Was fängt man mit einem brach liegenden Stadtplatz an, wenn alle Pläne, ihn in ein Denkmal zu verwandeln, so gründlich gescheitert sind wie beim Wilhelm-Leuschner-Platz? Natürlich entstehen dann erst recht lauter Ideen. Die Leipziger sind ein kreatives Völkchen. Die FDP schlug ganz klassisch vor, einen Parkplatz draus zu machen, die Piraten befürworten einen Freiraum für Streetart, die Grünen schlugen Park statt Parkplatz vor. Zuerst. Ihr zweiter Vorschlag sieht noch ein bisschen anders aus.

Der erste Vorschlag stammte vom Kreisverband, der damit wahrscheinlich auch das Nachdenken bei den Grünen erst einmal so richtig in Gang setzte. Denn geredet wird ja auf offizieller Ebene stets und ständig vom tollen und kreativen Flair der Stadt. Wenn es aber an ernsthafte Entscheidungen geht, der kreativen Szene Freiräume zu schaffen, kneift nicht nur die Verwaltung gern, dann vergessen auch zwei Drittel aller Stadträte schnell, dass sie auch mal jung waren oder gar offen für Neues.

Und genau dafür wäre dieser Platz im Herzen der Stadt denkbar gut geeignet, befand die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Und so lange keiner mit einer wirklich mit Geld und Verstand untersetzten Idee um die Ecke kommt, bietet sich die Brachfläche geradezu an für junge Projektideen. Was übrigens der von der Stiftung Friedliche Revolution gemeinsam mit der HTWK veranstaltete Herbstsalon gerade aufs Beste bewiesen hat: Hier kann man zeigen, was in Leipzig an Potenzialen da ist.

“Der Wilhelm-Leuschner-Platz ist ein Platz mit großem Entwicklungspotenzial und stadträumlich hohem Wert. Die Brache ist im Moment ein eher isoliertes Gebiet und im Bewusstsein der Menschen nur noch wenig präsent, da er seit Jahrzehnten entweder als Parkplatz genutzt wird oder Bauzäune die Größe und Bedeutung verstellten und vergessen haben lassen”, stellen die Grünen nun in ihrem frisch eingereichten Antrag fest. Und sie verweisen auch darauf, dass der eigentliche Zündfunke für den Platz nicht von irgendeinem Denkmals-Wettbewerb ausgehen wird, sondern von der Entwicklung des benachbarten Markthallen-Viertels: “Die städtebauliche Planung für den Platz schreitet voran, Markthalle und angrenzende Bebauung sind in naher Zukunft realistisch, die weitere Entwicklung ist aber zeitlich noch nicht greifbar. Somit wäre eine Zwischennutzung, die die Bedeutung des zentralen Platzes wieder bewusst machen kann, durch die Wiederbelebung und Wieder-Inbesitznahme durch die Leipziger Bürgerinnen und Bürger eine sinnvolle Zielstellung für die Zwischenzeit.”Das reibt sich zwar mit dem gewöhnlichen Verwaltungsdenken, das die Dinge gern in Regelwerke und “Leitplanken” packt. Aber wo, wenn nicht hier, können Leipzigs Kreative in aller Öffentlichkeit zeigen, welche Potenziale in Leipzig schlummern?

“Die Größe des Platzes bietet vielen Ideen Raum. Am Wilhelm-Leuschner-Platz ist z. B. Raum für Begegnung und Kommunikation gegeben, der dem Erleben des sich verdichtenden Leipziger Stadtraums eine andere Dimension erfahrbar macht”, stellen die Grünen fest. “Anknüpfend an die aktuelle kulturelle Nutzung ‘Herbstsalon’ durch die Stiftung Friedliche Revolution und die HTWK könnten hier Theateraufführungen und Konzerte, Märkte oder marktähnliche Veranstaltungen und Firmenpräsentationen stattfinden. Auch wäre Platz für Sportveranstaltungen oder Schlittschuhlaufen auf Spritzeis im Winter, Streetball oder einem Skaterparcours. Der jetzige Parkplatz könnte integriert bleiben. Ein passendes gastronomisches Angebot längs der Nord-Süd-Kante des Platzes würde die Attraktivität und den Aufenthaltswert erheblich heben können. Dazu sollten Sitzgelegenheiten aufgestellt werden.”

Dazu muss man den Platz auch nicht mit Granit pflastern. Man braucht vielleicht sogar nur einen kompetenten Partner aus der Leipziger Kreativenszene, der die Bespielung der Platzes im Einvernehmen mit der Verwaltung organisiert.

“Wichtig wäre, dass alle Zwischennutzungen hier temporär zu erleben wären und damit endlich sind”, betonen die Grünen den auf Zeit angelegten Charakter ihrer Idee. Der Platz kehrt wieder ins Bewusstsein der Leipziger zurück, aber die Möglichkeiten einer klugen städtebaulichen Entwicklung werden nicht verbaut.

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“Denn das langfristige Ziel ist die städtebauliche Entwicklung dieses Platzes mit Markthalle, Wohn-, Kultur- und Gewerbeflächen”, betonen die Grünen in ihrem Antrag. “Da zukünftig auch ein offener Platz erhalten bleiben soll, würde mit der Zwischennutzung das Leben mit der Bebauung nicht aus dem Viertel verdrängt werden, sondern könnte die Menschen jetzt an den Platz ziehen und sie dann auch binden. Die inhaltliche Fülle sollte sich von sich aus entwickeln können, dies entspricht der Idee eines ‘Marktes der Möglichkeiten’ wobei verschiedenste Aktivitäten, oft aus dem freiwilligen oder kreativen Umfeld, sich in der Öffentlichkeit vorstellen können und damit zur gewünschten Belebung des Platzes beitragen. Es ist selbstverständlich im Sinne des Antragstellers, wenn durch überschaubare temporäre gewerbliche Nutzungen auch Einnahmen erzielt werden, bzw. die Nutzer an den anfallenden Kosten beteiligt werden.”

Und so lauten die Beschlusspunkte des Grünen-Antrags, der erst einmal durch die zuständigen Ausschüsse wandern soll:

1. Das Areal Wilhelm-Leuschner-Platz ist für eine Nutzung für die Bevölkerung zu öffnen. Bis zum Beginn der städtebaulichen Entwicklung sind Zwischennutzungen zu ermöglichen.

2. Die Verwaltung entwickelt bis Ende 2014 zur Vergabe von Genehmigungen für Zwischennutzungen ein Konzept. Initiativen, Sport- und Freizeitnutzungen, Kulturschaffende, Gewerbe, mobile Gastronomie etc. können eine Nutzung bei der Stadt Leipzig beantragen. Damit soll zudem auch eine Entlastung der Innenstadt von Großveranstaltungen erreicht und deren bessere Absicherung gewährleistet werden.

3. Die Stadt Leipzig prüft, ob es anliegende Infrastruktur gibt, die mit einbezogen werden kann. Zudem wird geprüft, welche weiteren Investitionen zur Förderung der Belebung des Platzes nötig sind.

Der Grünen-Antrag als PDF zum Download.

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