100 Jahre kanalisierte Flüsse haben auch in den Köpfen der meisten Leipziger Folgen: Sie können sich nicht mehr vorstellen, wie ein naturnaher Fluss eigentlich aussieht. Das machte auch eine Einwohneranfrage von Denis Döhler deutlich, der sich einerseits darüber freute, dass der Abtnaundorfer Teich endlich saniert wird.
Gleichzeitig sah er gleichwohl den Zustand der Parthe im Abtnaundorfer Park als kritisch an. Aber gerade dort geht es der Parthe sogar noch gut, antwortete ihm das Amt für Stadtgrün und Gewässer.
„Leider ist die Parthe ebenfalls in den letzten 30 Jahren (fast) nie gereinigt worden. Weshalb das Flussbett verlandet, Uferbereiche zugewachsen oder auch wegbrechen und sich die Parthe als solche in einem extrem schlechten Zustand zeigt“, hatte Denis Döhler in seiner Einwohneranfrage geschrieben.
„Die Parthe sowie die angrenzenden Bereiche des Abtnaundorfer Parks dienen dem Hochwasserschutz, wie aus entsprechenden Plänen erkennbar ist. Jedoch kann nur ein gut gepflegtes Flussbett entsprechende Wassermengen aufnehmen und weitertransportieren.
Hierzu ist zu sagen, dass das Flussbett der Parthe vor ca. 80 Jahren wegen der Ansiedlung von Wohnhäusern und Industrie (u.a. Wollkämmerei) zwischen Thekla und Schönefeld begradigt und ein neues Flussbett angelegt wurde.
Hochwasserschutz, der Schutz der Natur (Landschaftsschutzgebiet/FFH-Gebiet) und ein ordnungsgemäßer Erhalt von Fließgewässern (Parthe) sowie davon abführende künstliche Gewässer (Teichgraben Abtnaundorf) funktioniert nur im Ganzen, wenn alle Bestandteile entsprechend erhalten und gepflegt werden – einschl. notwendiger regelmäßiger Pflege, Reinigungen und notwendiger Sanierungen.“
Es geht um einen naturnahen Fluss
Doch genau das trifft so nicht zu, was das Amt für Stadtgrün und Gewässer in seiner Antwort sogar einmal ausführlich erklärt.
Erstens ist auch nicht die Stadt für die Parthe zuständig, sondern die Landestalsperrenverwaltung, denn die Parthe ist ein Gewässer 1. Ordnung und damit in Landeshoheit.
Aber auch die Flussmeisterei der Landestalsperrenverwaltung wird sich hüten, die Parthe zu bereinigen wie einen Kanal.
„Selbstverständlich muss der sogenannte ordnungsgemäße Abfluss der Fließgewässer gewährleistet und die Ufer erhalten werden“, stellt das Amt für Stadtgrün und Gewässer fest. „Hier liegt der Fokus aber nicht auf der ‚traditionellen‘ Pflege mit häufiger Sedimententfernung und Böschungsmahd. Vielmehr muss den ökologischen Funktionen und Wirkzusammenhängen Rechnung getragen werden.“
Und da kommen jetzt auch die europäischen Vorgaben ins Spiel, wie ein gesunder Fluss eigentlich aussehen soll: „Gemäß Europäischer Wasserrahmenrichtlinie müssen alle Gewässer bis 2027 in einen guten ökologischen Zustand und einen guten chemischen Zustand versetzt werden. Gemessen wird dies am Arteninventar der Gewässer, also an Plankton, Wasserpflanzen, wirbellosen Tieren wie Schnecken, Muscheln, aber auch Fliegen- und Libellenlarven sowie Fischen.
Je abwechslungsreicher die Lebensräume (Habitate) in und an den Gewässern sind, desto vielfältiger ist auch das Arteninventar und das Selbstreinigungsvermögen der Gewässer, wovon wir Menschen wiederum profitieren.“
Das gilt auch für die Parthe, die aber eben in großen Teilen kanalisiert ist und in überhaupt keinem ökologisch guten Zustand. Gerade im Abtnaundorfer Park darf sie sogar weitgehend wie ein richtiger Fluss fließen.
„Um eben diese Lebensraumdiversität zu schaffen, müssen die Gewässer naturnah gestaltet werden. Hierzu sind Gehölzbestände im und an den Ufern, Totholz, sandiges und kiesiges Material im Gewässerbett, schnelle und langsame Strömungsabschnitte essenziell“, erläutert das Amt für Stadtgrün und Gewässer.
„Und damit bedeutet Gewässerunterhaltung im Falle der Parthe: so viel Sedimentberäumung wie nötig (Gewährleistung ordnungsgemäßer Abfluss), aber so wenig wie möglich. Eine regelmäßige ‚Grundreinigung‘ der Parthe, wie in der Einwohneranfrage formuliert, wird es nicht geben. Vielmehr werden gerade im relativ naturbelassenen Partheabschnitt im Abtnaundorfer Park Uferabbrüche soweit möglich belassen.
Die Unterwasservegetation wird im Wesentlichen nur dort entnommen, wo sich ein starker Rückstau bilden kann, wie z.B. an Brücken. Umgestürzte Bäume und Treibgut werden als Strukturelemente für mehr Abflussdynamik im Gewässer belassen.“
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