Da staunt man: Es gibt in Leipzig sogar einen Kleingartenbeirat. Der hat neun Mitglieder und am 18. August zuletzt getagt. Und diesmal hatte man einen besorgten Brief des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde auf dem Tisch. Der Präsident hatte geschrieben. Höchst besorgt. Man werde das Deutsche Kleingartenmuseum in Leipzig langfristig in der Qualität nicht mehr halten können.

Das Deutsche Kleingärtnermuseum in Leipzig, mit Sitz im Vereinshaus des Kleingartenvereines „Dr. Schreber“ e.V. in der Aachener Straße 7, wird vom Verein Deutsches Kleingärtnermuseum in Leipzig e.V. getragen. Ein historisches Kleinod, mit dem man die Anfänge der Kleingartenbewegung in Deutschland kennenlernen kann. Der Museumsbetrieb finanziert sich nach eigenen Angaben hauptsächlich durch die Unterstützung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V. (BDG), dem Dachverband der organisierten Kleingärtner/innen in Deutschland.

Vorsitzender dieses Dachverbandes und gleichzeitig 1. Vorsitzender des Vereins Deutsches Kleingärtnermuseum in Leipzig e.V. ist Peter Paschke. Gleichzeitig ist er auch noch Präsident des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner e. V. Ein viel beschäftigter Mann. Er hat nicht geschrieben, dass der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde das Museum nicht mehr halten kann. Das nicht.

Er habe „in einem Schreiben die Stadt Leipzig um finanzielle Unterstützung gebeten“, so der Kleingartenbeirat. „Er teilt mit, dass durch die bisherige Finanzierungsform (hauptsächlich Beiträge der organisierten Kleingärtner/innen), der Museumsstandort Leipzig langfristig in der derzeitigen Qualität nicht abgesichert werden kann.“

Geht dem Bundesverband das Geld aus? Im Geschäftsbericht für die Jahre 2011 bis 2014 ist davon nichts zu lesen.

Da verblüfft es schon, dass ein derart großer Verband mit über 1 Million Mitgliedern jetzt die ausgepowerte Stadt Leipzig anfragt, ob sie das Museum in der Aachener Straße nicht finanziell unterstützen kann.

Der Kleingartenbeirat jedenfalls findet, dass der OBM das ruhig mal prüfen könnte. Irgendwo wird er doch wohl noch ein bisschen Geld übrig haben für die Kleingärtner und ihr Museum, oder? Immerhin ist das Museum doch identitätsstiftend für Leipzig, oder?

Erstaunlich, dass das Wort Kleingarten-Tourismus nicht fällt.

„Das Deutsche Kleingärtnermuseum leistet einen wichtigen kulturellen und identitätsstiftenden Beitrag für die Stadt Leipzig und ihre Bevölkerung. Mit seiner Ausstellung über die Geschichte und Entwicklung des Kleingartenwesens verdeutlicht es einen Teil Leipziger Stadtgeschichte, der sich noch heute durch die vielen, traditionsreichen Kleingartenanlagen im Stadtbild widerspiegelt. Denn mit den Schrebergärten, die aus einer schulischen Spielplatzinitiative hervorgegangen waren, liegt in Leipzig der wohl bekannteste Ursprung der deutschen Kleingartenbewegung“, heißt es jetzt in dem Antrag, den der Kleingartenbeirat geschrieben hat. „Kinder und Jugendliche sind eine wichtige Zielgruppe des Museums, womit es auch einen Bildungsauftrag erfüllt.“

So hält man heute die Hände auf und macht aus einem Verbandsprojekt eine Zuschussangelegenheit für eine Stadt, die Mühe hat, ihren Etat zu schnüren.

Aus der Kleingartenperspektive sieht Manches wichtig aus. Die Besucherzahlen hat das kleine Museum tatsächlich gesteigert. Von 1.188 im Jahr 2010 auf 2.818 im Jahr 2014. Man merkt, dass hier mittlerweile auch etwas fleißiger an der Werbung für die Angebote gearbeitet wird. Zum Vergleich: Das Leipziger Museum für Schulgeschichte hat 30.000 Besucher im Jahr – im Grunde alles Schulklassen. Das Naturkundemuseum kam 2014 auf 37.000 Besucher und muss jetzt umziehen, weil die Stadt partout eine Sanierung am angestammten Platz nicht bezahlen kann.

Der Kleingartenbeirat hat jedenfalls einfach weitergereicht, was Peter Paschke als Wunsch angemeldet hat. Und auch schon mal als Beschlussvorschlag für den Stadtrat formuliert: „Die Ratsversammlung beschließt, dass durch die Verwaltung zu prüfen ist, ob bzw. welche Möglichkeiten für die Stadt Leipzig bestehen, einen Beitrag für den Erhalt des Deutschen Kleingärtnermuseums am Standort Leipzig zu leisten.“

Da klingt dann noch etwas Anderes mit: Leipzig könnte das Kleingärtnermuseum entzogen werden. Wenn das so im Brief des Verbandspräsidenten stand, wäre das zumindest ein Wink mit dem Zaunpfahl. Kein besonders netter. Wenn es nicht drin stand, hat der Kleingartenbeirat höflichst übertrieben.

Veranstaltungstipp des Kleingärtnermuseums:

„Städtebauliche Entwicklung der Leipziger Westvorstadt“ am Tag des offenen Denkmals, 11. September

Der Rundgang führt zu ausgewählten denkmalgeschützten Gebäuden und Plätzen der Leipziger Westvorstadt. Den Anfang macht der im Jahre 1876 eingerichtete erste Schreberplatz. Im Mittelpunkt stehen dabei die besondere Gestaltung der Anlage und deren Nutzungsentwicklung. Es folgt die Villa in der Mainzer Straße mit dem darin befindlichen „Sächsischen Psychiatriemuseum“ aus den 1920er Jahren als Beispiel für privaten Wohnungsbau. Der zuständige Architekt wird die Baugeschichte und Sanierung des Gebäudes vorstellen. Im Anschluss wird die Entwicklung der Festwiese an der Jahnallee erläutert. Den Abschluss bildet das AOK-Hauptgebäude als Beispiel eines öffentlichen Gebäudes aus den 1920er Jahren. Ein Teil der Führung führt den Besucher auch in das Innere des Gebäudes und zeigt frühere und aktuelle Nutzung.

Das Kleingärtnermuseum hat an diesem Tag von 13-17 Uhr geöffnet. Treff ist 11 Uhr am Eingang Kleingärtnermuseum, Dauer: ca. 2 Stunden, kostenfrei. Teilnehmerzahl begrenzt. Anmeldung erwünscht.

Der Antrag des Kleingartenbeirats.

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