Manche Medien hauen nur zu gern auf die ganz große Pauke – so wie im Fall der Insolvenz von IMFARR im Frühjahr. Die Immobiliengesellschaft ist ja der große Player hinter der L 416 GmbH, die am Eutritzscher Freiladebahnhof rund 2.600 Wohnungen bauen will, außerdem 100.000 Quadratmeter an Gewerbe- und Büroflächen sowie Einrichtungen für Soziales und Kultur. „Nach unseren Informationen waren erste Leitungsarbeiten für den Herbst geplant“, hatte die SPD-Fraktion in einer Anfrage für die Ratsversammlung am 21. August festgestellt.
Das Warten auf den Baubeginn zerrt auch an den Nerven der Stadträte.
„Das größte Bauvorhaben der Stadt ist schon häufig verschoben worden. Mehrfach wechselte es den Besitzer, bis die Wiener Imfarr das Gelände im Jahr 2019 von der CG-Gruppe erworben hatte. Der Preis war über die Jahre immer wieder angestiegen, Imfarr hatte seinerzeit knapp 200 Millionen Euro gezahlt“, stellte die SPD in ihrer Anfrage fest.
„Nun ist der Hedgefonds Oaktree Capital Management am Projekt beteiligt. Die Pleite des Wiener Immobilienentwicklers Imfarr hat nun neue Unruhe um das Areal auf dem ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhof ausgelöst. Das österreichische Unternehmen, zuletzt Grundstücksbesitzerin und Hauptinvestorin des Projektes, hat beim Handelsgericht Wien nach Medienberichten ein Insolvenzverfahren beantragt.“
Doch während diverse Medien ordentlich die Paniktaste drückten, antwortete die Stadt auf die Frage nach der „rechtlichen Situation bezüglich des Insolvenzverfahren“ so, als wäre das ganze ewige Verhandeln normal.
„Die Insolvenz betrifft zunächst lediglich die IMFARR Beteiligungs GmbH mit Sitz in Wien. Die primären Verpflichtungen aus den Städtebaulichen Verträgen zur Quartiersentwicklung des Eutritzscher Freiladebahnhofs hat die Leipzig 416 GmbH als Vorhabenträgerin übernommen. Die Leipzig 416 GmbH ist nach derzeitigem Kenntnisstand von der Insolvenz der IMFARR Beteiligungs GmbH nicht betroffen.
Nach Informationen der Stadt Leipzig haben sich durch Oaktree beratene Fonds und die Seniorgläubiger die Gesellschaftsanteile der Leipzig 416 GmbH und der Leipzig 416 Management GmbH als Sicherheit für die Finanzierung verpfänden lassen. Die entsprechenden vertraglichen Absprachen sind der Stadt nicht im Detail bekannt. Die Rechtspositionen der Stadt werden derzeit vor dem Hintergrund des österreichischen Insolvenzrechts unter Einbindung entsprechender externer Expertise geprüft.“
Noch wird verhandelt
Trotzdem fragte die SPD: „Welche Risiken entstehen durch die Insolvenz von Imfarr für das Bauprojekt und die damit verbundenen Verpflichtungen des Investors?“
„Die Verpflichtungen der Vorhabenträgerin Leipzig 416 GmbH bestehen derzeit unverändert fort. Die Stadt verhandelt derzeit mit der Vorhabenträgerin über den 1. Nachtrag zum Städtebaulichen Vertrag vom 03.07.2023 sowie zur Ausübung des Erwerbsrechts für das Schulgrundstück im Gebiet“, erwiderte die Stadt. Ein Punkt, der ja schon früher an diesem Tag für ein kleines Wortgefecht sorgte, als Franziska Riekewald (Die Linke) nach diesen neuerlichen Verzögerungen gefragt hatte.
„Die IMFARR Beteiligungs GmbH hat gegenüber der Stadt Leipzig eine Patronatserklärung des Inhalts abgegeben, dass sie die Leipzig 416 GmbH mit ausreichend finanziellen Mitteln ausstatten wird, damit diese den Erschließungsverpflichtungen aus dem Städtebaulichen Vertrag (Ergänzungsvereinbarung zur Planungs- und Entwicklungsvereinbarung vom 15.12.2020) mit der Stadt nachkommen kann“, betonte die Stadt in ihrer Antwort an die SPD.
„Darüber hinaus sind Sekundäransprüche mit Patronatserklärung gesichert (Vertragsstrafe, Rückkaufverpflichtung von vertragswidrig veräußerten Grundstücken). Derzeit sind lediglich diese Patronatserklärungen von der Insolvenz direkt betroffen und werden ggf. als Forderung zur Masse im Rahmen des Insolvenzverfahrens angemeldet werden.“
Auswirkungen: Ja oder Nein?
Aber dann gab es doch noch einen Satz, der aufhorchen ließ: „Inwieweit die Insolvenz schließlich auf die Vorhabenträgerin ‚durchschlägt‘ ist derzeit nicht absehbar.“
Was dann am 21. August SPD-Stadträtin Anja Feichtinger dringend darum bitten ließ, dass die Stadt über den Stand bei IMFARR künftig regelmäßig im Bauausschuss berichten solle.
Denn bis jetzt sah es ja auch aus SPD-Sicht so aus, dass das Insolvenzverfahren Auswirkungen auf den geplanten Baubeginn am Eutritzscher Freiladebahnhof haben könnte.
„Zunächst hat die Insolvenz der IMFARR Beteiligungs GmbH keine unmittelbaren Auswirkungen. Derzeit wird der 1. Nachtrag zum Städtebaulichen Vertrag verhandelt, zu dem auch die Erschließungsplanung gehört. Der Abschluss des Vertrages ist Voraussetzung für die Erteilung von Baugenehmigungen und damit den Baubeginn“, so die Stadt. „Die der Stadt bereits vorliegenden Bürgschaften und Sicherheitszahlungen sind von der Insolvenz der IMFARR ebenfalls nicht direkt betroffen, mit Ausnahme der bereits erwähnten Patronatserklärungen.“
Die Stadt Leipzig werde alles unternehmen, um zeitnah den Abschluss der Nachtragsverhandlungen zu erreichen, „der Voraussetzung für eine erfolgreiche Antragstellung ist. Hierzu wird sie alle Möglichkeiten nutzen, erforderliche Verfahren und Prozesse zu beschleunigen. Bauanträge werden in enger Abstimmung mit den Bauherren zügig bearbeitet werden.
Eine finanzielle Unterstützung durch die Stadt erfolgt nicht.“
Und was wird mit den Baugrundstücken für die Stadt?
Aber einige Baugrundstücke braucht ja die Stadt selbst, um dringend benötigte Investitionen etwa in Kita und Schule vorzunehmen. Auch da geht nichts voran, weshalb die SPD-Fraktion fragte: „Kann sich die Stadt Leipzig einen zeitnahen Einstieg in das Projekt für die ohnehin reservierten Flächen vorstellen?“
„Es bestehen Erwerbsvorverträge für Kita- und Schulflächen, Lok- und Ladeschuppen sowie öffentliche Grün- und Verkehrsflächen“, hatte die Stadt bestätigt. „Für die Gemeinbedarfsflächen wird ein zeitnaher Einstieg angestrebt. Die Entwicklung weiterer Flächen steht in unmittelbarer Abhängigkeit vom baulichen Fortschritt bei Erschließung und Hochbau im neuen Stadtquartier.
Darüber hinaus hat die Vorhabenträgerin für die einzelnen Baufelder gegenüber der Stadt Leipzig eine schuldrechtliche Erstandienungsverpflichtung abgegeben, wonach die Vorhabenträgerin diese zunächst der Stadt zum Erwerb anbieten muss.“
Kein Wunder, dass sich Anja Feichtinger jetzt eine regelmäßige Berichterstattung im Bauausschuss wünscht. Selbst geduldige Sozialdemokratinnen verlieren irgendwann die Geduld, wenn auch nach fünf Jahren von einem Baubeginn nichts zu sehen ist.
Keine Kommentare bisher