Es dauert. Manchmal nur zwei Jahre von einem heiß umkämpften Stadtratsbeschluss bis zur Umsetzung durch die Stadt. Tatsächlich ist die Forderung aus den vom Fluglärm belasteten Ortsteilen im Leipziger Norden noch viel älter. Schon 2016 forderten sie eigene Messstellen für die Stadt. 2021 wurde dann ein Grünen-Antrag zum Stadtratsbeschluss gefasst, auch wenn es statt fünf nun nur drei mobile Messstellen geben wird. Aber immerhin.
Und wenn auch etwas spät. Denn eigentlich sollte der Stadtratsbeschluss schon 2022 umgesetzt werden: „Der Oberbürgermeister wurde mit Beschluss der Ratsversammlung vom 10. November 2021 zur Vorlage VII-HP-05094-NF-02 beauftragt, den Aufbau und Betrieb von drei kommunalen Fluglärmmessstationen an Standorten in Lindenthal/Breitenfeld, Lützschena-Stahmeln (oberhalb der Halleschen Straße) und Burghausen/Gundorf bis zum III. Quartal 2022 zu realisieren und die Daten regelmäßig auszuwerten“, heißt es in der Vorlage des Amtes für Umweltschutz.
105.000 Euro wird die Anschaffung der drei Messstellen kosten. Man hat sogar mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) und der Flughafen Leipzig/Halle GmbH zusammengearbeitet.
Nur orientierender Charakter?
Das Ergebnis überrascht dann freilich nicht: „Wesentliches Resultat der Standortprüfung ist, dass die vorgesehenen Fluglärmmessungen in den benannten Ortsteilen nicht konform zur DIN 45643 durchgeführt werden können, sondern nur in Anlehnung an deren Vorgaben. Stadteigene Messungen können daher lediglich einen orientierenden Charakter haben.“
Da sollte wohl besser stehen: einen informierenden Charakter. Denn der Flughafen Leipzig/Halle hält sich bislang deutlich zurück, ein wirklich dichtes Messstellennetz zu unterhalten. Während rund um den Flughafen Frankfurt 29 feste und drei mobile Messstellen im Einsatz sind, betreibt der Flughafen Leipzig/Halle nur zehn. Die zwar allesamt regelmäßig überhöhte Lärmwerte gerade in den Nachtstunden anzeigen. Aber das hat an Nachtflugbetrieb bislang keine Änderungen nach sich gezogen.
Genauso wenig wie die Fluglärmbelastung in den angrenzenden Leipziger Ortsteilen, wo es vor vier Jahren durch eine mobile Messstation auffällige Abweichungen von den sonstigen Lärmmodellierungen des Flughafens gab. Der Fluglärm strahlt viel stärker ins Leipziger Stadtgebiet, als es die amtlichen Fluglärmberichte suggerieren.
Messungen werden öffentlich gemacht
Aber die Leipziger Messungen werden nicht unter den Tisch fallen. Denn die Stadt will die Messergebnisse im selben Portal veröffentlichen, wo auch einige der amtlichen Messungen des Flughafens selbst erscheinen: auf der Website vom Deutschen Fluglärmdienst e. V.
„Zur kontinuierlichen Auswertung sollen die gemessenen Daten in das Portal des DFLD übertragen werden, welcher eine automatische Darstellung und Auswertung der Messdaten auf seiner Internetpräsenz anbietet“, betont das Amt für Umweltschutz.
Im Doppelhaushalt 2023/2024 sind deshalb jährliche Kosten von 10.000 Euro u. a. für die Auswertung über den DFLD, Wartung und Kalibrierung der Messgeräte, Handyverträge und Strom bewilligt.
„Die Vergabe zur Anschaffung und Inbetriebnahme der geplanten Fluglärmmessstationen soll im Jahr 2023 erfolgen. Nach deren Lieferung sollen diese zeitnah aufgestellt und betrieben werden“, erklärt das Amt für Umweltschutz, betont aber auch, dass die Lieferzeiten nicht abschätzbar sind und eine Inbetriebnahme möglicherweise erst 2024 erfolgen kann.
Geklärt werden muss dann freilich noch, in welchen der Ortsteile die Messtationen in welcher Abfolge und für welche Zeitdauer aufgestellt werden. Die vom Fluglärm am stärksten betroffenen Leipziger Ortsteile sind Lindenthal, Breitenfeld, Lützschena-Stahmeln, Burghausen, Gundorf und eigentlich auch Seehausen, das in der Auflistung der Stadt bislang noch fehlt.
Es gibt 2 Kommentare
Ein Artikel zur Entstehung und zum Inhalt der DIN gibt dafür Anhaltspunkte: https://pub.dega-akustik.de/DAGA_2011/data/articles/000029.pdf
Ich vermute, dass die im Abschnitt “Wahl des Messortes” genannten Bedingungen nicht alle eingehalten werden. Wie man dem Abriss der Entstehungsgeschichte entnehmen kann, ist diese Norm ohnehin nicht unbedingt am Stand der Technik, sondern bereits an Kompromissen mit den Flugplatzbetreibern ausgerichtet. Insofern werden die Messungen zweifach, zum einen durch das bewusst veraltete Mess- und Auswertungsverfahren der DIN, zum anderen durch die nur “orientierend” zu verwendenden Standorte in ihrer Wirksamkeit begrenzt.
Weiß jemand, was in diesen Fällen die Unterschiede zu einer DIN-konformen Messung sind?
Wenn diese regelmäßig kalibriert werden – dann sind diese Messungen doch auch als Nachweis für evtl. erhöhte Lärmmesswerte verwendbar. Warum nur “orientierend”?