Ohne Corona hätte es einen scheppernden großen Empfang gegeben für den neuen Standort der Sächsischen Aufbaubank an der Gerberstraße. War ja teuer genug, das kleine Schmuckstück, das mit seinen vielen frei stehenden Säulen durchaus außerirdisch wirkt. Seit dem 1. Juli zogen die ersten Mitarbeiter/-innen in ihre Büros. Seit Dienstag, 13. Juli, ist das Haus offiziell in Betrieb gegangen.
Mit dem sukzessiven Einzug von zunächst rund 200 Beschäftigten am 1. Juli 2021 wurde der Neubau der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank – (SAB) in der Gerberstraße 5 in Leipzig eröffnet. Das vom Londoner Architekturbüro ACME entworfene Ensemble ist besonders durch sein Forum, einem öffentlich zugänglichen Vorplatz mit 159 Säulen, ein Blickfang.Dr. Katrin Leonhardt, Vorstandsvorsitzende der Sächsischen Aufbaubank, erklärt zur Aufnahme des Betriebs am neuen Standort Leipzig: „Mit dem SAB-Forum haben wir nicht nur ein Bürogebäude errichtet, sondern tragen mit dem städtebaulichen Ensemble zur Quartiersentwicklung bei und schaffen für die Stadt Leipzig einen öffentlichen Raum. Mit Veranstaltungen, den im Gebäude öffentlich zugänglichen Wandreliefs von Wegbereitern der Leipziger Schule sowie dem frei zugänglichen Säulengarten wollen wir uns für die Leipzigerinnen und Leipziger und ihre Gäste öffnen. Die Lage des neuen SAB-Sitzes in Leipzig und der Metropolregion Mitteldeutschland unterstützt den geplanten Ausbau der Kunden- und Partnerorientierung der Bank.“
Das Ensemble besteht aus zwei Teilen: das „private“ Gebäude und das „öffentliche“ Forum, dem Säulengarten. Der L-förmige, nachhaltig errichtete Verwaltungsbau mit Erdgeschoss und vier Obergeschossen ist ausgelegt für bis zu 500 Arbeitsplätze. Das Erdgeschoss enthält neben dem Betriebsrestaurant sechs Kundenberatungsräume, ein Auditorium und einen Konferenzbereich. Außerdem sind dort drei unter Denkmalschutz stehende Wandreliefs aus dem ehemaligen Robotron-Gebäude ausgestellt.
Die Reliefs entstanden 1969 als Auftragsarbeit durch die damals noch jungen Künstler Arno Rink, Frank Ruddigkeit und Klaus Schwabe. Die großformatigen Werke der Wegbereiter der Leipziger Schule spiegeln den euphorischen Zeitgeist des „Sputnik-Jahrzehnts“ sowie der „Ost-Moderne“ wider. Die SAB versteht die Bergung, Restaurierung und öffentliche Präsentation in ihrem Neubau als Verpflichtung gegenüber dem Erbe des Ortes sowie als Grußgeste an die Stadt Leipzig und ihre vitale Kunstszene.
Die Büroetagen der Bank, die u. a. die Ideen- und Arbeitsfläche „InnoLab“ beherbergen, sind für größtmögliche Flexibilität konzipiert, um auf künftige Entwicklungen in der Arbeitswelt vorbereitet zu sein. Offene Treppen und unterschiedliche Balkone zum Forum hin eröffnen vielfältige Perspektiven und fördern die Kommunikation unter den Beschäftigten.
Das Forum ist ein der SAB vorgelagerter Säulengarten bestehend aus 159 Säulen mit ca. 20 Meter Höhe. Am Gebäude selbst befinden sich weitere 92 Säulen, davon 68 frei stehende sowie 24 das Gebäude durchdringende Säulen. Als konstruktiver Sonnenschutz tragen sie zur Verschattung der Fassade bei.
Die aus Schleuderbeton gefertigten Säulen mit Durchmessern von 0,4 bis 1,1 m haben pilzförmige mit Glasfasergewebe bespannte Kapitelle mit Durchmessern von 2,5 bis 5 Metern.
Der Entwurf der Freianlagen stammt von Vogt Landschaftsarchitektur und die Ausführungsplanung von Simons & Hinze Landschaftsarchitekten. Mit den sich klar abzeichnenden grünen Inseln und dem Wasserspiel nehmen die Landschaftsplaner Bezug auf den um 1777 an dieser Stelle erbauten Löhrs Garten, einem der ersten landschaftlichen Bürgergärten Deutschlands.
Das SAB-Forum in Leipzig bezieht sich auf den klassischen Typus eines Bankgebäudes und gibt seiner traditionellen Typologie eine neue Gestalt. Das Londoner Architekturbüro ACME hat eine „neue Form, maßgeschneidert für die SAB, den Ort und die Funktion einer Förderbank im 21. Jahrhundert“ entworfen.
Kein Sockel oder Portikus prägen das Bild, sondern eine „weichere Grenze zwischen Innen und Außen, zwischen Form und Raum. Die Identität der SAB wird somit nicht repräsentiert in der Form seines Gebäudes, sondern in der Form des offenen Stadtraumes, der durch das Gebäude entsteht“.
Prof. Dipl.-Ing. Michael Cesarz, Hochschullehrer an der Universität Leipzig sowie Vorsitzender des Preisgerichts und des Projektbeirats zum SAB-Neubau Leipzig, findet die Lösung beeindruckend:
„Mit dem neuen Ensemble der Sächsischen Aufbaubank ist ein organischer Baustil im Herzen von Leipzig realisiert worden. Besonders ist die Symbiose zwischen dem Gebäudevorplatz und dem Gebäude selbst. Unterstrichen wird dieser Effekt durch einen einheitlichen Bodenbelag vom Fußweg bis hinein ins Forum. Die Transparenz und Durchlässigkeit wird auch dadurch verstärkt, dass die beiden Gebäudeflügel in den unteren Geschossen voneinander getrennt sind, somit den Weg quer über den Platz ‚freigeben‘ und nicht verschließen, wie oftmals üblich. Erst in den oberen Geschossen ‚wächst‘ das Gebäude wieder zu einer platzbildenden Einheit zusammen. Das mögliche Durchqueren dieses öffentlichen Platzes eröffnet somit eine zusätzliche, städtische Fußwegebeziehung zwischen dem dahinter liegenden Quartier und Hauptbahnhof sowie der Innenstadt.“
Und Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Philipp Oswalt, Hochschullehrer an der Universität Kassel, ehemaliger Leiter der Stiftung Bauhaus Dessau sowie Mitglied des Projektbeirats zum SAB-Bau, erklärt: „Das architektonisch herausragende Ensemble zeichnet sich durch seine transparente und flexible Nutzung aus. Neben städtebaulichen Aspekten fällt aber auch das Gebäudeinnere auf. Mit der Kreativfläche ‚InnoLab‘ sowie dem Konzept der ‚Neuen Arbeitswelten‘ als klassischer Büroarbeitsplatz sowie einer Vielzahl von Nutzungszonen werden neue Maßstäbe für die Bank gesetzt.“
Die Baugeschichte
Der Neubau des SAB-Gebäudes geht auf das Sächsische Standortegesetz (SächsStOG) aus dem Jahr 2012 zurück. Das Standortegesetz wurde von der damaligen CDU/FDP-Regierung eigentlich verabschiedet, um die sächsischen Verwaltungsstrukturen noch schlanker zu machen und den Landeshaushalt perspektivisch zu entlasten. Das hat nicht einmal ansatzweise geklappt.
Die zuvor beschlossenen Personalkürzungen mussten allesamt zurückgenommen werden, weil sie gerade da Löcher rissen, wo dringend Fachkräfte benötigt wurden – in der Justiz genauso wie bei der Polizei und in den Schulen. Und der Verschiebebahnhof mit neuen Standorten nicht nur für die SAB, sondern auch für Gerichte und Finanzämter, entpuppte sich als ein ziemlich teures Investitionsprogramm.
Das SAB-Forum war ganz zu Anfang noch mit 47 Millionen Euro kalkuliert worden, eine Summe, die sich 2017 schon auf 110 Millionen Euro erhöht hatte. Genauso hatte sich der geplante Fertigstellungstermin auf 2018 verschoben. Beides war nicht zu halten.
Im Januar 2012 hat die SAB das Baugrundstück Gerberstraße 3-5 in Leipzig für 3,5 Millionen Euro erworben. Im August 2013 war der Abriss des ehemaligen Robotron-Gebäudes auf dem Grundstück abgeschlossen. Zuvor wurden die unter Denkmalschutz stehenden Wandreliefs von Künstlern der Leipziger Schule geborgen. Als Sieger des Architektenwettbewerbs mit mehr als 120 Einreichungen ging im Oktober 2013 das Londoner Architekturbüro ACME hervor.
Im Dezember 2016 erfolgten erste Aktivitäten zur Bauvorbereitung. Am Ende beziffern sich die Baukosten auf 164,8 Millionen Euro. Nachdem auch der Bezugstermin Ende 2020 nicht gehalten werden konnte, war es dann der 1. Juli 2021, an dem der neue Standort der Sächsischen Aufbaubank bezogen werden konnte.
Über die Sächsische Aufbaubank – Förderbank – (SAB): Die SAB wurde 1991 gegründet und ist die Förderbank des Freistaates Sachsen. Sie unterstützt den Freistaat Sachsen bei der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben. Im Rahmen ihres Förderauftrags ist die SAB vorrangig in den Bereichen Wohnungsbau, Wirtschaft, Infrastruktur und Kommunales, Bildung und Soziales sowie Umwelt- und Landwirtschaft tätig. Zur Durchführung ihrer Aufgaben vergibt die SAB Zuschüsse und Darlehen, übernimmt Bürgschaften und geht Beteiligungen ein.
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