Ist zwar schon ein Weilchen her. Mit dem Auto ist man halt nicht so schnell. Aber am 28. Mai traf sich der Ortsverband Nord der Leipziger CDU zu einer nicht ganz unwichtigen Diskussion zum Thema "Umgestaltung Georg-Schumann-Straße". Die fand vor nunmehr zwei Jahren statt mit einer Abmarkierung der Straße mit Radwegen und Parkstreifen. Vorerst als Testvariante, auch um herauszufinden, ob auch der Neubau der Straße in dieser Struktur Sinn macht. Aber irgendwie leckt die CDU noch ihre Wunden von 2012.

Nach Mitteilung von CDU-Stadtrat Konrad Riedel soll derzeit im Rathaus wieder eine Informationsvorlage für den Stadtrat über die seit 2012 laufende Testphase in der Georg-Schumann-Straße herumgeistern, in der Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau eine recht positive Bilanz des Experiments zieht. “Die beabsichtigten Ziele (Verbesserung Radverkehr, Erhöhung Verkehrssicherheit, Verdrängung Gehwegparker) in der Georg-Schumann-Straße wurden erreicht”, zitiert er.

Aber irgendwie will der Ortsverband Nord der CDU das gar nicht so sehen.

“Dass diese Straßenmalerei, die neben dem Parken einseitig den Individualverkehr der Radfahrer bevorzugt, den ÖPNV (Straßenbahn und Bus!) total ausbremst, meint Frau Dubrau wohl als Kollateralschaden verheimlichen zu dürfen. Entsprechend laute Kritik äußern auch die Bürger”, meint Riedel, nennt es einen “dilettantischen ‘Test'” und merkt so nebenbei an, dass es die Besucher der besagten Ortsverbandsversammlung waren, die so denken. Die CDU verwechselt ihre Mitglieder und Sympathisanten gern mit den Bürgern überhaupt.

Aber gerade in der Verkehrspolitik überschneiden sich die Interessen. Und ein kleiner Blick ins L-IZ-Archiv zeigt, wie vehement die CDU Nord auch 2012 schon gegen die Umgestaltung der Straße polemisierte.Einige Kritikpunkte sind natürlich nur zu berechtigt. Und wenn die Stadt die Abmarkierung als “Test” bezeichnet, erwartet man zu recht, dass diese Konflikte ausgeräumt werden.

“Erstens wird der ÖPNV auf dem Weg in den industrialisierten Leipziger Nordwesten mit den täglichen Staus zwischen Ehrenstein- und Lützowstraße und stadtwärts zwischen Slevogt- und Lindenthaler Straße entgegen des politischen Willens laut Verkehrskonzept der Stadt – ÖPNV hat Priorität! – völlig unattraktiv. “, meint Riedel. Aber genau das war ja der Sinn des Umbaus. Der Verkehr in den “industrialisierten Leipziger Nordwesten” soll seit Fertigstellung des nordwestlichen Teilstücks des “Mittleren Rings” eigentlich über die Max-Liebermann-Straße rollen. Aber daran halten sich nicht einmal die Porsche-Fahrer, die im Pulk von ihrem Innenstadthotel zur Porsche-Teststrecke fahren.

Natürlich sind sie nicht das Grundproblem. Das Problem ist eher der ganz gemeine Feierabendverkehr. Dann stauen sich an den Kreuzungen die Fahrzeuge all der Leipziger, die nach Hause in ihr Wohnviertel rechts und links der Georg-Schumann-Straße wollen. Und sie stauen sich an den von Riedel genannten Kreuzungen tatsächlich bis auf die Gleise der Straßenbahn.”Die Vorrangschaltungen der Straßenbahnen werden ad absurdum geführt, weil die Autospuren für Radfahrer vorgehalten werden und die Autos – Wirtschafts- und Individualverkehr! – sich auf den Gleisen stauen”, stellt Konrad Riedel fest. “Zweitens führt die mit ideologisch bedingter Engstirnigkeit bewusst errichtete Verkehrsraumblockade in der in ihrer vor 100 Jahren geplanten Struktur durchlassfähigen Magistrale zur Belastung der Wohngebietsstraßen (insbesondere Blücher-, Kirschberg-, Wiederitzscher Straße) durch Umgehungs- und Parallelverkehr mit hoher Lärm- und Feinstaubbelastung.”

Unüberhörbar: Die CDU möchte gern die alte Straßenstruktur wieder haben. Und dass sich jetzt Radfahrer auf der Straße breit machen, findet der Orstverband Nord gar nicht gut.

“Weder Verkehrssicherheit (außer luxusbreiter Radfahrflächen) noch Erreichbarkeit haben sich in dieser Magistrale verbessert. Und mit dem einem gedanklichen Experimentierkasten ‘Perlenschnur’ entsprungenen, für eine knappe Million Euro neu gebauten ‘Huygensplatz’ hat das Baudezernat seine verkehrsbauliche Inkompetenz wie noch nie belegt: Verkehrsflächeneinengung, die zu ständigen Abbiegestaus und höchst gefährlichen Busbegegnungen führt. Darüber hinaus wurde der Platz ohne Berücksichtigung der Hinweise aus Senioren- und Behindertenbeirat ‘möbliert’. Dieselben Fehler werden auch wieder beim laufenden Bau des Möckernschen Marktes in der Knopstraße gemacht”, nennt Riedel noch ein paar Dinge, die ihn an der Straßenplanung stören.”

Statt der Schönfärberei im bürgermeisterlichen Fazit müssen umgehend die Attraktivität des ÖPNV auf der Magistrale wiederhergestellt und die Wohngebiete von Durchgangsverkehr befreit werden”, fordert er. Und hat auch schon eine Lösung: “Am einfachsten wäre dies zu erreichen, wenn die pkw-breiten (1,85 Meter!) Radfahrstreifen durch ein Meter breite Schutzstreifen (mit Leitlinie: gestrichelt, also bei Bedarf überfahrbar, wenn dabei Radfahrer nicht gefährdet werden) ersetzt werden. Für die Wirksamkeit und Verkehrssicherheit gibt es übrigens ganz in der Nähe der Schumannstraße ein passendes Beispiel. Auf der Gustav-Esche-Straße Richtung Leutzsch ist nicht nur ähnlich dichter Motorverkehr, sondern sind auch sehr viele Radfahrer auf dem Schutzstreifen unterwegs. Von Unfällen dort ist nichts bekannt! Oder der fast emissionsfreie Radverkehr wird gänzlich von der Magistrale verwiesen in die Wohngebietsstraßen.”

Womit man wieder da wäre, wo man 2011 schon war.

Dass der CDU nicht auffällt, dass auch der opulent geschaffene neue Parkraum in der Straße zu den Platzproblemen beiträgt, ist schon erstaunlich. Es wird auch mitten in den Stauzonen vor den von Konrad Riedel genannten Kreuzungen geparkt. Und ganze Parkbereiche haben sich zum Abstellplatz für Transportfahrzeuge und Lkw aller Art entwickelt, die im öffentlichen Parkraum eigentlich nichts zu suchen haben.

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