Wenn ein Braten zu groß ist, um ihn in einem Happen zu verschlingen, schneidet man ihn in lauter kleine Scheiben. Die sind leichter zu schlucken. Und man kann den müden Volksvertretern erzählen, dass sie den großen Braten nicht essen müssen. Jedenfalls jetzt nicht. Nicht gleich. Jetzt geht es erst mal nur um 665 Meter, eine kleine Kanalverbindung zwischen Karl-Heine-Kanal und Lindenauer Hafen.
Davon träumen die Leipziger schon seit 80 Jahren. Nur in den vergangenen 20 Jahren etwas anders, denn eine Güterschifffahrt, wie sie einst noch Carl Heine vor Augen hatte, wird es nicht geben. Dazu fehlt selbst in Leipzig die nötige Wirtschaft, die solche Transportmengen transportieren wollte. “Es geht um Tourismus”, sagte Heiko Rosenthal, Leipzigs Umweltbürgermeister, am Mittwoch, 17. Juli, beim Pressetermin am Lindenauer Hafen.
Den letzten hatte es im September 2012 gegeben, als es tatsächlich um den Auftakt des 18-Millionen-Euro-Projektes ging, mit dem der Lindenauer Hafen nun mit dem Karl-Heine-Kanal verbunden werden soll. Im September startete der erste Bauschritt: die Umverlegung der Leitungen im Baugebiet. Dieser Bauabschnitt war im April abgeschlossen. Erste Finanzierungsrate: 1,232 Millionen Euro. Im Baufeld befinden sich jetzt keine Leitungen mehr. Anfang Juli startete deshalb das 2. Los der fünf ausgeschriebenen Teillose für den Kanalbau. Das macht es etwas unübersichtlicher für den zufälligen Passanten. Aber bei den deutlich kleineren Baulosen können eben auch regionale Firmen erfolgreiche Angebote abgeben.
Den Zuschlag für das 2. Los bekam die Firma Tesch Straßenbau GmbH & Co. KG aus Schkeuditz. Auf diesen 3,86-Millionen-Auftrag freut sich die Firma, denn da geht es jetzt richtig zur Sache: 200.000 Kubikmeter Erdreich müssen bewegt werden. Um das abzutransportieren, müssen ein Jahr lang jeden Tag 40 bis 50 Lkw-Ladungen geladen werden. Die Grünauer können sich also schon einmal an die Kipper der Firma Tesch gewöhnen. Denn fertig sein soll der Kanalaushub im November 2014.
Dann schließt sich das 3. Los an, das jetzt im vierten Quartal 2013 ausgeschrieben werden soll, 1,35 Millionen Euro für den Bau der Freianlagen für das künftige Kanalstück – Wege, Treppen, Kaimauern. Es sollen ja nicht nur Boote fahren können, auch Fußgänger und Radfahrer sollen wieder zum Lindenauer Hafen kommen. Erst recht, wenn dort die LESG die geplanten Wohnanlagen hat bauen lassen.
Die Freianlagen am neuen Kanalstück sollen im Frühjahr 2015 fertig sein.Zwei Teilprojekte sind noch offen. Das eine ist die Brücke kurz vorm Hafenbecken, die ein Überqueren des Kanals ermöglichen soll. “Diese Brücke wird derzeit noch als Rad-Fußgänger-Brücke überarbeitet”, sagt Bürgermeister Heiko Rosenthal. “Wenn die überarbeiteten Pläne fertig sind, können wir auch die Brücke ausschreiben.”
Das andere sind die Spundwände an der Hafenbucht. “Aber da sind wir noch am überlegen, wie wir es richtig machen”, sagt Rosenthal. “Wenn wir hier eine Lösung gefunden haben, können wir dieses Los im ersten Quartal 2015 ausschreiben.”
Deutlich sagte er, worum es bei diesem 18,1 Millionen Euro teuren Verbindungsstück zwischen Karl-Heine-Kanal und Lindenauer Hafenbecken wirklich geht: um den “Kurs 2” im Leipziger Gewässerverbund. Der ist bislang offiziell 2,6 Kilometer lang – nämlich von Anfang bis Ende des Karl-Heine-Kanals. Nur dass natürlich an der Einmündung in die Weiße Elster niemand aufhört zu rudern, bloß weil der “Kurs 2” offiziell zu Ende ist. Von dort kann man ja problemlos weiterpaddeln zum Connewitzer Wehr (Kurs 5) oder zum Stadthafen (Kurs 7).Mit dem neuen Kanalstück verlängert sich der Karl-Heine-Kanal um 665 Meter. Dazu kommen noch ungefähr 1.000 Meter auf dem Hafenbecken, so dass der “Kurs 2” ab 2015 dann 4,2 Kilometer lang ist. Ohne Schleusen, ohne Wasserstufen. Im Grunde ein kleines Paradies für Bootsfahrer.
Wenn es der Stadt Leipzig gelingt, bis 2018 auch noch den Durchstich vom Hafen zum schon existierenden, 11 Kilometer langen Teil des Elster-Saale-Kanals zu stemmen, könnte der “Kurs 2” dann eine Länge von rund 15 Kilometern erreichen. Und Mancher trappelt da schon ungeduldig mit den Füßen, denn jedes Scheibchen aus dem großen Braten schafft natürlich “neue Tatsachen”. Wenn man nun schon am Kanalende hinter Günthersdorf ist, fehlen ja nur noch ein paar Kilometerchen bis zur Saale. Und ein Schiffshebewerk. Beides zusammen für 106 Millionen Euro zu haben. Ein Schnäppchen. Möglicherweise, so hofft es ja auch der Leipziger Umweltbürgermeister, mit Fördergeldern zu finanzieren.
Ist zwar alles schon sachsen-anhaltinisches Gebiet. Finanzieren müssten es der Saalekreis und/oder das Land Sachsen-Anhalt. Aber Leipzig will, so beschloss es ja der Stadtrat am 10. Juli, den Motor spielen, “sich mit der Stadt Halle intensiv abstimmen, um die gemeinsamen Ziele dieser Städtekooperation in das Projekt einzubringen.”
An die Spaten, fertig, los: Symbolischer Auftakt zur Erschließung des Lindenauer Hafens
Der erste Spatentisch ist getan …
Lindenauer Hafen: Verhandlungen mit Bietern sollen aufgenommen werden
Das Investorenauswahlverfahren für den ersten …
Verlängerung des Karl-Heine-Kanals: Bauvorbereitung abgeschlossen
Ab dem Juli 2013 soll der 665 Meter …
Die eigentliche Vision fürs Neuseeland: Freie Fahrt für Hausboote, Flusskreuzfahrer und Fahrgastschiffe
Mitten im eindrucksvollen Bildband …
Dass die Verbindung unter der Lyoner Brücke kommt, ist im Grunde beschlossen. “Vordringlich verfolgt die Stadt Leipzig die Anbindung des Lindenauer Hafens an den Saale-Elster-Kanal, die einschließlich des Baus der Lyoner Brücke 2017/2018 realisiert werden soll”, heißt es in der Stadtratsvorlage.
Nur wird es da schon etwas schwieriger mit den Fördergeldern. Denn der Großteil der für den jetzigen Kanaldurchstich genutzten europäischen Fördergelder stehen dann nicht zur Verfügung. Denn das waren zum größten Teil Städtebaufördermittel. Sie machen Sinn, weil die Stadt die Kanalverbindung immer geplant hat unter dem Aspekt, am Lindenauer Hafen ein neues, attraktives Wohnquartier zu schaffen. Was auch ein neues Instrument dieser europäischen Städtebauförderung ermöglicht hat: ein Förderprogramm namens JESSICA. Auf europäisch: Joint European Support for Sustainable Investment in City Areas.
“Ein revolvierendes Stadtentwicklungsprogramm”, wie Karsten Gerkens, Leiter des Amtes für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, erklärt. “Wir können damit quasi auf Kredit bauen und finanzieren das Ganze durch die Erlöse aus dem Verkauf der Grundstücke für das neue Stadtquartier, das hier entsteht.”
Das Wohnquartier entwickelt ja bekanntlich die stadteigene LESG im Nordteil des Hafenareals. Das Interesse der Investoren ist groß.
Dazu gleich mehr an dieser Stelle.
Die Visionen der Stadtplaner: www.leipzig.de/de/buerger/stadtentw/stadtern/gebiete/westen/hafen/index.shtml
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