Seit es Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau etwas ernster meint mit der „autoarmen Innenstadt“ und auch deutlich mehr Fahrradbügel aufstellen lässt, um den enormen Bedarf abzusichern, tut sich die CDU-Fraktion schwer damit zu akzeptieren, was da geschieht. Im April wagte sie ihren nächsten Vorstoß und beantragte eine Auslastungsanalyse für die Stellbügel.
Denn augenscheinlich gibt es Ecken, wo die Stellbügel für Fahrräder auch nach deren Vermehrung nicht ausreichen. An anderer Stelle gibt es zumindest zu bestimmten Zeiten weniger Nutzer. Die Leipziger „Bild“-Zeitung sah Dorothee Dubrau da gleich mit der Säge durch die City laufen und überflüssige Bügel entfernen.
Also beantragte die CDU-Fraktion: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, eine Auslastungsanalyse der innerstädtischen Fahrradbügel vorzunehmen und auf dieser Grundlage die Standorte dem tatsächlichen Fahrradzielverkehr entsprechend zu optimieren, ohne dabei den Fußgängerverkehr zu behindern.“
Was sie aus dem Baudezernat jetzt bekommen hat, ist eine Ablehnung. Denn nach Einschätzung der Stadt werden selbst die vorhandenen Stellbügel nicht ausreichen: „Die Fahrradabstellanlagen der Innenstadt werden ausgesprochen intensiv genutzt. Entsprechend der Bevölkerungsprognose wird in den nächsten 15 – 20 Jahren zudem mit einer weiteren Verdopplung der Wege mit dem Fahrrad gerechnet. Mittelfristig wird daher eher der Bedarf für weitere geeignete Fahrradabstellanlagen in der Innenstadt gesehen. Eine Auslastungsanalyse ist somit nicht erforderlich.“
Dabei erinnert das Baudezernat auch daran, dass man im Sommer 2015 im Grunde etwas vollzogen hat, was seit Jahren überfällig war. Den entsprechenden Wirbel in autoverliebten Zeitungen gab es ja dann bekanntlich postwendend.
Kfz-Parkregelungen wurden an einigen Stellen verändert, Stellplätze für motorisierte Zweiräder ausgewiesen sowie Lieferzonen für den Wirtschaftsverkehr markiert. Und zu den Fahrradbügeln: „Für den Zweck der Installation von Fahrradbügeln wurden vor allem solche Flächen genutzt, die unter Beachtung der Regelungen der StVO nicht zum Parken von Kfz beansprucht werden konnten. Von den für alle Zwecke umgenutzten und entfallenen Pkw-Stellplätzen wurden lediglich 28 zugunsten des ruhenden Radverkehrs geändert. Bei insgesamt ca. 5.600 verfügbaren Stellplätzen in Anlagen für den ruhenden Kfz-Verkehr (im öffentlichen Raum und in den öffentlich zugänglichen Tiefgaragen und Parkhäusern) entspricht dies einem prozentualen Anteil von rd. 0,5 %.“
2015 wurden insgesamt 297 neue Fahrradbügel für 594 Fahrräder eingebaut. „Damit konnte die Anzahl an Fahrradbügeln in der Innenstadt auf ca. 1.510 Stück erhöht werden, was sichere Abstellmöglichkeiten für 3.020 Fahrräder darstellt“, betont das Baudezernat.
Und es erinnert daran, dass sich das Verkehrsverhalten der Leipziger deutlich ändert – ob mit oder ohne Modal Split, das ist egal. Die größten Wachstumsraten im innerstädtischen Verkehr hat das Fahrrad: „In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass 2014 21 % der Leipziger für ihre Wege in die Innenstadt das Kfz nutzten und 19 % das Fahrrad und damit fast eine Parität dieser Verkehrsmittel besteht. Im Vergleich zu 2010 war das für die Kfz-Nutzung ein Minus von 1 Prozentpunkt und für das Fahrrad eine Zunahme von 4 Prozentpunkten“, so das Baudezernat.
Und die Bügel stünden auch nicht unüberlegt in der Gegend herum: „Die neu gesetzten Fahrradbügel wurden ausschließlich in Bereichen von Mischverkehrsflächen der Innenstadt eingebaut, schwerpunktmäßig vor allem auch an den Übergangsbereichen zu den Fußgängerzonen. Damit konnten die Fußgängerzonen deutlich von frei abgestellten Fahrrädern entlastet werden, was aufgrund des hohen Nutzungsanspruchs der Zonen für Fußgänger, Veranstaltungen oder Märkte geboten und von Vorteil ist.“
Das Problem aber ist: Da, wo man mehr Bügel brauchen könnte, kann man kaum noch welche hinstellen: „Eine Erweiterung der Fahrradabstellanlagen in den stark belasteten Bereichen ist jedoch aufgrund der fehlenden Flächenverfügbarkeit bereits jetzt nicht mehr möglich. Neu angelegte Abstellanlagen, wie z.B. im Oberen Dittrichring zwischen Thomaskirchhof und Barfußgässchen, brauchten in der Regel nur wenige Wochen, bis sie in der Wahrnahme eines größeren Teils der Radfahrenden verankert waren und gut belegt sind. An noch neuralgischeren Punkten, wie z.B. der Richard-Wagner-Straße zwischen Nikolaistraße und Hallischem Tor, waren bereits am Tag nach der Installation die Radbügel praktisch ausgelastet.
In der verlängerten Ritterstraße, zwischen Brühl und Richard-Wagner-Straße, werden nach wie vor täglich dutzende Fahrräder an der ehemaligen Kunstinstallation angeschlossen, da dort noch keine dem Bedarf entsprechende Anzahl von Fahrradbügeln angeboten wird, wie dies insgesamt für das ganze Hauptbahnhofsumfeld gilt. Ein einzelner Standort, wie dem an der Hypo Vereinsbank, der bisher noch weniger genutzt wird, kann schon von daher nicht aufgegeben werden, da hier in naher Zukunft durch die zu erwartende Baustelle des ‚Burgplatzloches‘ in unmittelbarer Nachbarschaft erst einmal in großem Umfang Radabstellmöglichkeiten entfallen werden.“
Und allein aus der – eigentlich sehr großen – Abstellanlage in der Schillerstraße die Notwendigkeit für eine Auslastungsanalyse abzuleiten, hält das Baudezernat für Geldverschwendung: „Generell gilt ansonsten, dass analog der sehr unterschiedlichen Auslastung der Kfz-Stellplätze im Tages- wie Jahresgang, natürlich auch die Belegung der Fahrradbügel naturgemäß keine durchgehend gleiche ist. Die Aussagekraft einer Auslastungsanalyse und mögliche Anpassungsoptionen sind von daher also eher begrenzt (auch in Bezug auf die zukünftige Radverkehrsentwicklung), so dass von einer Beauftragung einer solchen Untersuchung abgesehen werden sollte. Der Aufwand für eine derartige Untersuchung wird mit ca. 10.000 bis 12.000 Euro geschätzt, ohne dass ein Mehrwert erkennbar scheint. Für die gleiche Summe ließen sich ca. 60 bis 80 Fahrradbügel für entsprechend 120 bis 160 Fahrräder an anderer Stelle im Stadtgebiet errichten. Darüber hinaus wird die Auslastung der Fahrradabstellanlagen regelmäßig stichprobenartig überprüft und bei Bedarf optimiert.“
Der Antrag der CDU-Fraktion zu den Fahrradbügeln.
Die Stellungnahme des Baudezernats.
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