Unsere heutigen Städte sind autogerecht gebaut. Also kaufen sich die Bewohner fleißig Autos und stellen sie in den begrenzten Straßenraum – gern auch gegen alle Regeln der StVO. Und wenn dann auf einmal alles zugeparkt ist, dann wird in der Regel über Stellplatzprobleme gejammert und von der Stadt gefordert, sie solle Quartiersgaragen bauen. Eine solche hat jetzt die CDU-Fraktion für die Eisenbahnstraße zur Prüfung beantragt. Wegen der neuen Schwimmhalle, die direkt an einer Straßenbahnhaltestelle liegt.

Man ahnt schon, was für fruchtlose Kämpfe im neu gewählten Stadtrat ab Herbst stattfinden werden, wenn die autoverliebten Fraktionen mit immer neuen Anträgen versuchen werden, die Entwicklung zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik (Fahrrad, ÖPNV, Fußverkehr) zurückzudrehen.

Mit Anträgen, die etwas fordern, was die Stadt gar nicht leisten kann – zum Beispiel den Bau von Quartiersgaragen, die sich nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre meist nur rechnen, wenn sie direkt an einen Supermarkt angeschlossen sind.

Wie hoch ist der Bedarf an Stellplätzen?

„An der Eisenbahnstraße/Otto-Runki-Platz entsteht aktuell Leipzigs modernste Sportschwimmhalle. Die Leipziger Sportbäder GmbH plant die Eröffnung der neuen Sportstätte noch im Jahr 2024. Schon heute ist in diesem Bereich ein sehr hoher Bedarf an Stellplätzen zu registrieren“, stellt die CDU-Fraktion in ihrem Antrag fest.

„Für Anwohner und Anlieger wird sich die Situation mit Inbetriebnahme der Schwimmhalle weiter verschärfen. Die kriegsbedingt verloren gegangene Blockrandbebauung südlich der Eisenbahnstraße, zwischen Neustädter Str./Hermann-Liebmann-Str., wird bereits heute teilweise als Parkplatz genutzt. Die Stadt sollte mit diesem Antrag ebenfalls prüfen, ob diese Quartiersgarage als nachhaltiges Bauwerk, aus nachwachsenden Rohstoffen, errichtet werden kann – dies könnte gegebenenfalls ein Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der HTWK werden.“

Pilotprojekt klingt immer gut.

Doch auch im Leipziger Osten verdichten sich inzwischen die Ansprüche, gibt es kaum noch freies Bauland – und das gehört in der Regel nicht der Stadt. Sie kann also nicht einfach irgendwo ein neues Parkhaus bauen. Ganz zu schweigen davon, dass ein solches privatwirtschaftlich betrieben werden muss.

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Errichtung eines Parkhauses im Bereich Eisenbahnstraße, Hermann-Liebmann- /Neustädter Straße zu prüfen“, beantragt also die CDU-Fraktion.

Reine Quartiersgaragen funktionieren nicht

Ob es ausgerechnet an der Eisenbahnstraße Bedarf an einer (zwangsläufig kostenpflichtigen) Quartiersgarage gibt, diesen Zweifel kann man aus der Antwort des Verkehrs- und Tiefbauamtes (VTA) sehr deutlich herauslesen. Man arbeite ja schon an einem Langfristkonzept zur strategischen Ausrichtung der Stadt Leipzig zum Thema Ruhender Verkehr.

„Im Zuge der Erarbeitung wird geprüft, ob und wenn ja, wo ein Bedarf an zusätzlichen Stellplätzen in Form von Quartiersgaragen- bzw. -Hubs besteht. Dabei werden ebenfalls Aussagen zu den Stadtteilen entlang der Eisenbahnstraße (Neustadt Neuschönefeld und Volkmarsdorf) getroffen“, stellt das VTA fest.

Und betont auch gleich, was bei den Wünschen nach Quartiersgaragen meist vergessen wird: „Die Erfahrung zeigt, dass jedoch reine Quartiersgaragen nur unter bestimmten Rahmenbedingungen wirtschaftlich hergestellt und betrieben werden können. Neben Quartiersgaragen wird deshalb auch der Ansatz des Quartiers-Hubs weiterverfolgt, der neben Kfz-Stellplätzen auch weitere Mobilitätsangebote verankert und ggf. zusätzliche Nutzungen, wie zum Beispiel Supermärkte oder Freizeitnutzung kombiniert.“

So einen Quartiers-Hub will die Stadt nach einem Stadtratsauftrag als Modellprojekt in Anger-Crottendorf untersuchen.

In der Verwaltungsvorlage heißt es dazu: „Bevor eine konkrete Planung vorgenommen werden kann, sind noch weitere Fragestellungen, insbesondere zum Bau und Betrieb eines solchen Quartiers-Hubs zu klären. Prinzipiell muss ein wirtschaftlicher Bau und Betrieb der Anlage gegeben sein. Errichtung und Unterhaltung von Stellplätzen für private Kfz können und sollen, mit Ausnahme von Stellplatzablösemitteln, nicht aus Haushaltsmitteln der Stadt subventioniert werden.

Es wird derzeit zusammen mit möglichen Akteuren geprüft, ob in einem Quartiers-Hub verschiedene Mobilitätsangebote (u.a. auch sichere Abstellplätze für Fahrräder, Sharing-Angebote, Paketstationen) sowie weitere Nutzungen (Einkaufsmöglichkeiten, Büroräume, Freizeitnutzungen) gebündelt werden können.“

Die Ergebnisse dieser Untersuchung will die Stadt im ersten Halbjahr 2025 vorlegen. Aber nach all den Diskussionen um Quartiersgaragen in den vergangenen Jahren ist eigentlich klar, dass so etwas nur mit Mehrfachnutzung funktioniert – und zwingend einen interessierten Investor braucht, für den sich der Betrieb rechnet.

Ob das ausgerechnet direkt an einer gut frequentierten Straßenbahnhaltestelle Sinn ergibt, wird die Untersuchung zeigen.

„Im Rahmen des Langfristkonzeptes werden deshalb auch generelle Aussagen zu einer wirtschaftlichen Herstellung und Betrieb von Quartiersgaragen und Quartiers-Hubs getroffen“, so das VTA. „Die Anregung des Antrags auf nachhaltige Bauwerke zu setzen, greift die Verwaltung gern auf und wird es zukünftigen Investoren und Betreibern mitgeben.“

Das Langfristkonzept zum Ruhenden Verkehr will die Stadt dann auch im 1. Halbjahr 2025 vorlegen.

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