Den besonders schönen, aber ökologisch sensiblen Floßgraben wollen viele Leipziger und Touristen gern als Wasserweg erkunden. Das ist nachvollziehbar, kann aber nur unter gewissen Voraussetzungen stattfinden, stellen die Leipziger Naturschutzverbände jetzt in einem gemeinsamen Papier fest. Erstmals in dieser Art gemeinsam. Zu lange wurde der Naturschutz im Leipziger Auenwald politischen Stimmungen geopfert.
Da sich der Floßgraben in einem europäischen Vogelschutzgebiet (SPA) befindet, muss eine besondere Regelung getroffen werden, um die Schutzziele in diesem Teil des Auenwaldes zu erhalten und zu erreichen.
Die Leipziger Naturschutzverbände NABU-Regionalverband Leipzig e.V., Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. und BUND Regionalgruppe Leipzig e.V. sowie die Vereine Naturschutz und Kunst Leipziger Auwald (NuKLA) e.V., Deutscher Alpenverein, Sektion Leipzig e.V., Landesverein Sächsischer Heimatschutz e.V., NaturFreunde Leipzig e.V., Ornithologischer Verein zu Leipzig e.V. und Verein Leipziger Wanderer e.V. haben ein Konzept erarbeitet, das aus ihrer Sicht eine noch tolerable Nutzung dieses ökologisch besonders wertvollen Gewässers darstellt. Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. sowie der Kanubootsverleiher Freizeit-Abenteuer haben sich den Vorschlägen der Leipziger Naturschützer angeschlossen. Zusammen haben diese elf Akteure jetzt der Leipziger Stadtverwaltung einen entsprechenden Forderungskatalog übergeben, der 13 Punkte umfasst.
Eine Hauptforderung ist, den Floßgraben für Motorboote komplett zu sperren. Nur mit Muskelkraft sollen Bootsfahrer durch den Floßgraben paddeln dürfen. Außerdem werden Regelungen vorgeschlagen, den Bootsverkehr in der Brutzeit des Eisvogels auf Durchfahrtszeiten von täglich vier Stunden und auf eine Anzahl von maximal 30 Booten pro Tag zu beschränken. Die Durchfahrt soll nur noch im Sächsischen Kanuverband organisierten Paddlern erlaubt sein sowie geführten Gruppen aus maximal zehn Booten. Die Veranstalter dieser Touren sollen sicherstellen, dass die Teilnehmer über die Belange des Naturschutzes belehrt sind und ihr Boot sicher steuern können.
Um den sensiblen Uferbereich zu schützen, fordern die Naturschützer ein Anlege- und Betretungsverbot, außerdem soll auch von der Landseite her das Betreten und Befahren der Uferbereiche verhindert werden. Zudem fordern die Naturschützer die Behörden auf, die Regelungen auch wirksam zu kontrollieren.
Ziel der Initiative ist es, den Floßgraben als Naturjuwel im Leipziger Auwald zu schützen, insbesondere aber die Brut des streng geschützten Eisvogels. Deshalb soll die Nutzung des Gewässers vor allem in seiner Brutsaison von April bis Ende August eingeschränkt werden.
Der Schutz der Eisvogelbruten ist eine gesetzliche Verpflichtung, die nach den Naturschutzvorschriften des Bundes und der Europäischen Union unumgänglich ist. Die Stadtverwaltung war dieser gesetzlichen Vorgabe im Jahr 2013 mit einer Sperrung des Floßgrabens mittels Allgemeinverfügung nachgekommen, hatte aber gleichzeitig Ausnahmeregelungen erlassen. Diese führten zu täglichen Störungen der Eisvögel bei der Brut und beim Nahrungserwerb, sowie zu massiven Störungen an den Wochenenden, wo der Bootsverkehr für eine bestimmte Tageszeit komplett freigegeben war.
Die Naturschutzverbände sprechen sich stattdessen für eine ausgewogene, naturverträgliche Nutzung des Floßgrabens aus, mit klaren, einheitlichen und leicht verständlichen Regelungen, die an allen Wochentagen und für jedermann gelten. Sie sollen dem Schutz des Eisvogels dienen, aber auch den Menschen eine Möglichkeit geben, das Gewässer auf schonende Art zu nutzen, ohne die Eisvogelbrut zu gefährden.
Die Leipziger Naturschützer haben sich bemüht, ein breites Bündnis für den Floßgrabenschutz zu bilden. Neben den staatlich anerkannten Naturschutzverbänden beteiligen sich auch mehrere andere Leipziger Vereine, wie beispielsweise der Verein Leipziger Wanderer e.V., an der Initiative. Mit dem Kanubootsverleiher Freizeit-Abenteuer.com hat sich auch ein wassertouristisches Unternehmen den Forderungen angeschlossen. Auch andere Anbieter aus der Branche sympathisieren mit der Initiative, da sie klare, naturverträgliche Regelungen einer vollständigen Sperrung mit willkürlichen Ausnahmeregelungen vorziehen.
Auch den Naturschützern geht es darum, Ausnahmeregelungen, die im Vorjahr zu Beeinträchtigungen des Schutzgebietes und zu Störungen der Eisvogelbrut geführt haben, durch faire und allgemein akzeptierte Vorgaben zu ersetzen. Grundsätzlich streben sie eine naturverträgliche wassertouristische Nutzung der Leipziger Gewässer an, da nur so die Naturschutzziele in der Region erreicht werden können. Pläne, hier verstärkt kraftstoffbetriebene Motorboote fahren zu lassen, lehnen sie deshalb ab.
Es gibt wenig Möglichkeiten, die Nutzung des Floßgrabens im Einklang mit den Erfordernissen des Naturschutzes zu regulieren. Die Naturschutzverbände hoffen deshalb, dass die Leipziger Behörden auf die ökologisch begründeten Vorschläge zur naturverträglichen, eingeschränkten Nutzung des Gewässers eingehen. Falls es keine ausreichenden Einschränkungen der Floßgrabenbenutzung und keine wirksamen Kontrollen geben sollte, ist nach Ansicht der Naturschützer der Bruterfolg des Eisvogels gefährdet. In diesem Fall haben sie massiven Widerstand angekündigt.
Der Eisvogel ist eine nach EU-Recht streng geschützte Vogelart. Der Floßgraben befindet sich zudem in einem Europäischen Vogelschutzgebiet (SPA) und im FFH-Gebiet “Leipziger Auensystem”, das nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU geschützt ist.
Das Forderungspapier als PDF zum Download.
Keine Kommentare bisher