In Abwasserproben aus mehreren deutschen Städten – darunter auch Dresden – wurden von Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren nachgewiesen. Daher erinnert das Robert-Koch-Institut (RKI) daran, den Polio-Impfstatus zu überprüfen und mögliche Impflücken zu schließen. Darauf weist auch das sächsische Gesundheitsministerium hin.
Bereits in den vergangenen Wochen wurden in Abwasserproben aus München, Bonn, Köln und Hamburg von Schluckimpfstoff-abgeleiteten Polioviren nachgewiesen. Neben Dresden sind noch weitere deutsche Städte dazugekommen. Polioviren sind Auslöser der sogenannten „Kinderlähmung“. Das Risiko zu erkranken ist trotz des Nachweises im Abwasser auch weiterhin äußerst gering. Bislang sind zudem deutschlandweit keine Polioverdachtsfälle oder Erkrankungsfälle bekannt.
Gesundheitsministerin Petra Köpping: „Der Nachweis im Abwasser ist kein Grund zur Beunruhigung. Aufgrund der allgemein hohen Impfquoten und guten Hygienebedingungen in Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, äußerst gering. Dennoch ist dies ein guter Anlass, seinen Impfausweis zu überprüfen und sich bei seiner Hausärztin oder seinem Hausarzt beraten zu lassen, ob der Impfschutz noch vollständig ist. Die Impfung schützt sehr gut gegen die Erkrankung.“
Nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) wird eine Grundimmunisierung gegen Polio im Alter von 2 Monaten, 4 Monaten und 11 Monaten empfohlen. Eine Auffrischungsimpfung soll zwischen 9 und 16 Jahren erfolgen. In Sachsen gibt es zudem eine Empfehlung der Sächsischen Impfkommission (SIKO), nach der für alle Erwachsene noch eine regelmäßige Auffrischimpfung aller 10 Jahre empfohlen ist. Der Polio-Impfstatus kann im gelben Impfausweis nachvollzogen werden. Bei fehlender oder unvollständiger Polio-Impfung wenden Sie sich an Ihre Kinderarztpraxis oder bei Erwachsenen an die Allgemeinarztpraxis.
Die Impfquoten in Sachsen liegen leicht unter dem Bundesdurchschnitt. Daher bestehen hier noch Verbesserungsmöglichkeiten und die Impfausweise sollten kontrolliert und Impflücken, so vorhanden, geschlossen werden. Insbesondere sollte auch darauf geachtet werden, versäumte Impftermine möglichst nachzuholen. Die Impfung schützt zuverlässig vor einer Erkrankung. Infektionen verlaufen in den meisten (>95 Prozent) der Fälle ohne klinische Symptomatik. Das Auftreten dieser impfabgeleiteten Viren ist kein Grund zur Sorge. Ein Anlass zu erhöhter Aufmerksamkeit ist jedoch gegeben.
Hintergrund
Im Rahmen eines bundesweiten Forschungsprojektes „PIA – Polio im Abwasser“ des Robert Koch-Instituts wird Abwasser aus verschiedenen Kläranlagenstandorten in Deutschland auf Polio-Viren untersucht. Seit September 2024 beteiligt sich auch die Kläranlage Dresden am Monitoring.
Auch in anderen europäischen Ländern wurden in der Vergangenheit so genannte cVDPV2-Viren im Abwasser nachgewiesen, so das RKI.
Poliomyelitis („Kinderlähmung“) ist eine hochansteckende Krankheit, die vor allem Kinder unter fünf Jahren betrifft und bei nicht ausreichend immunisierten Personen im schlimmsten Fall zu dauerhaften Lähmungen führen kann. Sie wird vor allem durch Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) übertragen, weshalb eine sorgfältige Händehygiene wichtig ist. Die Krankheit kann durch Polioimpfungen wirksam verhindert werden.
Weltweit existieren zwei Arten von Polioimpfstoffen: eine Schluckimpfung, die abgeschwächte vermehrungsfähige Impfviren enthält; und ein inaktivierter Polioimpfstoff, der in den Muskel gespritzt wird. Die Schluckimpfung wird derzeit noch in manchen Ländern eingesetzt, aber nicht mehr in Deutschland.
Die Schluckimpfung ist sehr effektiv, jedoch können die abgeschwächten Impfviren wieder ausgeschieden werden und sich genetisch so verändern, dass sie andere Menschen infizieren und eine symptomatische Erkrankung hervorrufen können. In Deutschland wird daher seit 1998 ausschließlich der inaktivierte (IPV-)Impfstoff verimpft. Menschen, die mit IPV-Impfstoff geimpft wurden, sind vor der Erkrankung sehr gut geschützt. Der IPV-Impfstoff ist sicher und wirksam.
Weitere Informationen
Informationen des RKI: Epidemiologisches Bulletin 49/2024
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/49_24.pdf?__blob=publicationFile
Informationen der STIKO: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/Polio/Polio.html
Informationen der BZgA:
https://www.bzga.de/
https://www.impfen-info.de/
Informationen zu Impfquoten: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Impfstatus/kv-impfsurveillance/vacmap/vacmap.html
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