Am Dienstag, 28. Juni, machte sich Oberbürgermeister Burkhard Jung auf zu einer kleinen Stippvisite im Zentrum-Ost. Denn hier wird in nächster Zeit ein wesentlicher Schwerpunkt der Leipziger Stadtentwicklung sein. Jahrelang war der sogenannte Innere Osten eher durch Brachen gekennzeichnet. Seit einigen Monaten aber tut sich hier etwas.

Insgesamt 15 Bauvorhaben sind derzeit in Planung, zwei Projekte sind bereits im Bau und eines ist schon fertiggestellt. Unter anderem sollen hier 700 Wohnungen, über 200 Appartements vor allem für Studenten sowie Gewerbeeinrichtungen, Hotels und drei Tiefgaragen entstehen. Bei einem Vor-Ort-Termin stellten Oberbürgermeister Burkhard Jung und Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau vier ausgewählte Vorhaben vor.

„Was im Inneren Osten begonnen hat, ist beispielhaft für die Revitalisierung ehemaliger Baulücken und damit für die Wiederbelebung eines ganzen Quartiers“, hob Burkhard Jung hervor. „Diese gute Entwicklung soll mittelfristig auf die ganze Oststadt ausstrahlen.“ Leipzig verfügt noch – und Burkhard Jung betrachtet es als Leipziger Besonderheit – über viele innerstädtische Brachen. Jetzt werden sie sternförmig ausgehend vom Zentrum in allen Richtungen der Stadt nach und nach erschlossen.

„Aus stadtplanerischer Sicht ist eine solche Brachen-Entwicklung deutlich besser als Neubaugebiete am Stadtrand“, so Burkhard Jung. Im Stadtbezirk Zentrum-Ost, der auch die Eisenbahnstraße mit umfasst, leben derzeit nach Angaben der Stadt 4.220 Einwohner. Seit 2011 wuchs die Bevölkerung hier um 18 Prozent.

„Auch aus diesem Grunde ist die städtebauliche Entwicklung des Quartiers Innerer Osten hoch willkommen“, kommentierte Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau bei der Vorstellung der ausgewählten Projekte. „Die Initialzündung war der städtebauliche Wettbewerb, den die LWB im Auftrag der Stadt 2010 für das etwa fußballfeldgroße Areal nördlich und östlich des Wintergartenhochhauses auslobte. Damit war der Rahmen für den 2012 erfolgten Realisierungswettbewerb für den neuen Firmensitz abgesteckt.“

2015 zog die kommunale Bau- und Wohnungsgesellschaft in ihr neues Gebäude ein. Zwischen Wintergarten- und Querstraße – wo bis zum zweiten Weltkrieg das Hotel „Rom“ stand“ – baut die LWB seit März 2016 nun auch zwei Wohngebäude mit 54 Wohnungen und 44 Appartements sowie acht Gewerbeeinheiten und einer Tiefgarage.

Das einszige Areal des Krystallpalastes. Foto: Ralf Julke
Das einszige Areal des Krystallpalastes. Foto: Ralf Julke

Das derzeit größte Vorhaben im Inneren Osten ist die Bebauung des Krystallpalast-Areals. Zwischen Brandenburger Straße und Wintergartenstraße will der private Grundstückseigentümer auf 2,7 Hektar Fläche eine Abfolge von vernetzten Block- und Hofstrukturen entstehen lassen. Die geplanten Gebäude bieten Platz für 175 Wohnungen und 164 Studentenapartments. Ansonsten ist an Hotelnutzung, Büros, Dienstleistungseinrichtungen, Einzelhandel und Gastronomie gedacht. Das Konzept basiert auf einem Masterplan, der aus einer Städtebauwerkstatt mit vier Teams aus Architekten und Landschaftsarchitekten hervorging, sowie auf den Ergebnissen einer Architekturwerkstatt mit fünf Büros. Der Entwurf des Bebauungsplans, mit dem die planungsrechtlichen Grundlagen geschaffen werden, liegt derzeit öffentlich aus und kann noch bis 13. Juli eingesehen werden. Nach Abwägung der Stellungnahmen und Abschluss eines städtebaulichen Vertrages zwischen Stadt und Investor beschließt der Stadtrat über ihn.

Seit 1881 / 1882 hat hier, in der Wintergartenstraße 17 / 19 der berühmte “Krystallpalast” gestanden – mit Theatersaal, Restaurant, Platz für 15.000 Gäste. Im Innenbereich des 24.000 Quadratmeter großen Geländes stand der von Arwed Roßbach entworfene und 1886 / 1887 gebaute riesige Kuppelbau, die “Alberthalle”, in der 3.000 Zuschauer Platz fanden. All das ging im Bombengewitter des 2. Weltkrieges unter. Nach dem Krieg baute sich hier der Zirkus Aeros eine Spielstätte, der dann 1961 das “Haus der heiteren Muse” folgte, wo es auch die Aufzeichungen beliebter DDR-Fernsehshows gab – etwa “Da liegt Musike drin”. 1992 wurde das leer stehende Gebäude durch Brandstiftung zerstört.

Neu im Entstehen ist Thiemes Hof zwischen Czermaks Garten und Querstraße. Ein Investor errichtet hier ein mehrgeschossiges Wohnhaus.

Dass sein Garten mal so berühmt werden würde, hat sich der Leipziger Physiologe Professor Dr. Johann Nepomuk Czermak (1828 – 1873) wohl nicht träumen lassen. Es war ja wirklich nur ein einfacher Hausgarten, keiner dieser opulenten Leipziger Lustgärten, wie sie die Boses oder Apels besaßen. 1890 erst wurde die Straße auf seinem Grundstück angelegt, seit 1893 trägt sie den Namen Czermaks Garten. Auf der Nordseite der Straße stand seit 1875 “Thiemes Hof”.

Das entspricht ungefähr der riesigen Baugrube, die man jetzt sieht. 1991 gehörte das Gebäude zu den vielen Kleinodien, die “Baulöwe” Dr. Jürgen Schneider in Leipzig kaufte – in diesem Fall für 15 Millionen Euro. Es gab wohl Pläne, ein Einkaufs-Center draus zu machen, daraus wurde ebenso wenig wie später die Vision einer Seniorenresidenz. Nachdem große Teile des Gebäudes eingestürzt waren, wurde es 2003 abgerissen und eine Wiese angelegt. Aufgrund einer Gestattungsvereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und der Stadt war die durch den Abriss entstandene Freifläche mit Baum- und Strauchpflanzungen als Zwischennutzung gestaltet worden.

Den Namen “Thiemes Hof” bekam der Gebäudekomplex übrigens 1910 durch den Leipziger Kaufmann Hugo Alfred Thieme.

Der "Bayrische Hof" im gegenwärtigen Zustand. Foto: Ralf Julke
Der “Bayrische Hof” im gegenwärtigen Zustand. Foto: Ralf Julke

Neues Leben soll in den Bayrischen Hof in der Wintergartenstraße 13 einziehen. Der 1888 errichtete dreiflügelige Hotelbau stand lange leer. Jetzt soll er saniert und als Wohngebäude mit 22 Wohnungen umgenutzt werden. Die Baugenehmigung ist bereits erteilt worden.

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