Manchmal reichen zwei, drei kleine Anfragen, und alle Märchen, die Sachsens Innenminister zur Einrichtung eines Polizeipostens in Connewitz erzählt hat, lösen sich in Luft auf. Seit drei Jahren gibt es diesen Polizeiposten in der Wiedebach-Passage, anfangs heftig bekriegt von Connewitzer Autonomen. Mittlerweile eher ignoriert. Der einst behauptete Zweck hat sich regelrecht in Luft aufgelöst.
Die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke) fragt regelmäßig nach. Und da der Posten vor drei Jahren mit der Begründung eingerichtet wurde, das Kriminalitätsgeschehen in Connewitz in den Griff bekommen zu wollen, fragt sie auch die Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung im Ortsteil ab. Wenn der Polizeiposten diese Funktion wirklich erfüllen sollte, müsste die Kriminalitätsrate ja eigentlich fallen.
Wobei schon im Jahr der Einrichtung keine Rede davon sein konnte, dass das Kriminalitätsniveau in Connewitz höher wäre als in Leipzig sonst auch. Auch nicht bei Gewalttaten. Dominiert wurde das Kriminalitätsgeschehen schon damals von Diebstählen und Einbrüchen – also ebenfalls wie in anderen Leipziger Ortsteilen auch. Der Ortsteil leidet unter der Zunahme der Beschaffungskriminalität und dem systematischen Vorgehen von zum Teil international agierenden Einbrecherbanden. Da hilft auch ein Polizeiposten wenig, schon gar, wenn er eigentlich nur mit einer Mini-Besatzung arbeitet. Ähnliche Erfahrungen macht Leipzigs Polizei übrigens gerade auch mit dem Polizeiposten in der Eisenbahnstraße: Die dort eingesetzten Beamten haben so gut wie keinen Einfluss auf die Kriminalitätsentwicklung im Ortsteil und können auch keinen der gewaltsamen Vorfälle verhindern, die immer wieder passieren, weil sich gerade in Neustadt-Neuschönefeld die Konfliktfelder überlagern.
Hatte laut Juliane Nagels Anfrage „Zwei Jahre Polizeiposten in Connewitz“ die Kriminalität im Ortsteil Connewitz im Jahr 2015 um 16,8 % auf 1.874 Straftaten abgenommen, so stieg die Kriminalität im Jahr 2016 wiederum um 25,3 % auf 2.348 Straftaten.
Dazu erklärt Eike Sommer von der Leipziger Initiative Für das Politische: „Die Schwankung der Kriminalitätsrate in Leipzig-Connewitz zeigt, dass der Polizeiposten keinerlei Auswirkungen auf das Aufkommen von Straftaten im Ortsteil hat. Dabei ist daran zu erinnern, dass als Grund für die Eröffnung des Polizeipostens im Februar 2014 ‚die Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Ortsteil Connewitz‘ angeführt wurde.“
Während die Kriminalität im Jahr nach der Eröffnung der Außenstelle des nur 1 km entfernten Reviers Leipzig-Südost um minimale 4,5 % stieg, war sie im Folgejahr 2015 um ein Viertel gesunken.
„Der Rückgang der Kriminalität in Connewitz wird insbesondere auf die Einrichtung der Außenstelle des Polizeireviers Leipzig-Südost zurückgeführt. Diese Maßnahme hat sich insofern bewährt“, frohlockte Innenminister Markus Ulbig (CDU) 2016 in seiner Antwort an Juliane Nagel.
„Diese Schlussfolgerung wird durch den Anstieg der Straftaten im vergangenen Jahr 2016 ad absurdum geführt. Der Polizeiposten hat keinerlei Auswirkungen auf die Kriminalität in Connewitz“, zieht Eike Sommer seine Bilanz aus den Zahlen. „Vielmehr schwankt das Straftatenaufkommen entsprechend des städtischen Gesamttrends. Nichts desto trotz ist sich das Innenministerium des Freistaates nicht zu blöd, den Erfolg des Postens herbeizureden. Der Polizeiposten ist und bleibt jedoch nichts als eine teure, aber rein symbolische Geste gegen einen links geprägten Stadtteil.“
Und selbst als symbolische Provokation gibt der Polizeiposten nicht mehr viel her. 2016 war nach Auskunft von Ulbig von insgesamt acht Straftaten am Polizeiposten nur eine politisch motiviert. „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“, haben die Beamten protokolliert, den Tatverdächtigen aber nicht feststellen können. Gelandet ist diese Straftat dann unter „PMK links“. Eike Sommer fügt noch hinzu: „Die Initiative Für das Politische erneuert vor dem Hintergrund der aktuellen Zahlen und verzweifelten Legitimationsversuches durch das SMI seine Forderung nach Schließung des Polizeipostens.”
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