Es ist manchmal erforderlich, etwas länger zu recherchieren und erst dann zu berichten, wenn man einige, wenn auch nicht alle, Informationen zusammen hat. Ein persönliches Wort des Autors sei gestattet: Ich bin „im Schatten des Freiladebahnhofs“, circa 300 Meter Luftlinie entfernt, aufgewachsen und habe selbst von 1979 bis 1982 dort, im Kraftwagenbetriebswerk der Deutschen Reichsbahn, gearbeitet. Die Bebauung des Areals liegt mir am Herzen, aber genug davon.

Die Vorgeschichte der Imfarr-Insolvenz wurde oft erzählt. Der An- und Weiterverkauf durch die CG-Gruppe von Christoph Gröner, der von einigen Medien gern als Experte für die Bau- und Immobilienbranche zitiert wird, ist ebenfalls auserzählt. Kommen wir zum aktuellen Stand.

Am 24. Juli 2024 kam die Nachricht, dass der Eigentümer des Freiladebahnhofs, die Imfarr Beteiligungs GmbH aus Wien, die mit dem Vorhabenträger „Leipzig 416“ das Projekt betreibt, Insolvenz angemeldet hat.

Die Stadt Leipzig hat mit der Projektentwicklungsgesellschaft „Leipzig 416“ einen Städtebaulichen Vertrag, (Stand 05.07.2023) abgeschlossen, der die Bebauung der Fläche und die Modalitäten der gemeinsamen Arbeit regelt. Das ist selbstverständlich eine Kurzfassung, der städtebauliche Vertrag ist hochkomplex.

Die „Leipzig 416“, der Vorhabenträger, ist eine GmbH, eingetragen beim Firmenbuch (Handelsregister) der Republik Österreich mit der Firmenbuchnummer FN 502002p, und hat ihren Sitz in Leipzig. Hier ist Holger Tschense, ehemals Bürgermeister für Umwelt, Ordnung und Sport in Leipzig, als Bevollmächtigter für das Genehmigungsverfahren tätig.

Wir haben ihn zum aktuellen Stand befragt.

Herr Tschense, in einigen Medien war die Rede von einem neuen Eigentümer des Freiladebahnhofs, der Oaktree Capital Management, einem Hedgefonds. Hat Imfarr das Gelände verkauft?

Zuerst: Die Oaktree Capital Management ist kein Hedgefonds, sondern ein „Alternative Investment Manager“, eine Investment-Gesellschaft.

Oaktree als Eigentümer zu bezeichnen ist auch nicht korrekt. Die Anteile sind an Oaktree für die Finanzierung verpfändet und aktuell hält Oaktree die Gesellschaften „Leipzig 416“ und „Leipzig 416 Management“ durch Liquidität am Leben. Die Verpfändung ist ähnlich dem Grundschuldeintrag einer Bank auf einem Gebäude.

Durch die Grundschuldeintragung übernimmt ja die Bank nicht das Gebäude, sondern sie kann im Fall der Verwertung ihre eigenen Ansprüche gegenüber anderen Gläubigern sichern. Das klingt kompliziert, aber in der Immobilienfinanzierung ist das häufig anzutreffen.

Vertragspartner des städtebaulichen Vertrags mit der Stadt Leipzig ist die „Leipzig 416“, die bei Vertragsabschluss für Imfarr die Projektentwicklung durchführte. Handelt die „Leipzig 416“ jetzt für Oaktree?

Die „Leipzig 416“ handelt nach wie vor als Vorhabenträger, wie von Anfang an. Bei allen Ausgaben und wichtigen Entscheidungen muss diese Gesellschaft seit Anfang 2023 Oaktree, den Pfandnehmer, fragen.

Laut Immobilienzeitung vom 15. Juli 2021 erwarb die Gateway Real Estate das Baufeld 23 auf dem Freiladebahnhof. Was ist mit dieser Beteiligung?

Die Gateway hatte damals nur die Finanzierung für den nachträglichen Kauf des Baufeldes 23 übernommen. Diese wurde 2023 abgelöst und die Gesellschaft gehört seit 2023 direkt zum Vorhabenträger.

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Wie es genau weiter geht, konnte Holger Tschense auch nicht auf den Tag genau sagen. Er zeigte sich aber optimistisch, was das Vorhaben betrifft. Die Erschließungsarbeiten, hier der Tiefbau mit Leitungsumverlegungen, soll noch im Jahr 2024 starten.

Die Zinsen und auch die Baupreise steigen momentan nicht weiter, geben sogar etwas nach und Interessenten, die die Baufelder kaufen und bebauen wollen, gibt es auf jeden Fall.

Fazit: Wir müssen wohl abwarten, was die Oaktree Capital Management mit dem verpfändeten Eigentum anfängt. Das ist eine der offenen Fragen. Da einige der wichtigen Akteure der Stadtverwaltung zum Zeitpunkt der Insolvenz von Imfarr im Urlaub waren, braucht auch die Stadtverwaltung noch Zeit, bis sie sich sachgerecht positionieren kann. Man kann hoffen, dass Fragen der Fraktionen, wenn diese gestellt werden, zur nächsten Ratsversammlung beantwortet werden und die Bürgerinnen und Bürger zeitnah informiert werden.

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