Es ist einiges seltsam gelaufen bei den Planungen zum Wilhelm-Leuschner-Platz oder besser: dem, was Leipzigs Stadtverwaltung draus gemacht hat. Denn das meiste, was unter „Wilhelm-Leuschner-Platz“ verkauft wird, gehört überhaupt nicht dazu, sondern zum Roßplatz und zum einstigen Markthallenviertel. Aber wer von Anfang an Workshops mit riesigen Kubaturen veranstaltet, bekommt riesige Kubaturen – aber keinen Artenschutz. Der NABU ist inzwischen richtig sauer. Im Mai ist Gerichtstermin.
Durch die geplante Bebauung des Wilhelm-Leuschner-Platzes gehen wertvolle Lebensräume verloren. Im Eiltempo wurden bereits 2021 und 2022 auf der Fläche zwischen Windmühlenstraße und Brüderstraße viele Gehölze gerodet und Stadtnatur zerstört. Dabei wurden nach Auffassung des NABU rechtliche Belange des Arten- und Biotopschutzes bei Baumfällungen nicht ausreichend berücksichtigt, weshalb der NABU Sachsen juristisch gegen die Fällungen vorgeht.
Bebauung zerstört Lebensräume
Dieser Rechtsstreit dauert bereits seit 2021, für Mai 2023 ist nun ein Gerichtstermin angesetzt, in dem vor dem Verwaltungsgericht die Klage des NABU verhandelt werden wird.
Unterdessen fanden auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz weitere Fällungen statt, für die es keine Genehmigung gab, und die deshalb gestoppt wurden. Außerdem wurde der Antrag des NABU, einen 140 Jahre alten Silberahorn auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz als Naturdenkmal zu schützen, abgelehnt. Zugleich wurde bekannt, dass das Beton-Pflaster vor dem Bowlingtreff unter Denkmalschutz stehe. „Symbolhafter kann man die verfehlte Stadtpolitik kaum zum Ausdruck bringen“, kommentiert der NABU.
Durch die geplante Bebauung des Wilhelm-Leuschner-Platzes gehen selten gewordene Lebensräume wie große Strauchgruppen aus heimischen Gehölzen und alte Bäume ersatzlos verloren, darauf hat der NABU Leipzig schon frühzeitig hingewiesen. Dennoch wurden die Pläne ohne Rücksicht auf Biodiversität und Stadtklima vorangetrieben.
Schutz für Beton – nicht für Bäume
Unterdessen gab es auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz weitere Fällungen. Anwohner hatten am 25. Januar 2023 darauf hingewiesen. Nach Auskunft der Baumschutzbehörde gab es keine Genehmigungen für die Fällungen, die deshalb gestoppt wurden. Dessen ungeachtet meldeten Anwohner am 2. Februar 2023, dass wieder Sträucher und kleinere Bäume gefällt wurden. Appelle des NABU Leipzig, die Stadtnatur auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz wirksam zu schützen, bleiben von der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik weitgehend unberücksichtigt.
Daher hatte der NABU Leipzig eine weitere Initiative gestartet, um wenigstens die wertvollsten Gehölze in der Stadt zu retten: Der Stadtverwaltung wurde eine Liste mit Vorschlägen für Naturdenkmale übergeben, darunter befand sich auch ein rund 140 Jahre alter Baum auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Das Amt für Umweltschutz hat es allerdings abgelehnt, diesen Baum als Denkmal auszuweisen.
Und während dieser Antrag zum Schutz eines Naturdenkmals abgelehnt wurde, berichtete kürzlich eine Zeitung, dass das Beton-Pflaster vor dem Bowlingtreff unter Denkmalschutz stehe. Es fällt also Leipziger Behörden leicht, Beton und Flächenversiegelung unter Schutz zu stellen, nicht aber alte Baumriesen.
NABU-Klage kommt im Mai vor Gericht
Der Rechtsstreit dauert bereits seit 2021, für Mai 2023 ist nun ein Gerichtstermin angesetzt, in dem vor dem Verwaltungsgericht die Klage des NABU verhandelt werden wird. Für die Kosten des Verfahrens bittet der NABU um Spenden.
Mit der mündlichen Verhandlung wird ein weiteres Kapitel in diesem Rechtsstreit aufgeschlagen. 2022 gab es bereits ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht, denn auf dem Platz sollten so schnell wie möglich alle Bäume gefällt werden. Mit einem Eilantrag wollte der NABU das verhindern, was aber weitgehend erfolglos blieb.
Allerdings fanden nach der Rodung bis heute keinerlei Bautätigkeiten statt, weshalb die Begründung für die verheerenden Rodungen im Eiltempo offensichtlich haltlos war, es wurden lediglich Tatsachen geschaffen und Natur zerstört – allen Bürgerprotesten zum Trotz, kritisiert der NABU.
Durch diese Vorgehensweise der Stadtverwaltung sind außerdem zusätzliche Kosten entstanden, wofür jetzt in Verlautbarungen und in Umkehrung der tatsächlichen Gründe die Naturschützer verantwortlich gemacht werden.
Der NABU Leipzig wird die Initiative zur Ausweisung von Naturdenkmalen weiter verfolgen und möchte auch den Stadtrat darauf aufmerksam machen.
Es gibt 3 Kommentare
ganz genauso geht die Stadt Leipzig im Kleid des SEB (städtischer Eigenbetrieb für Behinderte) am Störmthaler See vor…unter dem Etikett “Inklusions-Campingplatz”…ja ein tolles Projekt, aber ein unter BundesNaturschutzGesetz stehender Schilfgürtel und ruderal Flächen mit nachgewiesnenen 123 geschützten Arten soll gerodet werden !!! O-Ton: “wir sind in guten Gesprächen mit der Unteren NAturschutz Behörde des LAndkreises…das können wir alles “ausgleichen”. NEIN, devaSTIERTE nATUR LÄSST SICH NICHT AUSGLEICHEN 1
So bigott, wie die “grüne” Stadt Leipzig hier vorgeht, frage ich mich, ob das Baumfällen ohne Genehmigung nicht auch strafrechtliche Konsequenzen hat? Oder kann man mehrere Versuche starten, und das bleibt folgenlos?
Über die Sache mit dem Pflaster habe ich mich auch sehr gewundert. Es hieß, das wäre Knochenpflaster, also Betongut, was inflationär eingesetzt wurde und keinen sonderlichen Wert haben dürfte.
Oder hat da jemand was verwechselt?
Danke, NABU. Die Daumen sind gedrückt.