So langsam kommen die wilden Träume der 1990er Jahre in der Realität des 21. Jahrhunderts an. Zu diesen wilden Träumen gehörten auch teilweise gigantische Pläne für große Eigenheim- und Neubausiedlungen am Leipziger Stadtrand - so wie die "Parkstadt 2000" in Leipzig-Portitz. Jahrelang war es still geworden um die Siedlung, auch weil die Bauarbeiten nach einem ersten Beginn komplett zum Erliegen kamen. Jetzt war's einem Bewohner dann doch ein bisschen zu still geworden.
Zwar schien sich bei den Eigentümern mittlerweile irgendwas zu tun, Gespräche mit der Stadt sollte es auch geben. Doch um Näheres zur augenblicklichen Situation zu erfahren, wandte sich H. G. Knoesel an den CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski. Der wusste auch nichts Genaueres darüber und verwies den Mann an die Stadtverwaltung. Zur Ratsversammlung am 21. Januar landete dort seine Bürgeranfrage. Und Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau hat sie nun auch beantwortet – so ausführlich das geht.
Denn so recht hatte auch der befragte CDU-Stadtrat nicht Auskunft geben können, wofür die Stadt dort nun zuständig ist und wofür nicht.
“Er sagte uns zu, dass er sich um die dringendsten Probleme kümmern wird”, hatte Herr Knoesel erklärt. “1. Beseitigung der Glascontainer (Ecke Künstlerbogen, wird als Müllhalde für jedermann genutzt.) 2. Reinigung der Wasserabläufe auf der Straße. 3. Straßenreinigung 1x monatlich mit Kehrwagen.”
Doch nach wie vor ist die “Parkstadt 2000” ein privates Projekt, auch wenn der erste Investor nach einem ersten überaus euphorischen Start aufgehört hat zu bauen. Aber die späten 1990er Jahre waren eindeutig keine Zeit mehr, in der die Leipziger eiligst in den neu bebauten Speckgürtel zogen, es war eher der Moment, als die innerstädtischen Quartiere wieder begannen zu blühen. Einige Projektentwickler haben darauf reagiert mit der Anpassung ihrer Projekte – wie etwa im “Sonnenpark” in Probstheida. Das scheint in Portitz nicht gelungen zu sein.
“Die planungsrechtliche Grundlage für die ‘Parkstadt 2000’ ist der Bebauungsplan Nr. 25.1 ‘Wohngebiet Portitz-Süd’, der am 11.10.1997 in Kraft getreten ist”, erläutert nun Leipzigs Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau. “Das damalige und bis heute formell nicht geänderte Planungsziel war die Entwicklung und Erschließung von ca. 1.500 Wohneinheiten (jeweils zur Hälfte im Geschosswohnungsbau bzw. in Einfamilienhäusern).”
Doch diese Pläne waren wohl viel zu ambitioniert. Dubrau: “Eine Realisierung erfolgte in den ganzen Jahren jedoch nur in geringem Umfang (ca. 100 Wohneinheiten und Teile der Erschließung). Dabei wurden auch Straßen gebaut, die ohne die eigentlich vorgesehene Hochbebauung scheinbar ‘unmotiviert’ in der Landschaft liegen. Gleichwohl sind sie für den Verkehr freigegeben und werden auch genutzt.”
Und was den fragenden Bürger irritierte, ist augenscheinlich nicht die Aufgabe der Stadt, sondern Pflicht der privaten Eigentümer. Das betrifft auch die unbebauten Grundstücke an den schon gebauten Straßen.
Dorothee Dubrau: “Die Eigentümer der anliegenden, wenn auch unbebauten Grundstücke, haben Verpflichtungen als Anlieger, wie z.B. die Reinigung der Gehwege, denen sie bisher leider nicht im notwendigen Maße nachgekommen sind. Es ist richtig, dass die Eigentümervertreter vor einiger Zeit im Stadtplanungsamt vorstellig geworden sind, aber nicht wegen der Straßenreinigung, sondern wegen der weiteren Entwicklung des Gebietes. Nach übereinstimmender Auffassung der Verwaltung und der Eigentümervertreter soll das städtebauliche Konzept überarbeitet und ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der neue Eigentümer die Verpflichtungen bestehender Verträge übernimmt, was bisher noch nicht geschehen ist.”
Das Ganze steckt jetzt also in einer unentschiedenen Situation: Die neuen Eigentümer sind noch nicht in die mit dem Projekt verbundenen Pflichten eingetreten. Also kommt auch die Änderung des Bebauungsplanes nicht in Gang. Und es bleibt trotzdem privates Gelände und die Straßen bleiben Anliegerstraßen, betont Dubrau. Von einer monatlichen Pflichtreinigung durch die Stadt könne keine Rede sein.
Aber die Verwaltung habe die Anfrage trotzdem ernst genommen und vor Ort kontrolliert, was dran ist an den Beschwerden: “Ihre Einwohneranfrage wurde zum Anlass für eine zusätzlich durchgeführte Straßenkontrolle des Verkehrs- und Tiefbauamtes genommen. Diese hat ergeben, dass Straßen und Wege in einem guten Zustand sind, lediglich die Schnittgerinne und auch teilweise Randbereiche der Verkehrsflächen eine überdurchschnittliche Verschmutzung aufweisen. Das beeinträchtigt leider auch die Wasserabläufe. Das Verkehrs- und Tiefbauamt hat diese im Ergebnis der Kontrolle zuletzt am 15.01.2015 gereinigt.”
Die Reinigung der Straßen, Wege und Gerinne aber ist Aufgabe der Eigentümer. Denn dafür zahlen die Anlieger auch keine Straßenreinigungsgebührn, wie das Dezernat für Umwelt und Ordnung explizit ausführt: “Es gibt keine Reinigungsklasse 1x monatlich bei der Straßenreinigung. In der gültigen Straßenreinigungssatzung bzw. deren Anlage wird jeweils die Straße mit dem entsprechenden Reinigungsturnus je Seite auf der Fahrbahn und dem Gehweg festgeschrieben.
Es handelt sich im Bereich der Parkstadt 2000 um Anliegerstraßen, bei denen wie bei einigen Eingemeindungen zur Stadt Leipzig die Reinigung an die Anlieger übertragen wurde und keine Straßenreinigungsgebühren erhoben werden.
Bisher ist die Reinigung von verkehrsschwachen Wohngebietsstraßen insbesondere in solchen Ortsteilen nicht vorgesehen. Wenn eine Reinigung eines gesamten Wohngebietes erfolgt, werden die anfallenden Gebühren durch den jeweiligen Grundstückseigentümer getragen bzw. im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt.”
Die Eigentümer des “Parkstadt”-Geländes müssen also regelmäßig reinigen lassen. Aber die tun sich schwer mit dem Gelände, auf dem auch nach 2000 mehrere Versuche gescheitert sind, weitere Teile des großen Geländes zu bebauen und zu vermarkten. Gegenüber anderen Projekten wie dem “Schönauer Viertel” in Grünau ist die “Parkstadt 2000” eindeutig ins Hintertreffen geraten, was auch an ihrer Nähe zur Autobahn A 14 liegt und dem damit verbundenen Lärmschutzproblem, ein Thema, das 2009 zuletzt hochkochte.
Ob die Fehler der Pläne von 1997 heilbar sind, wird man vielleicht hören in nächster Zeit – zumindest, wenn Stadt und Investoren eine gemeinsame Lösung finden. Sonst bleibt das Ganze in seinem unfertigen Zustand stecken, der da und dort auch etwas kläglich aussieht, etwa wenn die Stadt auf ihrer großen Spielplatz-Seite auch das magere Sandkästchen in der Werfelstraße in der “Parkstadt” zeigt. Da braucht es schon eine robuste Kinderseele, um dabei nicht ins Heulen auszubrechen.
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