Der Ärger im Leipziger Osten um die Nichtberücksichtigung als Gymnasialstandort hält an. Als Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) und Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) Ende August das Schulinvestitionsprogramm bis 2016 vorstellten, war der Osten nicht dabei. Das neue Gymnasium für den Osten soll in der Gorkistraße 15 und 25 in Schönefeld entstehen, im Stadtbezirk Nordost.
Am 12. September tagte der Stadtbezirksbeirat Ost wieder zu diesem Thema. Erst im August hatte er die Forderung bekräftigt, das Fördergebiet Leipziger Osten müsse künftig auch wieder ein eigenes Gymnasium bekommen. Doch in einer eigenen Stellungsnahme erläuterte die Stadtverwaltung, warum der Osten nicht berücksichtigt wurde – und vertröstete auf mögliche spätere Entscheidungen.
“Ein Planungsbeschluss zur Neueinrichtung eines vierzügigen Gymnasiums in der Gorkistraße 15/25 befindet sich im Verfahren. Mit diesen beiden Maßnahmen soll der akute Mangel an Plätzen in Gymnasien zeitnah abgebaut werden”, heißt es in der Stellungnahme der Stadt. “Darüber hinaus werden Schulstandorte für vier bis fünf weitere Gymnasien in Leipzig benötigt. Deshalb werden weitere geeignete Standorte für Gymnasien geprüft. Diese Prüfung berücksichtigt auch geeignete Objekte im Leipziger Osten.”
Zu wenig an konkreten Zusagen, fanden die meisten Stadtbezirksbeiräte. Denn die Suche nach einem Gymnasialstandort im Leipziger Osten steht ja seit 2000 auf der Agenda, seit der Installierung des Programms “Soziale Stadt”. Es gibt zwar sieben Grundschulen und zwei Mittelschulen im Fördergebiet – aber kein Gymnasium. Das ist auch ein psychologischer Faktor, stellten diverse Foren im Leipziger Osten fest. 2011 fasste das Forum Leipziger Osten dann auch ganz offiziell den Beschluss, die Stadt zu beauftragen, im Osten einen Gymnasialstandort zu suchen.
Im April 2011 haben auf der Strategiewerkstatt Leipziger Osten Bürger und Experten gemeinsam darüber gesprochen, wie der Leipziger Osten attraktiver werden kann. Einer der Punkte war die Einrichtung eines Gymnasiums im Stadtgebiet Ost. Diese Forderung wurde vom Forum Leipziger Osten, den ansässigen Bürgervereinen und auch dem Stadtbezirksbeirat Ost aufgegriffen und unterstützt.Auch der Stadtrat hat sich in diesem und dem letzten Jahr drei Mal für ein Gymnasium im Fördergebiet ausgesprochen, nämlich 2011 mit seinem Beschluss zur Neuausrichtung der integrierten Stadtentwicklung im Leipziger Osten (BS/ RBV-1028/11), und in diesem Jahr, als er die Verwaltung mit der Suche nach einem geeigneten Baugrundstück im Osten beauftragte (BS/ RBV-1158/12) und bei der Fortschreibung des Schulnetzplanes 2012, in dem ein Standort im Osten vorgesehen ist.
Kinder, die es derzeit im Leipziger Osten schaffen, die Bildungsempfehlung zu bekommen, müssen nach Stötteritz fahren, nach Paunsdorf oder noch weiter. Sie verschwinden quasi mit Beginn des fünften Schuljahres aus dem Stadtbild.
Welche Probleme der Stadtteil aber mit der Bildungsmotivation der jungen Leute hat, zeigt ein simpler Vergleich: 2010 gab es im ehemaligen Sanierungsgebiet Gohlis keinen einzigen Schüler, der nicht den Realschulabschluss schaffte. Im Leipzig-Durchschnitt lag der Wert bei 13 Prozent, im Leipziger Osten aber bei deprimierenden 45 Prozent.
Verständlich, dass die Teilnehmer der SBB-Sitzung am 12. September richtig verärgert waren, weil die Stadtverwaltung sich bei diesem Thema über das Ergebnis der Bürgerbeteiligungen und das mehrfache Votum des Stadtrates hinwegsetzen will und das Gymnasium statt – wie im Schulnetzplan vorgesehen – im Osten der Stadt im Nordosten, in Schönefeld einrichten will…
Die Angelegenheit steht am Donnerstag, 20. September, im Stadtrat zur Abstimmung.”Zum einen ist der Standort im Osten nötig, weil hier mit Anger-Crottendorf, Neustadt-Neuschönefeld und Volkmarsdorf die Stadtteile liegen, in denen viele Kinder wohnen bzw. geboren werden – im Gegensatz zu Schönefeld-Ost etwa, wo das Durchschnittsalter knapp 15 Jahre höher liegt als in Neustadt-Neuschönefeld!”, erläutert Stephan Stach, Stadtbezirksbeirat der Grünen im Leipziger Osten, einen weiteren Kritikpunkt an der Entscheidung der Verwaltung, 13 Millionen Euro in Schönefeld zu investieren und nicht im Fördergebiet Leipziger Osten. “Das Gymnasium wird auch gebraucht, um den Stadtteil für Familien attraktiv zu halten, die sich jetzt hier niederlassen. Die Prognosen zur Zahl der Grundschüler im SB Ost zeigen jedenfalls an, dass der Bedarf nach Gymnasialplätzen hier noch weiter steigen wird.”
In den 13 Millionen fehlen noch die Gelder für Sportanlagen, die in Schönefeld bislang fehlen. “Alternativstandorte im Leipziger Osten wurden hingegen nicht von der Stadt geprüft. Und da es ohnehin bis zur Sanierung bzw. zum Neubau in der Gorki-/Telemannstraße eine Interimslösung geben wird, spricht auch das Zeitargument nicht für diesen Standort”, meint Stach. Als Interim ist das ehemalige Gustav-Fechner-Gymnasium – ebenfalls in Schönefeld – vorgesehen.
Der Stadtbezirksbeirat bezweifelt jedoch, dass die Verwaltung wirklich Alternativen im Stadtbezirk Ost geprüft hat. Das ehemalige Richard-Wagner-Gymnasium hätte dazu gehört. Doch im einstigen Schulgebäude in der Karl-Vogel-Straße in Anger-Crottendorf will die Stadt die Sprachheilschule “Käthe Kollwitz” unterbringen.
Bliebe immer noch die Möglichkeit, gleich um die Ecke in der Ihmelstraße die ehemalige 18. Schule als Gymnasium zu nutzen – den leer stehenden Altbau dicht an der Wurzner Straße zu sanieren und eventuell um einen Neubau zu ergänzen. In den Plänen der Stadt kommt dieses verkehrstechnisch gut gelegene Schulgebäude bislang nicht vor. Was Stach daran zweifeln lässt, dass die Verwaltung wirklich intensiv nach einem Gymnasialstandort im Osten gesucht hat.
Preiswertes Bauland gäbe es auch am Torgauer Platz, wo die städebauliche Entwicklung mit dem Bau des Centers schon seit Jahren zum Erliegen gekommen ist. Hier wäre die Nähe zum aufstrebenden Bülowviertel günstig.
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Und Bauplatz gibt es auch noch in der Nähe des Listplatzes, der in den 1990ern einen Bauboom an Bürogebäuden erlebte. Seitdem ruht auch hier die Entwicklung.
Die ehemalige 2. Realschule an der Kreuzung Dresdener Straße / Kohlgartenstraße wird heute als Studienkolleg genutzt. Und ein wenig stadteinwärts auf der linken Seite der Dresdner Straße zwischen Breitkopf- und Crusiusstraße stand bis 1943 die VII. Bürgerschule. Einer von den vielen in Leipzig verschwundenen Schulstandorten. In diesem Fall wurde der Platz dem Stephaniplatz zugeschlagen. Der Grund aber müsste nach aller Logik weiter der Stadt gehören. Und ein neues Gymnasium an dieser Stelle würde dem Osten natürlich helfen.
Der Stadtbezirksbeirat Ost jedenfalls appelliert an die Stadtverwaltung und an den Stadtrat, sich an die getroffenen Beschlüsse zu halten. Durch einen Gymnasialstandort im Leipziger Osten würden Gymnasialplätze dort entstehen, wo sie auch wirklich gebraucht werden.
“Wenn es der Stadt an einer weiteren Förderung der positiven Entwicklungen im Leipziger Osten gelegen ist, muss sie diese auch mit der Schaffung der geeigneten Infrastruktur unterstützen”, sagt Stach. “Darüber hinaus wäre es ein deutliches Bekenntnis von Stadtverwaltung und Stadtrat, dass sie auch bereit sind, die Ergebnisse von Bürgerbeteiligung in die Tat umzusetzen.”
Die Stellungnahme der Verwaltung zur Nichtberücksichtigung des Ostens: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/A414B23C620F6848C1257A640029BCE7/$FILE/V-wa-20-vsp.pdf
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