Es ist noch immer so, auch wenn andere Zeitungen das anders berichten: Im Naturschutzgebiet Leipziger Auensystem gilt ein Verschlechterungsverbot. Was normalerweise Eingriffe in seltene und geschützte Tier- und Pflanzenbestände verbietet. Dafür gibt es für Privatmenschen in der Regel eine saftige Buße. Wenn denn die zuständige Umweltbehörde funktioniert. Aber in Leipzig funktioniert sie nicht. Das Amt für Umweltschutz glänzt nicht das erst Mal durch Untätigkeit.
Es ist auch für jene Auenwaldbestände auf Leipziger Grund zuständig, die durch den Staatsbetrieb Sachsenforst bewirtschaftet werden. Das ist etwas verzwickt, weil Sachsenforst seine Bewirtschaftungspläne allein regelt und in der Regel die zuständigen Umweltbehörden nur informieren muss. Die können dann prüfen, ob bei den Forstwirtschaftsmaßnahmen Schutzgüter betroffen sind und dann die Einwilligung verweigern oder eingrenzen. Was natürlich umso stärker wirkt, wenn eine Stadt wie Leipzig weiß, was sie eigentlich schützen will und muss.
Wenn sie aber das Thema seit Jahren so behandelt, als ginge sie das alles nichts an, dann kommt so ein Eiertanz dabei heraus wie im Leipziger Wald. Dann bekommen auch alte starke Bäume ein Fällzeichen, die Lebensraum seltener Arten sind, die sogar extra im Managementplan für das Leipziger Auensystem aufgeführt sind.
Wie zum Beispiel diverse Fledermaus- oder Käferarten, auenangepasst, echte Typen, die zu einer lebendigen Flussaue gehören.
Einer Flussaue, die der Managementplan für das Natura-2000-Gebiet eigentlich zwingend vorschreibt, wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Aber das interessiert Leipzigs Verwaltung erst recht nicht. Lieber redet man sich damit heraus, die Landestalsperrenverwaltung wolle ja nicht.
Kämpfende Bürgermeister sehen anders aus.
Seit ein paar Wochen hat nun der NuKLA e.V. (ja, eben derselbe) die Fällungen von Sachsenforst im Kanitzsch hinter Gundorf auf dem Kieker. Nicht ohne Grund. Auch hier werden viele alte Biotopbäume gefällt, die eigentlich – wenn man den Managementplan ernst nimmt – stehen bleiben müssten. Erst recht, wenn man dann in den gefällten Bäumen auch noch unübersehbare Hinweise darauf findet, dass es Lebensräume streng geschützter Tierarten sind. Die NuKLA-Mitstreiter sind extra losgezogen und haben sich die gefällten Bäume angeschaut und dabei mehrfach Käferlarven gefunden, die zu streng geschützten Auen-Käfer-Populationen gehören. Die Bäume hätten also nicht gefällt werden dürfen. Der seltene Eremit zum Beispiel war wohl unter den Funden.
NuKLA wandte sich daraufhin an das Leipziger Umweltamt, es solle die Fällungen unterbinden. Das Leipziger Umweltamt aber geruhte nicht einmal zu reagieren, vielleicht weil man meint, dass man in seiner Untätigkeit vom Bürgermeister und vom Oberbürgermeister unterstützt wird.
Und weil auch im Februar eifrig weitergefällt wurde, haben die Wissenschaftler des Vereins weitere Baumstämme untersucht und weitere Funde gemacht.
Am Freitag, 22. Februar, ließ die Grüne Liga, deren Mitglied NuKLA ist, nun einen „Antrag auf Tätigwerden gemäß § 10 USchadG wegen Baumfällungen im Leipziger Auwald“ an das Leipziger Umweltamt folgen, also eine Umweltschadensanzeige. So könnte das Umweltamt zum Beispiel anweisen, die Stämme mit den gefundenen Käferlarven im Wald zu belassen, damit die Käfer dort überleben können.
Mit der Abteilung Stadtforsten der Stadt Leipzig hatte NuKLA ein Fällmoratorium vereinbart. Die Stadtförster hatten zwar den vom Stadtrat abgesegneten Forstwirtschaftsplan als Fällgrundlage. Aber NuKLA bezweifelt, dass solche Fällarbeiten in einem streng geschützten Naturschutzgebiet ohne Umweltverträglichkeitsprüfungen überhaupt statthaft sind. Der Fall liegt noch beim Verwaltungsgericht.
Aber auch bei diesem Leipziger Teil waren starke Biotopbäume als Wohnraum streng geschützter Arten betroffen.
Wie sieben Köche die Herstellung der Leipziger Flussaue verhindern
Wie sieben Köche die Herstellung der Leipziger Flussaue verhindern
Keine Kommentare bisher
Womöglich ist es gar nicht “verzwickt”, sondern Sinn und Zweck der Sache, den Auwald sukzessive so zu entwerten, dass er seinen Schutz verliert (denn das mit dem fehlenden Wasser dauert einfach zu lange!). Und damit z.B. als attraktives Bauland zur Verfügung steht – im Eigentum der Stadt, die schon an anderer Stelle (herrenlose Häuser, Vergabe von Baugenehmigungen in der Uferschutzzone der alten Luppe bis direkt ans Wasser wie in Böhlitz-Ehrenberg) bewiesen hat, dass reichlich kreative Energie und gute Kontakte, ja geradezu freundschaftliche Beziehungen zu maßgeblichen Immobilienfirmen bestehen, die Vieles möglich machen. In der wachsenden Stadt Leipzig.