Das Brühlpelz-Hochhaus wird die erste Flüchtlingsunterkunft mitten in der Leipziger City. Heute öffnete Sozialamtschefin Martina Kador-Probst (47) die Türen für die Presse. Ab morgen Mittag werden die ersten 52 Ankömmlinge erwartet.
Noch ist die künftige Asylnotunterkunft eine große Baustelle. Im Erdgeschoss wird noch fleißig gewerkelt. Bis morgen soll sich ein ehemaliges Sonnenstudio in einen großen Speisesaal verwandelt haben. In den Duschräumen gleich nebenan sind noch letzte Handgriffe vonnöten. Bis Mittwoch sollen die achte, neunte und zehnte Etage bezugsfertig sein. Um die Mittagszeit werden die ersten Bewohner die Unterkunft beziehen.
Das Gebäude wird der Kommune von der Stadtbau AG bis Mitte April mietfrei zur Verfügung gestellt. Anschließend ist der Umbau zu einem Hotel geplant. “Deswegen ist es natürlich nur provisorisch”, erzählte Kadlor-Probst den Journalisten. Insgesamt bietet der Zehngeschosser in Kürze Platz für 520 Flüchtlinge. Großer Komfort erwartet die Neuankömmlinge nicht. 110.000 Euro investierte die Kommune in die nötigsten Umbauarbeiten, etwa die Einrichtung des Speisesaals und sanitärer Anlagen.
Die Zimmer sind spartanisch mit Feldbetten, Tischen, Stühlen und abschließbaren Spinds ausgestattet. In den oberen Etagen bietet sich den Bewohnern, deren Zimmer auf der Südseite gelegen sind, immerhin eine fantastische Aussicht auf die Leipziger Altstadt.
“Was meine Mitarbeiter seit Wochen machen, ist ein ganz großes Puzzlespiel”, berichtet Kador-Probst. Nicht jede Unterkunft ist für jeden Flüchtling gleichermaßen gut geeignet. Asylbewerber mit Handicap benötigen beispielsweise barrierefreie Zugänge zu Haus und Zimmer. Im Brühlpelz-Hochhaus fahren die Aufzüge allerdings nur bis zur neunten Etage. Eltern mit kleinen Kindern sollten idealerweise in den unteren Stockwerken einquartiert werden.
Acht Wachleute der Leipziger Sicherheitsfirma “Laval” sind für die Sicherheit im Objekt zuständig. Alle Anwesenden werden penibel registriert werden. Hierzu gibt die Einrichtung Chipkarten an die Bewohner aus, die mit Passfotos versehen sein werden. So soll sichergestellt werden, dass das längere Fehlen einzelner Flüchtlinge nicht unbemerkt bleibt.
Betrieben wird das Interim vom Deutschen Roten Kreuz. Annett Heise, Geschäftsführerin des Kreisverbands Leipzig-Stadt, schildert die Schwierigkeiten, in kurzer Zeit ausreichend Equipment für den Betrieb einer Asylunterkunft zu erwerben. “Was wir hier reinstellen, haben wir vor zwei Monaten bestellt, ohne zu wissen, dass wir diese Unterkunft übernehmen werden.” Das DRK verantwortet neben dem Betrieb die Mittagsverpflegung der Asylsuchenden. Die kalten Mahlzeiten werden von dem Großcaterer “Sodexo” angeliefert werden.
Um Lagerkoller zu vermeiden, stehen den Asylbewerbern Sozialräume zur Verfügung, in denen unter anderem Spielsachen für die Kinder bereitgestellt werden. Die Stadt verpflichtet für ihre Asylunterkünfte pro 50 Bewohner einen Sozialarbeiter, um eine adäquate Betreuung der Flüchtlinge sicherzustellen. “Wir legen viel Wert darauf, dass es hauptamtliche Sozialarbeiter sind”, betonte Heise.
Im Vorfeld hatte die “Alternative für Deutschland” Stimmung gegen die geplante Unterkunft gemacht. Kreisvorstand Ralf Nahlob betreibt gleich um die Ecke einen Friseursalon. Die AfD verwies in einer Pressemitteilung auf mögliche Belastungen der Gewerbetreibenden in der Nachbarschaft. Wie Kador-Probst am Dienstag bestätigte, fanden zu diesem Thema konstruktive Gespräche mit dem Centermanagement der “Höfe am Brühl”, dem Marriott-Hotel und dem City Leipzig Marketing e.V. statt. Um nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig zu erzeugen, soll das Objekt keinesfalls abgesperrt werden. Der Fußgänger-Durchweg in die Reichsstraße bleibt weiterhin nutzbar.
Das Brühlpelz-Hochhaus ist nicht die erste geplante Unterkunft in der Innenstadt. Im Herbst 2014 verhandelte die Stadt mit der Vicus AG über die Nutzung eines Hochhauses in der Johannisgasse. Nach Bekanntwerden der Pläne liefen seinerzeit Rechtspopulisten aus dem AfD-Umfeld und einzelne Anwohner Sturm. Die Gespräche zwischen dem Sozialamt und dem Immobilienunternehmen verliefen letzten Endes im Sande, weil sich die Beteiligten bei der Kostenfrage nicht auf einen gemeinsamen Nenner verständigen konnten.
Es gibt 2 Kommentare
>Ist die Stadtbau AG tatsächlich ein so stadtverwaltungsfreundliches Unternehmen?
Hm, vielleicht ist es so. Die Stadt Leipzig schustert ja der Stadtbau AG auch nahezu jedes Projekt zu. Das bekommt man ja vom örtlichen Immobilienblatt LVZ ständig unter die Nase gerieben, immer von demselben Redakteur.
Also, Stadt Leipzig, die Leipziger Volkszeitung und die Stadtbau AG verstehen sich sicher prächtig. Auch in der Veralberung ihrer Bürger, Leser und Anwohner.
Das Gebäude wird der Kommune von der Stadtbau AG bis Mitte April mietfrei zur Verfügung gestellt.
Ist die Stadtbau AG tatsächlich ein so stadtverwaltungsfreundliches Unternehmen? Nimmt man nur die mietfreie Bereitstellung als wesentliche Grundlage für die Antwort, dann könnte es so sein. Blickt man jedoch etwas intensiver, mit anderen Augen und ohne Fett auf der Brille auf dieses knallharte Wirtschaftsunternehmen, dann kann man durchaus zu anderen Schlussfolgerungen kommen. Dabei u.a. nicht vergessen, dieses Gebäude bzw. dieser Standort ist ein Immobilien – Filetstück in den neuen Bundesländern!!!!
Nachdenken ist nun erlaubt! Die Gedanken sind frei!