Am Mittwoch, 14. Oktober, beschloss der Leipziger Stadtrat auch, wie mit dem Neubau der Nahlebrücke im Zug der Gustav-Esche-Straße umgegangen werden soll. Die Brücke soll 2023/2024 gebaut werden. Was schon einmal das Hauptproblem bei diesem Brückenbau ist. Das wusste auch das Stadtplanungsdezernat, als es die Vorlage mit den fünf möglichen Brückenvarianten verfasste. Denn die Brücke muss sich eindeutig ins Auenentwicklungskonzept einpassen. Aber das wird erst 2023 vorliegen.
Logisch, dass es gleich mehrere Änderungsanträge gab. Und der zentrale war der Antrag der Grünen-Fraktion, eben nicht die von der Stadt gewünschte Vorzugsvariante 1A zu bauen.
Kristina Weyh, die den Antrag als Rednerin für die Grünen erläuterte, wies eben genau darauf hin. Denn wenn die Stadt das Auenentwicklungskonzept berücksichtigen will, dann reicht es nicht davon auszugehen, dass die Sohle der Nahle künftig angehoben wird. Denn wenn man das Konzept der Revitalisierung der Aue wirklich ernst nimmt, muss sich die komplette Nahle ändern.
Dann kann sie nicht der vor 100 Jahren gebaute, tief eingeschnittene Kanal bleiben, der dem rechts und links liegenden Wald permanent das Wasser entzieht. Dann muss auch dieser Flusslauf wieder breiter und flacher fließen dürfen. Was für die Brücke zwangsläufig heißt: Sie muss ebenfalls einen breiteren Durchlass bekommen.
An der Stelle prallte dann das deutlich sichtbar verhärtete Denken der Verwaltung auf die hier deutlich in die Zukunft schauende Sichtweise des Stadtrates. Oberbürgermeister Burkhard Jung machte es noch einmal deutlich, als er betonte, die von den Grünen gewünschte Vorzugsvariante 5 würde nun einmal laut Vorlage 1,3 Millionen Euro teurer als die von der Stadt gewünschte Vorzugsvariante 1A (6,3 zu 4,9 Millionen Euro).
Aber Kristina Weyh wies zu Recht darauf hin, dass die Stadt – wenn sie das künftige Auenentwicklungskonzept wirklich beherzigt – die Brücke sowieso mit einer größeren Spannweite bauen muss. Variante 1A genügt dem schon im Ansatz nicht, während Variante 5 das schon in großen Teilen aufnimmt.
Was ja auch heißt: Mit Variante 1A rechnet sich die Stadt den Brückenbau künstlich billiger – und verbaut an einer wichtigen Stelle schon die Auenentwicklung. Sie muss zwangsläufig eine Brücke entwickeln, die von Anfang an Variante 5 ähnelt. Und wenn Variante 5 gebaut wird, ist folglich auch Platz für einen Radweg unter der Brücke (so wie bei der Brücke über die Neue Luppe). Und damit würden – da die Stadt größer planen muss – nur noch die Mittel für das Stück Radweg unter der Brücke dazukommen. Mittel, die gut aufgewendet sind, wenn man damit den teilweise gefährlichen Übergang direkt über die stark befahrene Gustav-Esche-Straße vermeiden kann.
Wohin mit den Bussen und den Schwerlasttransportern?
Diskutiert wurde am Mittwoch auch über den CDU-Antrag. Die CDU-Fraktion hatte beantragt, die Schaffung einer Extra-Busspur zu prüfen, um die Dauerprobleme rund um die Veranstaltungen im Haus Auensee zu lösen, wo es jedes Mal zu einem Autostau rund um das Veranstaltungshaus kommt. Ein Bus-Shuttle, der hier eine eigene Spur nutzen könnte, wäre eine Lösung. Aber eine eigene Busspur würde wieder den Radverkehr von der Straße verdrängen, betonte Baubürgermeister Thomas Dienberg in seiner Erläuterung.
Und auch eine Verlegung auf den (teilweise) parallel verlaufenden Waldweg würde nicht gehen, denn damit würde der Radweg mitten in den geschützten Auwald verlegt werden. Er müsste befestigt und beleuchtet werden – das wäre ein Eingriff in das Schutzgebiet, der so nicht umsetzbar wäre.
Wobei das Anliegen nicht nur bei der CDU-Fraktion auf Verständnis stieß. Aber es spiegelt tatsächlich die Probleme der Gustav-Esche-Straße mit all ihren viel zu engen Knoten, die gerade in zu Zeiten starken Verkehrsaufkommens oder von Umleitungen dazu führt, dass es auf der Straße zu kilometerlangen Staus kommt. Einige dieser Knoten – darauf wies auch SPD-Stadtrat Andreas Geisler sind – sind wohl auch mit Umbaumaßnahmen nicht zu lösen.
Was ja dann zum gemeinsamen Antrag von Andreas Geisler und Thomas Köhler (Piraten) führte, auf den Brücken in der Gustav-Esche-Straße eine Lastbeschränkung für Schwerlastverkehr zu verhängen. Was wieder Thomas Dienberg für nicht umsetzbar hält, weil die Gustav-Esche-Straße an der Stelle die einzige Verbindung ist, auf der Lkw von Nord nach West fahren können.
Aber in diesem Fall zeigte der Stadtrat, dass er das Thema längst schon aus einer anderen Perspektive betrachtet als die Stadtverwaltung, die sich gern an alten Regeln festhält.
Weg frei für zukunftsfähigen Brückenbau
Und so bekam auch der CDU-Antrag mit 35 : 30 Stimmen die nötige Mehrheit: Die Stadt muss jetzt prüfen, ob eine Extra-Busspur Sinn macht in dem Gebiet. Wobei diese wohl in Höhe von Haus Auensee, wo es ja die Hauptprobleme bei Veranstaltungen gibt, den meisten Sinn macht.
Eine klare Mehrheit bekam auch der gemeinsame Antrag von Thomas Köhler und Andreas Geisler, die Maximallasten von Lkw auf der Strecke deutlich zu begrenzen und dafür zu sorgen, dass insbesondere die ganz großen Kawenzmänner – Sattelschlepper und Aufleger – künftig nicht mehr durch alle diese Nadelöhre fahren und für Verstopfungen sorgen.
Die beiden Antragspunkte der Grünen wurden einzeln abgestimmt – oder genauer: Die beiden einzelnen Anliegen aus Punkt 1.
Das zweite Anliegen war: „Die Anlage des Radweges unter der Brücke sowie eine etwaige Vergrößerung der Brückenöffnung erfolgen in Abstimmung mit den Ergebnissen des Auenentwicklungskonzeptes. Über daraus folgende Anpassungen der Planung ist der Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau vor Vorlage des Baubeschlusses zu informieren.“
Hier wird die Verwaltung also eindeutig aufs Auentwicklungskonzept festgenagelt. Und das votierte der Stadtrat dann auch mit einer deutlichen Mehrheit von 41:21:3 Stimmen.
Der erste Punkt, wo es scheinbar um Geld ging – also rein hypothetische Mehrkosten von 1,3 Millionen Euro – bekam freilich ebenfalls die nötige Mehrheit von 35:19:10 Stimmen.
Das heißt: Die Stadt muss eine Brückenvariante mit möglichst großer Spannbreite bauen, um eine natürliche Flussentwicklung in der Nahle zu ermöglichen. Und der Radweg passt dann von ganz allein unter die Brücke. Der Hinweis auf den knappen Haushalt der Stadt macht an der Stelle schlicht keinen Sinn, weil Leipzig schon mit dem Beschluss zum Auenentwicklungskonzept in der Pflicht steht, die Nordwestaue ab 2023 wieder in eine richtige Flusslandschaft zu verwandeln, Deiche zurückzubauen und Brücken im Gebiet endlich durchlässiger zu machen. Mit Variante 1A hätte die Stadt massiv gegen diesen Beschluss verstoßen.
Die so beschlossenen Änderungen fließen in die Verwaltungsvorlage ein, die in dieser Form dann auch eine Mehrheit von 64:0:1 Stimmen bekam.
Brücke über die Nahle: Grüne beantragen Unterquerung der Brücke und Berücksichtigung des Auenentwicklungskonzepts
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