Leipzig braucht jede Menge Bauplatz für neue Schulen. Keine Frage. Aber dass die Leipziger CDU-Fraktion so spitz darauf ist, gerade den Wagenplatz in der Fockestraße 80 als Schulbauplatz gesichert zu bekommen, das findet die Leipziger Linksfraktion geradezu suspekt. Warum hat die CDU sich nicht zu Wort gemeldet, als andere potenzielle Schulstandorte verkauft wurden?
In einer Anfrage im Frühjahr hatte die CDU-Fraktion gezielt danach gefragt, ob die Leipziger Verwaltung das Grundstück an der Fockestraße auch auf dessen mögliche Verwendung für städtische Interessen geprüft habe. Einen Schulbau könne sich die Verwaltung dort durchaus vorstellen, war die Antwort, aus der die CDU-Fraktion nun einen Stadtratsantrag gemacht hat, den Platz auch gleich für einen Schulneubau zu sichern.
Klingt erst einmal kinderfreundlich.
Aber die Stadträtin der Linken, Juliane Nagel, traut dem netten Motiv nicht über den Weg. Dazu ist ihr der Antrag zu klar auf den Wagenplatz “Focke 80” zugeschnitten.
“Die CDU-Stadtratsfraktion zeigt einen großen Einsatz für die Nutzung des Grundstücks Fockestraße 80 als Schulstandort. Das Engagement der CDU ist ehrenhaft, scheint jedoch politisch motiviert”, meint Juliane Nagel. Und fragt dann mal nach, wie es die Fraktion bislang mit städtischen Grundstücken hielt. Warum meldete sie sich nicht eher zu Wort, um wichtige Grundstücke für die strategische Stadtentwicklung zu sichern?
“Bis dato setzte die Fraktion eher auf den Ausverkauf städtischen Eigentums. Ihr verantwortlicher Bürgermeister war genau deswegen in jüngster Zeit immer wieder in die Kritik geraten”, stellt die Linke-Stadträtin fest. “Erinnert sei an den Verkauf städtischer Liegenschaften wie der Friederikenstraße 37 oder dem Areal am Alten Felsenkeller in Lindenau. Wo war die laute Stimme der CDU beim Versagen des Liegenschaftsamtes bei der Ausübung des Vorkaufsrechts in Bezug auf das Areal Bayerischer Bahnhof und das Jahrtausendfeld? Beide Flächen, die nun dem Immobilienunternehmen Stadtbau AG gehören, waren bzw. sind als Schulstandorte im Gespräch.”
Und nicht nur Immobilieninvestoren haben sich schon gemeldet, das attraktiv in Auwaldnähe und am Fockeberg gelegene Grundstück zu erwerben. Die Bewohner des Wagenplatzes sind auch selbst daran interessiert, ihren Aufenthalt zu legalisieren. Sie haben durchaus registriert, dass die Stadt Leipzig ihre Probleme mit alternativen Grundstücksnutzungen hat, wenn dahinter nicht ein bürgerrechtlicher Vertrag zu Pacht oder Besitz steht. Also wollen sie sich rechtlich in Grundstücksbesitzer verwandeln.
Juliane Nagel: “Bereits seit Ende vergangenen Jahres sind die Kaufabsichten der BewohnerInnen des Wagenplatzes in der Fockestraße 80 bekannt. Ein folgerichtiger Schritt, schließlich wird das besagte Grundstück seit 2001, also seit 14 Jahren, von den BewohnerInnen genutzt. Die Fläche war ein Ausweichort für den vormaligen Platz in der Windscheidstraße, der wegen Wohnbebauung geräumt werden musste.”
Auf dem Wagenplatz in der Fockestraße leben derzeit rund 60 Menschen verschiedener Generationen, auch Kinder.
“Die selbstverständlich Schulen besuchen oder besuchen werden”, betont Juliane Nagel. “Schon vor diesem Hintergrund wird das Motiv der CDU, die beiden Nutzungen gegeneinander auszuspielen, durchsichtig. Wagenplätze sind Wohnorte wie auch befestigte Häuser. Und wer würde schon Häuser abreißen, um dort Schulen zu errichten?”
Die Linke setze sich deshalb für die Legalisierung des Wagenplatzes in der Fockestraße 80 durch den Kauf oder eine Verpachtung des Grundstücks durch die langjährigen BewohnerInnen ein. Auch das Liegenschaftsamt habe kurz vor der Sommerpause auf ein Schreiben der StadträtInnen Juliane Nagel (Die Linke), Norman Volger (Bündnis 90/Die Grünen) und Christopher Zenker (SPD) mitgeteilt, dass der Verkauf des Grundstücks eingeleitet wird.
“Die Nutzung des Grundstücks als Schulstandort, wie es noch im Juni in Antwort auf die Anfrage der CDU-Fraktion bekundet wurde, scheint demnach vom Tisch”, sagt Juliane Nagel. “Ich fordere die CDU-Fraktion auf, sich konstruktiv in die Schulentwicklungsplanung und Liegenschaftspolitik einzumischen, anstatt Stimmung gegen alternative Wohnformen zu machen.”
Auch für die SPD-Fraktion ist der Vorschlag der Christdemokraten, auf dem Grundstück Fockestraße 80 eine Schule errichten zu wollen, lediglich ideologisch geprägt und nicht unbedingt von dem Wunsch nach mehr Schulen geleitet.
Christopher Zenker, Mitglied im Fachausschuss Jugend, Schule, Gesundheit und Soziales: “Natürlich braucht die Stadt Leipzig mehr Schulplätze und natürlich sind diese vor allem auch im Süden der Stadt notwendig, weil dort viele Familien mit Kindern leben. Dies fordert die SPD seit Langem und nach einem Jahrzehnt Untätigkeit entdeckt nun auch die CDU das Thema Schulen. Beim Lesen der Schulnetzplanung sollte jedoch auch der CDU aufgefallen sein, dass dieser Standort in der Liste der möglichen neuen Schulstandorte im Süden weit unten angesiedelt sein dürfte, da die angrenzende Bundesstraße eine hohe Lärmbelastung aufweist und die Randlage zur Wohnbebauung zu längeren Schulwegen führt. Das ist gerade bei Grundschulen ungünstig”, so Zenker
Mit 14.000 Quadratmetern Fläche wäre das Grundstück in der Fockestraße nämlich maximal für eine Grundschulen groß genug, da weiterführende Schulen deutlich mehr Platz benötigen. Aktuell befindet sich auf dem Gelände an der Fockestraße ein Wagenplatz, der auf Initiative der Stadtverwaltung dort entstanden ist, um ein Bauvorhaben auf dem anfänglich genutzten Gelände in der Windscheidstraße zu realisieren. Die Bewohner des Platzes bemühen sich derzeit um eine langfristig vertraglich abgesicherte Nutzung des Areals.
“Letztendlich handelt es sich bei dem Vorschlag der CDU um eine Nebelkerze: Mit einem vermeintlich sozialen Ziel soll eine Wohnform verdrängt werden, die nicht ins konservative und antiquierte Weltbild der Union passt. Die SPD steht für ein vielfältiges Leipzig, wozu auch die Vielfalt bei den Wohnformen gehört. Die CDU sollte endlich im 21. Jahrhundert ankommen, in dem es den Leuten freigestellt wird, wie sie wohnen und leben”, so Zenker abschließend.
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