer. Mit dem kommenden Doppelhaushalt erst recht.

Wie rettet man den Standort?

„Unabhängig von der bisherigen Nutzung wäre es zudem fatal, wenn dieser Veranstaltungsort, welcher als Livemusikspielstätte und Kulturraum prädestiniert ist, wegbrechen würde. Daher muss es ein Kernanliegen der Stadt sein, alles zu unternehmen, um eine weitere Nutzung als Clubkulturstätte zu ermöglichen – nicht erst, wenn das Gesamtkonzept Kohlrabizirkus steht“, befanden die Grünen.

„Aufgrund der einzigartigen Räumlichkeiten sowie der hochwertigen technischen Ausstattung (Musikanlage) bedeutet gerade dieser Clubstandort besonders für junge Menschen in Leipzig ein Stück Lebensqualität. Nähere Erkenntnisse hierzu wird auch die Ende 2024 erscheinende Leipziger Clubstudie geben.“

Das Dezernat Stadtentwicklung und Bau nahm sich des Anliegens an, musste aber auch gleich vorwegschicken: „Ein Erlass der Miete für den aktuellen Mieter sowie potenzielle Nachmieter im Bereich der aktuellen Clubnutzung wird abgelehnt, da beihilferechtliche Schwierigkeiten zu erwarten sind und die Gefahr besteht, dass sich andere Mieter ungleich behandelt fühlen bzw. ähnliche Erwartungen entwickeln. (…) Im Übrigen, war nach Auskunft der LEVG eine Reduzierung oder ein Erlass der Miete kein Thema in den Gesprächen mit dem aktuellen Betreiber.“

Es gibt schon Gespräche mit Interessenten

Das Positive dabei ist: Es soll schon Interessenten geben, die an der Fortführung des Club-Betriebs am Standort Interesse angemeldet haben. Die Stadt zeigt sich dafür aufgeschlossen: „Neue, andere Betreiber können im Amt für Wirtschaftsförderung jedoch einen Antrag im Mittelstandsförderprogramm stellen und dadurch die Mietkosten in der Anfangsphase/im Unternehmensübergang abfedern.“

Und auch das Kulturamt, das Amt für Wirtschaftsförderung und die LEVG als aktueller Besitzer der Immobilie seien ebenfalls am Erhalt eines Clubstandortes interessiert, weshalb ein enger Austausch mit den alten und potenziellen neuen Mietern bestehe, so die Verwaltung.

„Das Kulturamt wird sich gemeinsam mit dem Amt für Wirtschaftsförderung und der LEVG um eine Nachnutzung der Räumlichkeiten mit einer Clubnutzung bemühen. Weiterhin liegen nach Auskunft der LEVG bereits Mietanfragen zum Betrieb eines Clubs ggf. unter neuem Namen und veränderter Betreiberstruktur vor.“

Eigenes Geld aber kann und will die Stadt nicht in das Clubprojekt stecken. Das verhindert schlicht die Haushaltslage. Das Amt für Wirtschaftsförderung stehe mit dem Betreiber im Kontakt und habe Hilfe angeboten.

„Wenn die Betreiber weitere Unterstützung wünschen, kann das Amt für Wirtschaftsförderung an einem gemeinsamen Gespräch mit der Aufbaubank teilnehmen. Die Förderauflagen der Sächsischen Aufbaubank können nicht beeinflusst werden. Die Betreiber des Instituts für Zukunft müssten hierfür dem Amt für Wirtschaftsförderung Zugang zu ihren Unterlagen gewähren.“

Das heißt: Es sieht ganz so aus, als ob es am Standort Kohlrabizirkus auch nach dem Aus des IfZ weitergeht und – wie Anne Vollerthun es ausdrückte – „ein unglaubliches Stück Lebensqualität“ erhalten bleibt. Mit einem neuen Betreiber am alten Ort. Die Stadt will helfen, so weit sie kann. Also stellte Vollerthun den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung, der dann mit 50:9 Stimmen ein deutliches Votum erhielt.

In dieselbe Richtung zielte auch der gemeinsame Antrag von Christopher Zenker und Christina März (beide SPD) sowie Thomas Kumbernuß (Die PARTEI). Auch hier gab es einen positiven Verwaltungsstandpunkt, der sich für eine Nachfolgelösung aussprach, sodass Christopher Zenker kurzerhand auch hier den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellte, der dann – bei neun Enthaltungen – ebenso die deutliche Zustimmung der Ratsversammlung fand.

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