Die Frage, welche die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke) gestellt hatte, war eigentlich ganz einfach: โ€žWann wird die Aufhebung der Sรคchsischen Waffenverbotszonenverordnung inklusive Demontage der noch verbliebenen Schilder erfolgen?โ€œ Leipzigs Verwaltung mรถchte schon gern damit rechnen, dass dieses Experiment 2024 endet. Aber Sachsens Innenminister will sich nicht festlegen.

Er antwortete auf die Landtagsanfrage von Juliane Nagel einmal mehr ausweichend und nebelhaft: โ€žDie auf der Basis der Evaluation der Waffenverbotszone in Neustadt-Neuschรถnefeld bzw. Volkmarsdorf getroffenen Vereinbarungen mit der Stadt sind Grundlage fรผr das gemeinsame Vorgehen.

Das Staatsministerium des Innern hat sich in der Vergangenheit stets offen hinsichtlich der Beendigung der Waffenverbotszone gezeigt, wenn diese mit der Umsetzung der aus ihrer Evaluation gewonnenen Erkenntnisse in einem strategischen Handlungskonzept entbehrlich wird.โ€œ

Die Antwort des Innenministers auf die Anfrage zur Waffenverbotszone

Die Stadt selbst spricht von einem umzusetzenden MaรŸnahmenplan, der von Seiten der Stadt Leipzig auch Stรผck fรผr Stรผck umgesetzt werde, sodass man eigentlich 2024 an das Ende der Waffenverbotszone denken kรถnne.

Wohin mit der Polizeistation?

Der Freistaat Sachsen muss dabei eigentlich nur einen einzigen Punkt umsetzen: die Einrichtung einer Polizeistation im Umfeld der EisenbahnstraรŸe.

Aber das fรคllt der Polizei ganz sichtlich schwer, wie auch Innenminister Armin Schuster zugeben muss: โ€žDas abgestimmte Handlungskonzept enthรคlt die Etablierung eines Polizeistandortes im Bereich EisenbahnstraรŸe. Hierzu wurden mehrere Objekte in Betracht gezogen. Es wurden im Zusammenwirken von Polizeidirektion (PD) Leipzig, Stadt Leipzig und dem Staatsbetrieb Sรคchsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) folgende Varianten geprรผft:

Nachnutzung des Objektes in der EisenbahnstraรŸe 49, Integration in die Stadtteilbibliothek am Otto-Runki-Platz, Containervariante als Interimslรถsung bis Fertigstellung Stadtteilbibliothek am Otto-Runki-Platz.

Keine der genannten Varianten erwies sich als geeignet. Aktuell laufen die Abstimmungen zwischen der PD Leipzig, der Stadt Leipzig und SIB รผber die Nutzung einer alternativen Lรถsung. Ein konkreter Erรถffnungstermin kann derzeit noch nicht genannt werden.โ€œ

Aber gerade die Einrichtung der Polizeiwache erweist sich immer mehr als Hauptgrund der Verzรถgerung. Also wird weiter kontrolliert, obwohl auch der Freistaat seit 2021 zumindest signalisiert hat, dass er die Waffenverbotszone aufzuheben bereit wรคre.

Sie gilt รผbrigens auch dann, wenn die Schilder dazu demontiert oder besprรผht und beklebt und damit nicht mehr erkennbar sind, wie der Innenminister betont: โ€žAuf Grundlage der am 19. Oktober 2018 verรถffentlichten โ€šVerordnung des Sรคchsischen Staatsministeriums des Innern รผber die Einrichtung einer Verbotszone zum Schutz vor Waffen und gefรคhrlichen Gegenstรคnden in Leipzigโ€˜ sind mit Inkrafttreten dieser die entsprechenden Regelungen zu beachten. Fรผr die Kontrollen im Sinne der Fragestellung ist es daher unerheblich, ob die Hinweisschilder zum Teil nicht mehr vorhanden oder erkennbar sind.โ€œ

Update, 2. April 2024

Juliane Nagel: Das Festhalten an der Waffenverbotszone ist reine Symbolpolitik

Seit drei Jahren steht fest, dass die Waffenverbotszone um die EisenbahnstraรŸe im Osten Leipzigs unwirksam ist. Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (Az.: 6 C 22/19 vom 24. Mรคrz 2021) setzte ein Prinzip dieser Verordnung, welcher das Mitfรผhren โ€žgefรคhrlicher Gegenstรคndeโ€œ verbot, auรŸer Kraft. Die Evaluierung durch Innenministerium, Universitรคt und Stadt Leipzig kam zur selben Zeit zum Schluss, dass die Sonderkontrollzone das Kriminalitรคtsaufkommen nicht senkte und das Sicherheitsgefรผhl der Anwohner nicht verbesserte.

Ihre Kleine Anfrage zeigt, dass das Innenministerium die Abschaffung der Waffenverbotszone hinauszรถgert. Im Bereich EisenbahnstraรŸe wird weiter kontrolliert, obwohl fast alle Hinweisschilder verschwunden sind, unkenntlich gemacht oder beschรคdigt wurden.

โ€žAlle Fakten sprechen fรผr die Abschaffung der Waffenverbotszone. Diese ist wirkungslos, stempelt ganze Stadtteile ab und wird von der Bevรถlkerung zurecht abgelehnt. Auch der Leipziger Stadtrat hat sich mehrfach fรผr die Beendigung dieser MaรŸnahme ausgesprochen. Trotzdem existiert die Sonderkontrollzone noch solange, bis in dem Bereich ein Polizeiposten errichtet wird. Dafรผr ist aber noch keine Immobilie gefunden.โ€. erklรคrt Juliane Nagel.

Und weiter: โ€žDie Polizei รผbt die ausufernden Kontrollbefugnisse weiter aus, obwohl die Hinweisschilder fehlen. Das ist rechtlich bedenklich. Denn die Menschen in dieser 70 FuรŸballfelder groรŸen Zone wissen schlieรŸlich so nicht, was sie dort erwarten kann: Kriminalisierung sowie anlasslose und verdachtsunabhรคngige Kontrollen und Durchsuchungen. Die Waffenverbotszone ist Symbolpolitik. Anstelle von Kontrollzonen und Phrasen aus dem Innenministerium sind MaรŸnahmen nรถtig, die den Leipziger Osten sozial, lebenswert und sicher machen. Wer Kriminalitรคt bekรคmpfen will, muss ihre Ursachen beseitigen. Das beginnt damit, jungen Menschen bessere Bildungschancen zu bieten, und geht mit dem Kampf gegen Armut weiter. Auch deshalb kรคmpfen wir fรผr niedrige Mieten.โ€œ

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Von den Schildern steht schon lange kein einziges mehr.
Aber schรถn, dass es dem Innenminister ausreicht, dass es mal irgendwann verรถffentlicht wurde, dass es rings um die EisenbahnstraรŸe eine per Gerichtsurteil rechtswidrige, grundrechtslose Zone gibt, wo Polizei tun und lassen kann, was sie will.

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