Überall im Leipziger Stadtgebiet gibt es die Konflikte, Diskussionen und Erwartungen zur Funktionsfähigkeit von Straßen. Während die einen auch schon mal fraktionsübergreifend fordern "Ja keine Hemmnisse für den schnellen Verkehr!", schreiben frustrierte Bürger Petitionen, um Straßen, auf denen mit Kind und Kegel nur ein gefährliches Überqueren möglich ist, mit Tempo-Beschränkungen zu belegen.

So geschehen für die Oberdorfstraße in Stötteritz. Am Wochenende ein einigermaßen idyllisches Fleckchen Erde – nördlich lädt das Stötteritzer Wäldchen ein, gleich daneben brutzelt der alte Gutshof mit der “Scheune” in der Sonne und auf der anderen Straßenseite steht die Marienkirche zwischen grünen Bäumen und die Orgelklänge dringen durchs Grün.

Nur im wöchentlichen Berufsverkehr, da geht hier die Post ab. Denn die Oberdorfstraße ist Hauptstraße. Auf ihr treffen die Fahrzeugströme aus dem Kärnerweg und aus der Zuckelhäuser Straße (und damit aus der Holzhäuser Straße) zusammen, die entweder über die Papiermühlstraße oder gleich über die schmale Oststraße weiter ins Stadtinnere wollen. Wer hier mit Kindern über die Straße will, muss gut aufpassen.

Aber eine Herabstufung der Straße auf Tempo 30 wird es nicht geben, betont jetzt die Stadtverwaltung, nachdem zum zweiten Mal eine Petition zum Thema die Runde machte. Doch diesmal gibt man sich etwas weniger rigoros als beim ersten Mal und will zumindest prüfen, ob man an einem Teilstück Tempo-30-Schilder aufstellt: “Im Rahmen der Einzelfallprüfungen zur Umsetzung des Beschlusses der Ratsversammlung Nr. RBV-2023/14 ‘Tempo 30 vor allen Schulen, Kitas und Horten’ wird untersucht, ob im Bereich der Kindertagesstätte in der Oberdorfstraße Tempo 30 angeordnet werden kann.“

Das ist zumindest möglich, nachdem der Stadtrat sich mehrheitlich dazu bekannt hat, dass vor Schulen und Kindertagesstätten die Einführung von Tempo 30 geprüft werden solle.

Fußgängerinsel zwischen Gutshof und Marienkirche auf der Oberdorfstraße. Foto: Ralf Julke
Foto: Ralf Julke

Was erst einmal nichts daran ändert, dass die nicht wirklich breite Straße trotzdem eine Hauptverkehrsstraße ist, wie das Dezernat Stadtentwicklung und Bau betont: “Der betreffende Straßenzug Zuckelhäuser Straße/Oberdorfstraße hat im Straßennetz Leipzigs aufgrund seiner Lage eine wichtige Funktion und ist deshalb eine Hauptverkehrsstraße und als Kreisstraße eingestuft. Er dient entsprechend seiner Funktion der Aufnahme von Durchgangs- und Verbindungsverkehr und muss deshalb leider eine gewisse Verkehrsmenge aufnehmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Leipziger Hauptstraßen ist die Verkehrsmenge mit ca. 4.800 Kfz am Tag glücklicherweise aber eher gering.”

Die Gehwege sind gut ausgebaut, die Fahrbahn ist sechs Meter breit. Und mitten auf der Straße leuchten auch zwei Fußgängerinseln. Die sind nicht ohne Grund da, denn auf Verwaltungsebene weiß man natürlich auch, dass hier im Herzen von Stötteritz eine Menge Menschen zu Fuß unterwegs sind zu Kita, Spaziergang, Schule, Einkauf. Dass die Straße trotzdem ihre Tücken hat, sieht man schon beim Vorbeifahren, denn zwischen Dorstigstraße und Zuckelhäuser Straße ist extra ein großer Spiegel aufgestellt, damit die Autofahrer die schmale Kurve einsehen können.

“Da es in der Oberdorfstraße für Fußgänger erhöhten Querungsbedarf gibt, sind dort zwischen Lochmannstraße und Dorstigstraße (Gutshof, Kirche) und im Bereich des Zuganges zum Stötteritzer Wäldchen an der Zuckelhäuser Straße Mittelinseln als Querungshilfe vorhanden. Im Hinblick auf andere Straßen mit vergleichbarer Verkehrsfunktion weist die Oberdorfstraße damit sehr gute Querungsbedingungen auf”, betont das Planungsdezernat in seiner Stellungnahme. Und erklärt noch einmal ausführlich, warum es der Petition nicht abhilft: “Tempo-30-Zonen dürfen nach den verbindlichen Vorgaben der Straßenverkehrs-Ordnung in Hauptstraßen nicht angeordnet werden. In der Zuckelhäuser Straße/Oberdorfstraße ist eine Tempo- 30-Zone somit nicht umsetzbar. Auch für eine streckenbezogene Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind der Verwaltung in der Straßenverkehrs-Ordnung strenge Vorgaben gemacht worden. So muss für solche Maßnahmen eine besondere Gefahrenlage nachgewiesen werden. Diese wäre z. B. bei einer Unfallhäufung oder wenn Kinder ungesichert auf ihrem Schulweg die Straße überqueren müssen, gegeben. Das trifft für die Oberdorfstraße nicht zu. Eine auffällige Unfalllage ist nicht zu verzeichnen und zur Querung sind zusätzlich die oben erwähnten Mittelinseln vorhanden.”

Und wie ist das nun mit dem speziellen Weg zur Kita?

“Auf dem Weg zu Kindertagesstätten müssen die Kinder im Rahmen der Aufsichtspflicht von den Eltern oder anderen geeigneten Personen begleitet werden. Der Weg zur Kindertagesstätte unterscheidet sich dabei nicht von anderen Alltagswegen, die die Eltern mit ihren Kindern im öffentlichen Verkehrsraum bewältigen. Tagsüber halten sich die Kinder zumeist im Gelände der Kindertagesstätten auf oder unterliegen beim Verlassen der Einrichtung der Aufsichtspflicht des Personals. Es ist deshalb auch nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass im Bereich von Kindertagesstätten eine besondere Gefahrenlage besteht.”

Prüfen will man aber trotzdem: “Entsprechend dem Beschluss der Ratsversammlung Nr. RBV-2023/14 vom 16.04.2014 ist es vorgesehen, dort wo es rechtlich möglich ist Tempo-30-Regelungen an allen Schulen, Horten und  Kindertagesstätten einzuführen. Im Rahmen der dazu erforderlichen Einzelfallprüfungen werden auch die Bedingungen an der neuen Kindertagesstätte untersucht und es könnte gegebenenfalls in diesem Bereich eine Tempo-30-Regelung eingerichtet werden.”

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