Zu beneiden sind die Ämter der Stadt Leipzig nicht, wenn sie Baugenehmigungen ausreichen. Denn wirklich großen Ermessensspielraum haben sie nicht, auch nicht, wenn es um den Schutz eines ortsbildprägenden Baums in Lindenau geht. Elke Thiess von der BUND-Regionalgruppe Leipzig hatte noch einmal nachgefragt, nachdem die ersten Auskünfte der Stadt für sie völlig unbefriedigend ausgefallen waren. Doch auch die neuen ausführlichen Antworten machen die Sache nicht besser.
Im Gegenteil: Sie machen deutlich, dass die zunehmende klimatische Belastung der Stadt und der Artenschutz im Baurecht noch langte nicht angekommen sind, dass Baumschutz nach wie vor nachrangig ist, wenn der Bauherr die wichtigsten Voraussetzungen für eine Baugenehmigung erfüllt. Und dazu gehört auch der Nachweis von Stellplätzen.
Das Umweltdezernat bringt es im Grunde auf den Punkt, wenn es auf die Anfrage von Elke Thiess hin feststellt: „Daneben richtet sich die Prüfung der Stellplätze nach der Kommunalen Stellplatzsatzung. Das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege prüfte im zugrundeliegenden Fall im Genehmigungsverfahren, ob der Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen entsprochen worden ist und ob eine Stellplatzablöse in Betracht kam. Vorliegend ist mit der Vorlage des Stellplatznachweises dem vorgenannten Erfordernis Rechnung getragen.
Mit der Entscheidung, den Schutz des Baumes aufzuheben, geht die Forderung nach Ersatzpflanzungen gemäß Baumschutzsatzung einher. Diese sind zum Zwecke des Ausgleichs vorrangig auf dem Baugrundstück zu erbringen.“
Das heißt: Weil der Bauherr eine Tiefgarage baut, muss er keine Stellplatzablöse zahlen. Weil die Tiefgarage aber in den Wurzelbereich des ortsbildprägenden Bergahorns eingreift, hat der Baum keinen Bestandschutz und darf gefällt werden. Unter Auflagen, wie das Umweltdezernat feststellt: Denn auf dem Grundstück selbst muss Ausgleich für den Baum geschaffen werden.
Es ist eben nur ein Bergahorn
Die Baumschutzsatzung selbst schützt den Baum an dieser Stelle nicht von vornherein.
Was aus Bürgersicht eigentlich ganz einfach ist, ist aus Sicht der Stadt ein ziemlich kompliziertes Ding.
„Die Zulässigkeit einer Baumfällung richtet sich ausschließlich nach der Kommunalen Baumschutzsatzung. Die ausnahmsweise zu erteilende Fällgenehmigung ist also insoweit umfänglich durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer als beteiligte Fachbehörde geprüft worden“, betont das Umweltdezernat.
„Die inhaltlichen Voraussetzungen der Fällgenehmigung sowie die Abwägungsgrundlagen sind im Verwaltungsstandpunkt VII-P-10058-VSP-01 ausführlich dargelegt. Wie dort beschrieben, sind Alternativen zur Baumfällung geprüft worden. Aufgrund des tiefgreifenden Eingriffs in die Standhaftigkeit des Baumes durch den Bau der Tiefgarage konnte keine andere Modifikation den Erhalt des Baumes gewährleisten.
Da durch den Bau der Tiefgarage vor allem der Wurzelbereich beschädigt bzw. beeinträchtigt wird, sind Anpassungen des Kronenbereichs ungeeignet, um den Baum standhaft zu halten. Ein weiterer Aspekt, der zur Entscheidung beitrug, war die Ausbreitung der Rußrindenkrankheit an Berg-Ahornen im Stadtgebiet. Die extreme Hitze und Trockenheit führten fast zum vollständigen Ausfall dieser Bestände in Leipzig.
Aus diesem Grund erschien es nach sorgfältiger Prüfung nicht sinnvoll, einen Baum zu erhalten, der durch Eingriffe im Wurzelbereich und Kronenmodifikationen zusätzlich geschwächt worden wäre.“
Das nennt man dann wohl: Die Katze beißt sich in den Schwanz.
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