Es ist heiß in der hohen Halle, die Sonne hat das Gebäude aufgeheizt. Lange Teppichbahnen liegen notdürftig ausgerollt und mit Gaffa verklebt am Boden. Es gibt zur Stunde noch keinen Betreiber, bis zum Abend des heutigen Freitag, 14. August, soll dieser gefunden werden. Solange es diesen Betreiber nicht gibt, können in der Ernst-Grube-Halle keine Asylbewerber übernachten, ganz gleich, in welchem Zustand der Ort ist. Geplant ist, dass die ersten 150 noch heute mit Bussen auf dem Gelände der Universität an der Jahnallee eintreffen.

Zur Stunde werden durch das Technische Hilfswerk (THW) auf dem ausgelegten Teppichboden die ersten Liegen aufgebaut, um eine erste Übernachtung bis Samstag sicherzustellen. Laut DRK-Auskunft sind derzeit 450 Liegen für den neuen Standort gesichert. Eine erste Einführung zum Vorhaben gab heute Dr. Michael Feist, Vizepräsident der Landesdirektion Leipzig.

Es ist noch vieles im Unklaren. So lange es keinen Betreiber des neuen Interim-Standortes Grube-Halle gibt, existiert kein rechtlich verantwortlicher Ansprechpartner für Leipziger Zivilinitiativen und Bürger die helfen wollen. Ohne diesen dürfen auch noch keine Flüchtlinge in das Gebäude gelassen werden. Sanitäre Einrichtungen sind für die ersten 150 Personen, welche bereits am Wochenende die riesige Halle bewohnen sollen, im Gebäude der Sporthalle gegeben. Zwei Sanitärtrakte sollen am Montag hinzukommen, so Dr. Michael Feist, „acht, neun Mann Security werden dauerhaft hier sein“ und die medizinische Versorgung soll der Betreiber übernehmen.

Mit den Kandidaten befinde man sich zur Stunde noch in Verhandlung – infrage kommen wohl am ehesten die Malteser oder die Firma European Homecare. Doch auch diese sind bereits gut beschäftigt in der Messestadt, so dass zum Beispiel für die Betreuung der 3. Grundschule an der Scharnhorststraße (ab Mitte September) gerade noch Bewerbungsgespräche bei European Homecare für die Personalsicherstellung laufen. Laut Dr. Feist wird es in jedem Falle zu einem stufenweisen Aufbau der Anzahl in der Notunterbringung geben.

Dr. Michael Feist mit den einletenden Worten zur Gesamtsituation in Sachsen. Chemnitz, Dresden- nun ist Leipzig dran. Foto: L-IZ.de
Dr. Michael Feist mit den einleitenden Worten zur Gesamtsituation in Sachsen. Chemnitz, Dresden- nun ist Leipzig dran. Foto: L-IZ.de

Bleibt der Zustand auch im neuen Semester?

Die Hauptforderung von Universitätsrektorin Dr. Beate Schücking am heutigen Tage war die Auflösung der Situation bis zum Beginn des neuen Semesters. Ein Wunsch, der nach ersten Einschätzungen der Gesamtlage eher unwahrscheinlich ist – die Friederikenstraße ist seit zwei Tagen bereits voll belegt, die Kapazitäten für die Erstaufnahmeeinrichtungen in Leipzig erschöpft. Dennoch versprach Dr. Feist weitere Prüfungen durch die staatliche Sächsische Immobilienfirma SIB, doch konkret war da nichts, die Auskünfte eher vage. Das Studentenwerk wird die Versorgung mit Essen und Getränken übernehmen, das Esssen soll aus der Mensa in die Halle gebracht werden.

Ebenfalls ein noch etwas unausgegorener Plan – es existieren keine Tische in der Ernst Grube Halle, so dass die Speisen am Boden oder auf den Liegen sitzend eingenommen werden müssten. Noch hofft man offenbar den Unibetrieb und die Unterbringung weitgehend getrennt halten zu können und hat mit Absperrbauten begonnen.

Dr. Beate Schücking. Die Unirektorin bittet ihre Studenten, sich kurz zu melden. Sie wollen helfen, Schücking fordert einen andere Lösung bis Semesterbeginn. Foto: L-IZ.de
Dr. Beate Schücking. Die Unirektorin bittet ihre Studenten, sich kurz zu melden. Sie wollen helfen, Schücking fordert eine andere Lösung bis Semesterbeginn. Foto: L-IZ.de

Die Polizei in Alarmbereitschaft

Unterdessen stellte Polizeipräsident Bernd Merbitz heute in der Pressekonferenz in der Grubehalle bereits klar, dass er und seine Kollegen sich seit einigen Tagen auf Hetzreden und Hass im Netz konzentrieren und es „bereits die ersten Gefährderansprachen“ geben wird, machte er deutlich, dass er Demonstrationen vor dem Universitätsgelände ausgesprochen kritisch gegenüberstehe. Beamte werden sich immer in der Nähe des Gebäudes und auf dem Gelände befinden, das Gebiet wird bereits seit zwei Tagen stärker bestreift.

In den kommenden Tagen wird sich demnach noch vieles entwickeln müssen an der Jahnallee. Klar ist hingegen – die Situation in der Halle könnte, stellt man sich einmal tatsächlich 500 Menschen vor, welche hier „leben“ und schlafen sollen – ein Alptraum werden. Ganz gleich, welcher Betreiber hier den Auftrag zur Betreuung erhält – es scheint, als ob er jede Hilfe auch von außen brauchen wird, um die Lage zu meistern.

Polizeipräsident Bernd Merbitz macht Gegnern der Flüchtlinge wenig Hoffnung und kündigt harte Schritte gegen Hetze und Hass an. Foto: L-IZ.de
Polizeipräsident Bernd Merbitz macht Gegnern der Flüchtlinge wenig Hoffnung und kündigt harte Schritte gegen Hetze und Hass an. Foto: L-IZ.de

Hilfsangebote müssen noch warten

Sobald dieser benannt ist, wird es noch ein paar Tage dauern, bis Hilfeangebote angenommen werden können und Abgabestellen benannt sind. Frühestens ab Montag ist also Unterstützung möglich. Was genau gebraucht wird, wird auch erst dann klar werden. Nach L-IZ-Informationen haben sich verschiedene Organisationen auf Hilfe vorbereitet. Und eine Gruppe Studenten wird Dolmetscherdienste leisten und versuchen, Asylbewerber in den Universitätsalltag zu integrieren, mit zu Vorlesungen und Veranstaltungen zu nehmen (Bericht dazu folgt).

Nachtrag 1: Heute um 18:50 erreichte uns die Nachricht, dass die Ernst Grube Halle von der Johanniter-Unfall-Hilfe, Regionalverband Leipzig, übernommen wird. Die ersten 150 Asylbewerber werden also heute in Leipzig eintreffen können.

Nachtrag 2: Ein Hinweis eines Lesers, welchen wir einfach mal drunter setzen, weil er Recht hat: “Hallo liebe LIZ Redaktion, Ich wollte bloss anmerken, dass ich etwas unfair finde, zu schreiben, dass Teppiche notdürftig ausgerollt sind. Auch diese Arbeit haben 6 Menschen gemacht, die viele Stunden in dieser Halle bei tropischen Temperaturen zugebracht haben um ihren Beitrag zu leisten. Ich verstehe, dass man hier und da Akzente setzen möchte um mit kleinen rhetorischen Kniffen den Ernst der Lage klar zu machen, aber dennoch ist diese “notdürfte” Arbeit die Arbeit von motivierten Menschen gewesen, die das ohne die Hilfe eines THW oder ähnlichen mit ihrer Hände Arbeit durchgezogen haben. Marcel V.”

Die Einführung von Dr. Michael Feist (Vizepräsident der Landesdirektion Leipzig)

Einige Aussagen von Unirektorin Dr. Beate Schücking

Die Fragerunde der Journalisten, Statement von Dr. Feist zur Gesamtlage & Aussagen von Polizeipräsident Bernd Merbitz

Eine Bildergalerie zum derzeitigen Stand vor Ort

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