Auf der Septembersitzung des Stadtrates wird auch noch über einen kleinen Kostennachschlag für das Immanuel-Kant-Gymnasium entschieden. Das wird seit 2009 saniert und modernisiert. Damals war es mit ins Leipziger Programm für das "Konjunkturpaket II" gerutscht, mit dem die Bundesregierung seinerzeit die Folgen der Finanzkrise dämpfen wollte. Irgendwie keine ganz durchdachte Idee.

Leipzig hat zwar einige Dutzend Maßnahmen in das Paket gestopft. Aber schon 2009 vermeldeten die Baufirmen in der Region Land unter. Sie waren mit Aufträgen bis über beide Ohren eingedeckt. Denn dasselbe, was in Leipzig passierte, passierte ja in ganz Deutschland. Irgendwie hatte man im Finanzministerium und andernorts versäumt, über die vorhandenen Baukapazitäten in Deutschland nachzudenken. Für manche Bauprojekte fand sich in Leipzig anfangs gar kein Bewerber. Und für viele musste die Stadt seinerzeit Bewerbungen akzeptieren, die deutlich über der Kalkulation lagen.

Denn gleichzeitig hatte der Bund ja Fristen gesetzt. Die Aufträge mussten raus.

Beim Kant-Gymnasium in der Südvorstadt arbeitete man beim Planungs- und Baubeschluss vom 16. September 2009 mit einer Kostenschätzung. Schon einen Monat später, am 19. Oktober, wurde mit der Vorlage der Kostenberechnung klar, dass es mindestens in zwei Kostengruppen höhere Kosten geben wurde. Doch “wurde aufgrund der in Gänze noch auskömmlichen Kosten auf eine Präzisierung des Baubeschlusses verzichtet.”

Heißt: Man hoffte während des Baugeschehens die Kosten im Rahmen von 11,5 Millionen Euro halten zu können.
“Obwohl im Bauprozess permanent Gegensteuerungsmaßnahmen zur Kostenoptimierung durchgeführt wurden, konnte das Ziel, das Vorhaben im beschlossenen Kostenrahmen umzusetzen nicht erreicht werden”, heißt es jetzt in der Vorlage der Dezernate Dezernat Stadtentwicklung und Bau und Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, die in der Dienstberatung am 14. Juli erstmals behandelt wurde. “Maßgeblicher Grund ist, dass das Vorhaben schwerpunktmäßig in Zeiten des KP II umgesetzt wurde. Das hat nicht nur zu höheren Ausschreibungsergebnissen, sondern auch zu Kapazitätsproblemen und somit zu Terminproblemen bei den beauftragten Firmen geführt.”

Die Leipziger Baufirmen haben sich ja gefreut über das Konjunkturpaket II: Erstmals seit 1990 hatten sie volle Auftragsbücher auf Monate hinaus – und sie konnten tatsächlich einmal Preise verlangen, die nicht auf Kante genäht waren. Preise deutlich über dem, was sie in gewöhnlichen Zeiten erzielen.

Das Baudezernat schätzt ein: “Ohne die KP II und konjunkturbedingte Ressourcen- und Kostenentwicklung hätte die Baumaßnahme im Rahmen des beschlossenen Budgets umgesetzt werden können.”

Im Klartext: Die Bundesregierung hat mit ihrem auf ein enges Zeitfenster fixierten Konjunkturprogramm die Preise für Bauleistungen deutlich ansteigen lassen. Die jetzige Vorlage ist nicht die erste, die Mehrkosten bei der Sanierung des Kant geltend macht. In den Vorjahren wurden schon Mehrkosten in Höhe von 450.000 Euro in die Jahreshaushaltspläne der Stadt aufgenommen. Jetzt kommen noch einmal 216.000 Euro hinzu.

218.000 Euro resultieren sogar noch aus einem Vorgängerprojekt: Sie resultieren aus der Umwandlung des Projekts, das ursprünglich als Privat Public Partnership (PPP)-Projekt durchgeplant wurden war, in ein Eigenprojekt im Rahmen des Konjunkturpakets, was auch geänderte Ausschreibeverfahren nötig machte.

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306.000 Euro resultieren aus der “Notwendigkeit einer Tiefendrainage und höherwertige Kellerabdichtung wg. anstehenden schwebenden Grundwasser (Schichtenwasser)”. Und 228.000 Euro werden zusätzlich fällig wegen der “Kostenerhöhung wegen Tektur zur Flurerweiterung”. Beim Gegensteuern hat man nicht wirklich ähnlich große Posten zum Sparen gefunden. Die Kantianer müssen nun auf einen eigentlich geplanten Kletterfelsen im Außenbereich verzichten – und Türen, Kellergitter und Fassadenuhr werden nur aufgearbeitet, nicht ersetzt.

Die Mehrkosten sollen nun kurzfristig aus dem “PSP-Element 7.0000.318 – Neue GS Mitte” gedeckt werden. Linke Tasche – Rechte Tasche nennt man das wohl. Insgesamt wird die Sanierung des Kant-Gymnasiums jetzt um 666.000 Euro teurer.

Insgesamt hat die Stadt Leipzig mit dem Konjunkturpaket II kurzfristig zusätzliche 62,09 Millionen Euro für solche Investitionsmaßnahmen einsetzen können und damit Aufträge in Höhe von 79,9 Millionen Euro ausgelöst. Aber schon 2010 war klar, dass es bei dieser Kalkulation nicht bleiben würde. Bei der Sanierung der Nachbarschaftsschule war es ebenfalls schon zu höheren Kosten gekommen, so dass das Hochbauamt 2011 eine erste Kostenabschätzung – einschließlich Risikokostenabschätzung – von 83,4 Millionen Euro abgab.

Was eigentlich auch zeigt, dass man mit einer verlässlichen langfristigen Planung und Förderung preiswerter bauen könnte. Aber der aktuell wichtigste Fördergeldgeber, der Freistaat Sachsen, will über diesen Schatten noch nicht so recht springen. Was Kommunen wie Leipzig immer wieder zu neuen Kurzfrist-Aktionen zwingt.

Aber bis zum Schuljahresbeginn soll das Kant wieder bezugsfertig sein.

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