Eigentlich ist es höchst ärgerlich. Da wurde nun die Bornaische Straße fast auf ganzer Länge komplett erneuert und modernisiert, wurden neue Gleise verlegt und barrierefreie Haltestellen gebaut. Sogar Radwege wurden ordentlich mit eingebaut. Aber nur bis zur Wiedebachstraße. Dann enden sie abrupt. Das soll sich ändern. Denn am 14. September wurde die Petition von Corina Vierkorn vom Stadtrat positiv votiert.
Eigentlich ist es sogar eine Petition der Linken aus dem Leipziger Süden, die gar nicht erst den Umweg über die Ratsfraktion der Linken genommen hat, sondern direkt ins Verfahren ging und im Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) auf direkte Zustimmung stieß.
Eine fast durchgehende Verbindung
„Die Bornaische Straße wurde zwischen Wiedebachplatz bis Ecksteinstraße im Jahr 2020 wunderbar ausgebaut. Im Zuge dieser Komplexmaßnahme wurde auch ein neuer Radfahrstreifen hergestellt. Nun ist es fast über die gesamte Strecke vom Agra-Gelände über die Bornaische Straße und weiter über die Karl-Liebknecht-Straße möglich, mit dem Fahrrad in die Innenstadt zu gelangen“, lobt die von Corina Vierkorn eingereichte Petition die Verwaltung für den Umbau der Bornaischen Straße.
„Aber nur fast! Ein wichtiges Stück zwischen Wiedebachplatz und Connewitzer Kreuz fehlt immer noch. Hier müssen sich Radfahrende für ca. 200 m in den fließenden Kfz-Verkehr einreihen und hoffen, nicht zwischen Straßenbahn und Schiene und sich öffnende Autotüren zu geraten.“
Der 14. September zeigte dann ziemlich deutlich, warum die Stadt hier seit Jahren noch keine Radwege angelegt hat. Denn das liegt am alten Denken, das auch die Straßenplanungen in Leipzig lange Zeit beherrschte. Doch während das Verkehrs- und Tiefbauamt sichtlich dazugelernt hat und sich die 2018 beschlossene Mobilitätsstrategie zunehmend zu eigen macht, steht die CDU-Fraktion im Stadtrat für das alte, vom Auto bestimmte Denken.
Und so äußerte sich jetzt auch CDU-Stadtrat Karsten Albrecht, der den Fortfall der Längsparkplätze in diesem Abschnitt für geschäftsschädigend hält und für die ansässigen Händler „massive Umsatzeinbrüche“ prophezeite.
Dergleichen aber ist bislang nirgendwo eingetreten, wo die Stadt neue Radfahrstreifen angeordnet hat. Autofahrer nehmen zwar mit ihren Mobilen jede Menge Platz vor den Läden in Anspruch. Aber sie sind gerade in den Ortsteilen nicht der Hauptteil der Kundschaft, denn der kommt – auch in Connewitz – vorwiegend zu Fuß und mit dem Rad.
Und das sieht längst auch das VTA so, dessen Vorschlag der Petitionsausschuss am 14. September zum Beschluss in den Stadtrat gab:
„Die Petition begehrt in ihrem Punkt 1 die Prüfung der Einordnung beidseitiger Radfahrstreifen in der Bornaischen Straße zwischen Wiedebachplatz und Connewitzer Kreuz. Der Sachverhalt wurde bereits mit folgendem positiven Ergebnis geprüft:
Zielstellung für einen Umbau der Bornaischen Straße im o.g. Abschnitt ist die Fortführung auf Basis des Straßenquerschnitts des bereits realisierten Abschnitts von Wiedebachplatz bis Ecksteinstraße mit einer asymmetrischen Lage der Straßenbahngleise, die bei Erhalt der beiden Baumreihen auch die gewünschte beidseitige Einordnung von Radfahrstreifen und die einseitige Einordnung eines Streifens für Kurzzeitparkplätze und Andienung ermöglicht.
Allerdings wurden in dem Abschnitt in der Vergangenheit bereits die Gleise mit dem für die zukünftig breiteren Straßenbahnwagen nötigen größeren Achsabstand erneuert, um zeitgerecht die durchgängige Nutzung bis zum Straßenbahnhof Dölitz zu gewährleisten. Die nächste Erneuerung der Gleise ist hier frühestens ab 2032, eher später, erforderlich.
Um die genannte Zielstellung zu verwirklichen, ist eine Veränderung der Lage der Gleise und ein kompletter Umbau der Straße wie in den anderen realisierten Abschnitten erforderlich. Diese Baumaßnahme muss wieder als Komplexbaumaßnahme LVB / Stadt / Versorgungsunternehmen realisiert werden. Ein Bau ist in Abhängigkeit der Einordnung anderer Baumaßnahmen und entsprechend dem Gleiszustand daher frühestens ab 2032 möglich.“
Bis dahin klingt es wie eine Ablehnung, ist aber eigentlich nur das Eingeständnis, dass die zuständigen Planer beim letzten Umbau dieses Straßenabschnitts geschlafen bzw. die Belange des Radverkehrs einfach ignoriert haben. Offiziell gezählt wurden hier 2021 im Schnitt 2.720 Radfahrende am Tag. Eine ganze Menge, die man nicht wirklich verkehrssicher einfach auf die Biedermannstraße verlagern kann, wie Albrecht vorschlug. Ganz abgesehen davon, dass sie dann gar keinen Anschluss zu den neu gebauten Radwegen in der Bornaischen haben.
Anhörung noch 2022
Und das heißt nun einmal auch aus der Perspektive des Leipziger Radverkehrsentwicklungsplans: Das fehlende Stück Radstreifen muss möglichst bald geschaffen haben.
In der Vorlage des Petitionsausschusses heißt es dazu: „In Punkt 2 begehrt die Petition zudem die Prüfung, ob ein beidseitiger Radfahrstreifen bis zu einer Komplexbaumaßnahme als Interim angelegt werden kann. Da die Bedingungen für den Radverkehr in diesem Abschnitt in der Tat nicht zufriedenstellend sind, strebt die Verwaltung an, bereits im Vorgriff Radfahrstreifen unter Aufgabe des Längsparkens anzuordnen. Dazu wird die notwendige verkehrsrechtliche Anhörung durchgeführt.“
Womit die Parkplätze dort wegfallen dürften. Was dann aber wohl eher ein Problem der dort Wohnenden ist als das der Gewerbetreibenden.
Die verkehrsrechtliche Anhörung zu dieser Veränderung im Straßenabschnitt zwischen Wiedebachstraße und Connewitzer Kreuz soll noch im vierten Quartal 2022 stattfinden.
Und wie zu erwarten stimmten vor allem die beiden Auto-Fraktionen CDU und AfD gegen den Vorschlag des Petitionsausschusses.
Im Ergebnis bekam der eine deutliche Mehrheit von 38:22 Stimmen. Es könnte also schon bald Radstreifen auf diesem hoch frequentierten Straßenabschnitt geben.
Keine Kommentare bisher