Eigentlich gehörten sie ja irgendwie zum historischen Erscheinungsbild des Neuen Rathauses: die alten Fahnenmaste, die für heutige Sichtweisen geradezu kolossal waren. Das späte 19. Jahrhundert war ein Prunk- und Protzzeitalter, das auch riesige Fahnen an die Maste hängte. Aber die alten Mastrümpfe wurden jetzt mit Neugestaltung des Ratshausvorplatzes demontiert. Die Freibeuter-Fraktion hätte sie gern wieder am Rathaus gehabt.

Die Fraktion hatte extra eine Anfrage zu den alten Masten gestellt. „Zu festlichen Anlässen kann es vorkommen, dass eine Flagge gehisst wird und dafür eine der vier durchgehend hängenden Flaggen (Leipzig, Sachsen, Deutschland, Europa) temporär abgehangen wird. Durch Nutzung der historischen Fahnenmasten können die vier Fahnen dauerhaft gehisst bleiben und gleichzeitig weitere Flaggen (z.B. Mayors for Peace, zum CSD,…) durchgehend während bestimmter Veranstaltungen gehangen werden“, hieß es da. „Auf den Steinfundamenten sitzen gern und häufig Menschen, weshalb eine Verbesserung der Sitzqualität in Zuge dessen mit übernommen werden könnte.“

Das Dezernat Bau beruhigt die Freibeuter nun: Die Sockel und die Fahnenmaste werden wieder hingestellt, wenn alles fertig ist. Aber erst einmal werden sie eingelagert und irgendwann saniert.

„Im Zuge der Umgestaltung des Rathausvorplatzes werden Fundamente und Natursteinsockel der zwei historischen Fahnenmaste restauriert und so vorbereitet, dass im Nachgang zum derzeitigen Bauvorhaben die nach historischem Vorbild neu herzustellenden Fahnenmaste eingesetzt werden können. Für die Beflaggung von zusätzlichen Fahnen wird im Zusammenhang mit dem derzeitigen Bauvorhaben ein fünfter Mast errichtet“, heißt es jetzt in der Antwort des Dezernats auf die Freibeuter-Anfrage. „Aus Gründen des Denkmalschutzes wird auf das Anbringen von Holzflächen auf den Natursteinsockeln am Fuße der Masten als Sitzmöglichkeiten weiterhin verzichtet. Stattdessen können die neuen zusätzlichen Sitzmöglichkeiten, wie zum Beispiel eine lange Holzbankreihe direkt hinter den historischen Fahnenmastsockeln, genutzt werden.“

Das erste Thema war die Beflaggung. Aber für die wurden jetzt extra fünf neue Fahnenmaste vors Rathaus gestellt, teilt das Baudezernat mit.

Alter Fahnenmastrest vorm Neuen Rathaus. Foto: Ralf Julke
Alter Fahnenmastrest vorm Neuen Rathaus. Foto: Ralf Julke

„Die Beflaggung vor dem Neuen Rathaus folgt protokollarischen Regeln, wonach mindestens vier gleichgroße Fahnenmaste in einer Reihe stehen müssen. Mitunter wird eine zusätzliche Fahne benötigt. Diesem Umstand wird mit der Aufstellung eines 5. Mastes im Rahmen der derzeit laufenden Umgestaltung des Vorplatzes am Neuen Rathaus Rechnung getragen“, erklärt das Baudezernat.

Aber wie geht man nun mit den beiden alten Fahnenmasten um?

„Die Sonderstellung einzelner Flaggen, die eine Inbetriebnahme der historischen Maste mit sich bringen würde, entspräche nicht den protokollarischen Gepflogenheiten und könnte zu Verstimmungen führen. Demzufolge ist eine Wiederinbetriebnahme der historischen Fahnenmaste unter den heutigen Anforderungen nicht zielführend und dienlich. Es sollte daher bei der durch die Verwaltung angestrebten denkmalgerechten Sanierung der Fahnenmaste ohne Beflaggung bleiben.“

Die Masten stehen dann halt einfach als hübscher Schmuck herum. Vorher kommt alles, was noch an Restsubstanz da ist, in die Werkstatt.

„Dazu werden im Rahmen der derzeitigen Bauarbeiten zur Umgestaltung des Vorplatzes Neues Rathaus wichtige Grundlagen geschaffen, nachdem zuvor umfangreiche Untersuchungen zur Inbetriebnahme der historischen Fahnenmaste stattgefunden haben. Dabei wurde festgestellt, dass der Zustand der Fundamente und der noch bestehenden Stahlsäulen statisch und baukonstruktiv keine Erhaltung zulässt“, erklärt das Baudezernat das weitere Vorgehen.

„Die historischen Fahnenmastanlagen werden vollständig demontiert. Dazu werden die verbliebenen Rudimente der alten Maste aus dem Sockel herausgezogen. Bei diesen Rudimenten handelt es um eine Art Halteelement, auf dem die Schmuckelemente im Sockelbereich sowie der eigentliche Fahnenhalterbereich im oberen Bereich übergestülpt bzw. aufgesetzt waren. Diese Halteelemente bestehen aus inzwischen leider stark korrodierten Stahlrohrsegmenten, welche in den sechziger Jahren im unteren Bereich durch aufgeschweißte Rohrhalbschalen verstärkt werden mussten. Auf Grund des desolaten Zustandes knickte ein Sturm am rechten Mast das obere Segment ab. Daraufhin wurde aus Gründen der Sicherheit das obere Segment des linken Mastes zurückgebaut.“

Aber eigentlich sind die Maste ja nur noch Rudimente.

„Der jeweilige obere historische Mastabschluss sowie die unteren Mastverzierungen sind nicht mehr existent. Lediglich einzelne Kupferblechmanschetten zur Abdeckung der Verbindungsstellen sind seinerzeit geborgen worden und im Lapidarium des Neuen Rathauses gelagert. Die beiden Natursteinsockel wurden im Rahmen der derzeitigen Straßenbauarbeiten unter Aufsicht der Oberen Denkmalschutzbehörde abgebaut. Für den Wiederaufbau wurde vom Landesamt für Denkmalpflege eine Denkmalpflegerische Zielstellung zur Wiederherstellung der Natursteinsockel erarbeitet. Die Steine werden restauriert und auf einem neuen Fundament wieder aufgebaut. Dazu wurde die Statik des Fundamentes unabhängig von einer tatsächlichen fahnentragenden Nutzung für 22 m hohe Maste und einer jeweiligen Fahnengröße von 2,70 m x 4,50 m berechnet.“

Nur ist das halt nicht Teil der Vorplatz-Umgestaltung. Das muss erst noch eine Finanzierung finden.

„Die Herstellung der beiden Maste nach historischem Vorbild erfolgt durch ein separates Projekt. Der erforderliche Planungs- und Kostenaufwand konnte in dem durch die Fördermittelkulisse vorgegebenen Zeitrahmen nicht eingeordnet werden.“

Und das mit Holzschalen auf den alten Sockeln wird so ja nicht kommen.

Hübsche Sitzmöglichkeiten gibt es trotzdem, betont das Baudezernat.

„Im Rahmen der Vorplanung für den Rathausvorplatz wurde die Einordnung von Sitzmöglichkeiten geprüft, wozu auch die bis dato zu beobachtende Nutzung der Fahnenmastsockel Anlass bot. Aus denkmalpflegerischen Gründen wurde von einer Beeinträchtigung des Denkmals der Fahnenmaste durch Sitzauflagen Abstand genommen. Die Fahnenmastsockel stehen aber weiter als informelle Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Zusätzlich werden nach der Umgestaltung klassische Sitzmöglichkeiten hinter den Fahnensockeln in Form einer langen Bankreihe angeboten. Im Umfeld entstehen östlich der historischen WC-Anlage Einzelbänke sowie eine weitere lange Bankreihe am Ampelübergang zum Peterssteinweg.“

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