So einiges blieb unklar in der letzten Ratsversammlung am 16. September, als der Linke-Antrag, die Straßenbahnlinie 9 auf Leipziger Gebiet bis Markkleeberg zu erhalten, abgelehnt wurde. Und auch die Informationsveranstaltung am 8. Oktober im Neuen Rathaus konnte viele wichtige Fragen nicht klären. Am 28. Oktober liegt nun der Stilllegungsbeschluss der Stadtverwaltung auf dem Tisch. Doch die Linke will vorher ein paar Fragen beantwortet haben.

Denn am meisten stört die Linksfraktion die leidige Frage nach dem Geld: Einerseits beharren Verwaltung und LVB-Geschäftsführung auf der Aussage, dass 45 Millionen Euro Zuschuss durch den Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag ausreichen, um den Betrieb zu sichern. Und dann wird die Kappung eines Straßenbahnastes auch damit begründet, dass es am Geld fehlt. So geschehen in der letzten Ratsversammlung, wie die Linksfraktion in ihrem Fragenpaket anführt: “In der Ratsversammlung am 16. Dezember 2015 wurde unter anderem von Herrn Oberbürgermeister Jung ausgeführt, dass für den Weiterbetrieb der Straßenbahnlinie 9 von Connewitz Kreuz bis zur Stadtgrenze keine finanziellen Mittel für den Haushalt 2016 eingeplant wurden. – Weiterhin wurde in der Vergangenheit von der Geschäftsleitung der LVV und der LVB sowie der Stadt Leipzig immer wieder betont, dass die finanziellen Mittel aus dem VLFV über 45 Millionen Euro für die LVB völlig ausreichen. Unter anderem auf dieser ‘Basis’ wurde der Antrag der Fraktion Die Linke im Dezember 2013, die Mittel auf 48 Millionen Euro zu erhöhen, von der Verwaltung nicht unterstützt.”

VLFV ist der Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag, der sichert, dass die LVB von der Stadtholding jedes Jahr 45 Millionen Euro überwiesen bekommen, eine Summe, die nun seit Jahren stabil ist, aber augenscheinlich nicht ausreicht, um einen Streckenast wie den der Linie 9 bis Markkleeberg zu sichern.

Und Unverständnis erzeugt in der Linksfraktion auch die Tatsache, dass weder die LVB noch die LVV in ihren Wirtschaftsplänen auf die Einstellung des Streckenastes nach Markkleeberg verwiesen haben: “Da mit dem vorgelegten Doppelhaushalt 15/16 sowie aus der Mittelfristplanung (siehe Wirtschaftspläne) von LVB und LVV weder zu erkennen war, noch kommuniziert wurde, dass damit der Bestand an Verkehrsleistung, incl. der bestehenden (!) Straßenbahnlinien (hier die Linie 9), zumindest innerhalb der Stadtgrenzen nicht finanzierbar seien, fragen wir …”

Dabei fragen sie auch nach dem Zustand der fünf Busse, die die LVB im Sommer für 250.000 Euro gekauft haben, vier davon zum Einsatz auf der Linie 70 geplant, die künftig den Streckenast nach Markkleeberg fahren soll. Auch das war am 16. September als Frage im Raum geblieben: Warum kaufen die LVB schon Busse als Ersatz, wenn die Verwaltung nicht einmal einen Stilllegungsbeschluss für die Strecke vorgelegt hat?

Geplant haben die LVB mit der Stilllegung schon seit Jahren. Deshalb wurde auch nicht mehr in Gleise und Leitungen investiert. Trotzdem wurde gerade am 8. Oktober deutlich, dass zwar die wesentlichen Entscheider schon seit Jahren der festen Überzeugung waren, dass die Strecke abgeklemmt werden müsste. Nur stellte man dann nach den Entscheidungen im Kreistag des Landkreises Leipzig und des Markkleeberger Stadtrates in aller Stille fest, dass man den Leipziger Stadtrat und die betroffenen Leipziger Fahrgäste die ganze Zeit nicht einbezogen hat. So wirkt dann der Stilllegungsbeschluss, der am 28. Oktober in den Stadtrat kommt, logischerweise wie nachgeschoben, nachdem schon längst alle Eulen verflogen sind.

Die Fragen der Linken:

Wann wurde durch die Verwaltung und/oder die LVV und/oder LVB de facto „beschlossen“, die Strecke ab Connewitz Kreuz der Straßenbahn Linie 9 einzustellen?

Welche Ergebnisse (in EUR) brachten die vollständigen Kalkulationen (Linienertragsrechnungen) für den bestehenden Betrieb der Straßenbahn Linie 9 im Abschnitt Haltestelle Connewitz Kreuz bis Haltestelle Wildpark sowie der Straßenbahn Linie 9 im neu geplanten Abschnitt Connewitz Kreuz bis Haltestelle Klemmstraße?

Wie hoch sind/waren die Kosten für die Busanschaffung zur Verlängerung der Linie 70?

In welchem Zustand befinden sich die zu beschaffenden/beschafften Busse (u. a. Alter, Gesamtfahrkilometer, Erreichung der Euro-Abgasnorm für die Umweltzone, ggf. Sondergenehmigung, Klimatisierung)?

Welches Ergebnis brachte die Kalkulation (Bus) analog der Straßenbahn Linie 9 (Linienertragsrechnung) für den Streckenabschnitt Connewitz Kreuz bis Haltestelle Wildpark?

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Ja, oh ja, auch bei dem abgekarteten Spiel der LVB zusammen mit einem gutgläubigen OBM nebst sinnbefreit eilfertiger Stadtverwaltung und mit einem in Sachen ÖPNV ahnungsbefreiten Stadtrat waren offenbar Fehler und Unstimmigkeiten nahezu unvermeidlich. Hübsch, dass eine interessierte Stadtratsfraktion einige Lücken gefunden hat.

Den Zahlen der LVB braucht man keinerlei Glauben zu schenken, daran halte ich nach wie vor fest. (Die Entgegnungen des mittlerweile einschlägig bekannten Fahrplaners der LVB sind null überzeugend und rechnen regelmäßig mit Kenntnisdefiziten der fragenden Politiker und Journalisten.)

Dass Zahlen bis nahe an Verfälschung relativiert werden, gehört zu den Gepflogenheiten der Stadtverwaltung. Irgendein idealistisches Interesse bei der Stadtverwaltung braucht man nicht zu vermuten; so etwas müsste denn schon beim OBM zu suchen sein. Aber der aktuelle Amtsinhaber taucht zum Thema ÖPNV regelmäßig ab. Das gehört eben nicht zu seiner Agenda. Und der IHK ist dieses Thema auch wurscht.

Von daher ist das Thema ÖPNV in Leipzig ziemlich tot. Obwohl Leipzig am Wachsen ist, und sich die sog. “Zugezogenen” (den Begriff gibt’s so auch nur hier im Voralpendorf Leipzig) schon lange wundern, was für ein komischer Stadtverkehr hier angeboten wird.

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