Im Mai war André Paul aus Schleußig mal wieder die Hutschnur geplatzt. Immer wieder hatte er das Ordnungsamt der Stadt angemahnt, sich endlich um die wilde Parksituation rund um die Erich-Zeigner-Allee zu kümmern. Scheinbar passierte nichts. Also ging er noch einen Schritt weiter und stellte eine Einwohneranfrage im Stadtrat. Auf die hat er jetzt von Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau auch ausführlich Antwort bekommen.
„Durch diesen Zuzug gibt es auch immer mehr Pkw, Wohnmobile und Transporter. Diese Fahrzeuge Halten und Parken an jedem freien Raum, hier besonders zu erwähnen sind Gehwege aber auch vor Bordsteinabsenkungen und auf Sperrflächen mit oder ohne Fahrradbügeln. Leider auch zunehmend so dass Menschen mit Rollstuhl, Eltern mit Kinderwagen oder Kinder unter 8 Jahren immer weniger oder gar keinen Platz haben“, hatte er geschrieben. Und: „Als ein gutes Beispiel, für das Halten und Parken auf Gehwegen, der das ganze Ausmaß verdeutlicht, ist die Erich-Zeigner-Allee, zwischen Alte Straße und Rudolph-Sack-Straße. Dort wird auf dem Gehweg geparkt und gehalten obwohl das laut StVO unzulässig ist. Immer häufiger sind neben Pkw auch Wohnmobile (von beträchtlicher Größe), Transporter bis hin zu kleinen LKW auf dem Gehweg geparkt.“
Dann stellte er trocken fest: „Trotz dessen, dass das Parken und Halten auf Gehwegen unzulässig ist wird das Ordnungsamt der Stadt Leipzig nicht tätig. Da es aus deren Sicht kein Handlungsbedarf gibt.“
Und dann fragte er: „Was unternimmt die Stadt Leipzig, um das mit dem Wachstum verbundene und immer stärker werdenden Parkplatzproblem, zu lösen? Weshalb unternimmt das Ordnungsamt nichts gegen das ordnungswidrige Parken und Halten auf Gehwegen (zum Beispiel; in der Erich-Zeigner-Allee, zwischen Alte Straße und Rudolph-Sack-Straße)?“
Eigentlich hätte man da eine Antwort des Ordnungsbürgermeisters Heiko Rosenthal erwartet. Aber mit Briefeschreiben hat der es nicht so.
Also übernahm Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau den Job, André Paul zu antworten. Irgendwie hat sie ja mit Straßen zu tun, auch wenn sie eher für das Bauen zuständig ist und nicht so sehr fürs richtige Parken. Ein bisschen auch noch für die Parkordnung. Aber wenn die Straße eh schon zugeparkt ist, gibt es auch da nur begrenzte Spielräume.
„Nur im Einzelfall können hier durch Änderung der Verkehrsregelung, andere Stellplatzanordnung oder Veränderungen in der Aufteilung des Straßenraums zusätzliche Stellplätze geschaffen werden – eine Optimierungsaufgabe, der sich die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten und unter Beteiligung der Bewohner und des Gewerbes in Schleußig und vielen anderen Stadtgebieten stellt“, betont sie in ihrem Brief.
Was man als Angebot lesen könnte: Ist jetzt nicht ein Bürgerworkshop in Plagwitz fällig, in dem es nur ums Parken geht? Die Zahlen und Zustände sprechen dafür.
Denn eigentlich sind auch hier die Zustände nicht mehr erträglich. Da hilft es auch nichts, wenn die Stadtspitze immer wieder betont, dass sie keine Lösung für die überquellenden Autobestände hat.
So ähnlich formuliert es auch Dubrau: „Aber, auf einen Nenner gebracht: insbesondere in den gründerzeitlichen Stadtquartieren gibt es nicht genügend Fläche, als dass jeder Haushalt einen privaten Pkw im öffentlichen Raum abstellen könnte. Die Folgen sind u.a. die von Ihnen beschriebenen, dass vielerorts an Stellen geparkt wird, wo dies nicht zulässig ist und im schlechtesten Fall zur Gefährdung anderer Menschen wird. Da es nicht Aufgabe der Stadt und es praktisch auch nicht möglich ist, die unbegrenzte, möglichst wohnungsnahe Unterbringung privaten Eigentums im öffentlichen Raum zu gewährleisten (und dies möglichst kostenfrei), muss sich jeder Halter im Zusammenhang mit dem Besitz eines Fahrzeugs auch über legale Abstellplätze Gedanken machen und die ggf. erforderlichen Kosten dafür tragen.“
Dumm nur, dass die Stadt bei diesem Thema immer wieder ausweicht. Anwohnerparken und Parkraumbewirtschaftung heißen zwei mögliche Stichworte. Wenn es nicht genügend Stellraum in den Straßen gibt, muss die Stadt zwingend über kostenpflichtiges Parken nachdenken. Nur so kann man steuernd eingreifen. Wenn einfach auf Geh- und Radwege ausgewichen werden kann, ist der Steuerungseffekt Null.
Darauf kommt Dubrau auch zu sprechen in ihrem Brief, weicht diesem Instrument aber lieber aus: „Eine konkrete Maßnahme können auch Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen für Stellplätze im öffentlichen Straßenraum sein (Ausweisung von Bewohnerparken). Diese Maßnahme ist aber nur sinnvoll und rechtssicher, wenn in den entsprechenden Gebieten eine relevante Nutzerkonkurrenz zwischen beispielsweise Bewohnern, Kunden und Beschäftigten besteht. Wo der Parkraum bereits nur von den Anwohnern ausgelastet wird, kann so eine Regelung naturgemäß keine Entlastung bringen (und wäre auch nicht zulässig).“
Aber das mit den Kontrollen durch das Ordnungsamt stimme halt so nicht, korrigiert sie Paul. Auch wenn er damit immer regelmäßig bei der Stadt vorstellig wird. Und dann bringt sie Zahlen, die durchaus schön sind. Aber was sagen sie aus?
„So wurden im Stadtgebiet Leipzig im Jahr 2015 insgesamt 32.526 Fallerfassungen des Gehwegparkens getätigt und vom 01.01. bis 26.05.2016 waren es bereits wieder 15.304. Hinzu kommen Beanstandungen der verbotswidrigen Nutzung von Geh-/Radwegen und von Fußgängerbereichen. In der Erich-Zeigner-Allee wurden davon 589 (2015) bzw. 310 (2016, bis 26.5.) Verkehrsverstöße im ruhenden Straßenverkehr registriert und zur weiteren Verfolgung der zentralen Bußgeldstelle angezeigt.“
Das klingt viel, ist aber eher kläglich, weil das Problem des Leipziger Ordnungsamtes ist, dass es praktisch nur tagsüber in der Hauptarbeitszeit kontrolliert. Die Probleme beginnen aber in der Regel – das hat man ja im benachbarten Schleußig erlebt – nach Feierabend, wenn alle Leute, die mit Auto unterwegs waren, nach Hause kommen, keinen freien Parkplatz finden und bald so dicht geparkt ist, dass auf Gehwegen und in Doppelreihe geparkt wird. In anderen Stadtvierteln ist das Phänomen ebenso zu beobachten. Und in der Zeit zum Schulbeginn verdichtet sich das Problem – gerade in der Erich-Zeigner-Allee, weil dann auch noch die Eltern einfahren, die ihre Kinder unbedingt mit dem Auto zur Schule bringen müssen.
Aber immerhin: 90 Fahrzeughalter täglich beim Gehwegparken zu erwischen, das erzählt zumindest davon, wie weit verbreitet und üblich dieser Sport mittlerweile ist.
Nur: Kann die Lösung wirklich darin liegen, dass die Stadt jetzt auf den verantwortungsbewussten Bürger setzt, wie es Dorothee Dubrau formuliert?
„Es ist sicher klar, dass es der Stadt weder möglich ist das Stadtgebiet flächendeckend, noch bestimmte Stellen permanent auf Parkverstöße zu kontrollieren. Die Stadt ist hier tätig und dies auch in dem von Ihnen angefragten Straßenbereich. Trotzdem bleibt es auch hier letztlich bei der durch nichts zu ersetzenden Verantwortung jedes Einzelnen, sich entsprechend der Gesetzeslage, konkret der Regelungen der StVO zu verhalten und die Bewegungs- und Aufenthaltsräume der anderen Verkehrsteilnehmer zu respektieren.“
Das wird so wahrscheinlich nicht klappen. Vielleicht ist das Anwohnerparken das nächste wichtige Thema, das ohne Bürgerbeteiligung nicht zu lösen ist.
Die Antwort von Dorothee Dubrau.
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Auch in Eutritzsch haben wir die benannte Problematik. Unsere Schwierigkeit ist, dass wir zwar Mieter-Parkplätze im Hof des Gebäudes haben, die Zufahrt jedoch regelmäßig zugeparkt wird. Das Ordnungsamt beruft sich auf die “Duldungssituation” und macht nichts, sondern verweist auf das Tiefbauamt: Diese sollten die Einfahrt einfach besser markieren. Das Tiefbauamt dagegen weist die Verantwortung von sich, da in der Straße querparken nicht erlaubt sei – also müsste das Ordnungsamt eingreifen. Dass die Einfahrt offiziell eine Feuerwehr- und Rettungswagenzufahrt für das (öffentliche) Hofgebäude ist, interessiert beide Behörden nicht. Muss denn immer erst etwas passieren, bevor sich jemand kümmert? Es gäbe Möglichkeiten, Parkplätze zu schaffen – doch niemand kümmert sich darum.