Die Gewerkschaft ver.di ruft die Beschäftigten des Heinrich-Braun-Klinikums am Freitag zum Streik auf. Grund für den Ausstand sind die festgefahrenen Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaft fordert rückwirkend ab Juli 2024 eine Gehaltserhöhung von 15 Prozent für die nichtärztlichen Beschäftigten. Darüber hinaus wollen die Gewerkschaftsmitglieder, dass der Inflationsausgleich am HBK auf die volle steuerfreie Höhe von 3.000 Euro angehoben wird.

Die neuen Tarifregelungen sollen teilweise exklusiv für Beschäftigte gelten, die eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di nachweisen können. Der Arbeitgeber spricht von einem Angebot in Höhe von 17,5 Prozent. Die Gewerkschaft kritisiert diese Darstellung jedoch als irreführend. So beinhalte der Vorschlag für das erste Jahr eine Nullrunde von sechs Monaten, gefolgt von einer Gehaltserhöhung von lediglich 4 Prozent.

Am Freitag, den 18. Oktober 2024, wird erstmals in der Geschichte des Heinrich-Braun-Klinikums in Zwickau gestreikt. Die Gewerkschaft ver.di ruft zum Arbeitskampf auf, nachdem die Tarifgespräche am 4. September 2024 ohne Ergebnis blieben. Verhandlungsführer André Urmann erläutert, dass die Tarifgehälter am HBK weit hinter denen vergleichbarer Krankenhäuser in Sachsen zurückliegen. Die meisten dieser Krankenhäuser hätten bereits die volle Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro gezahlt und lägen auch bei den Gehältern auf einem deutlich höheren Niveau.

Die Forderung nach einer 15-prozentigen Gehaltserhöhung sei notwendig, um das Gehaltsniveau an das anderer Kliniken anzupassen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Teilweise fielen die Einstiegsgehälter am HBK trotz hoher Zulagen für Pflegekräfte sogar hinter den Pflegemindestlohn in der Altenpflege zurück.

Irreführende Arbeitgeberdarstellung

„Die Beschäftigten haben in den letzten Jahren trotz Tarifsteigerungen erhebliche Reallohnverluste von bis zu 14 Prozent hinnehmen müssen, da die hohen Inflationsraten beim letzten Tarifabschluss noch nicht absehbar waren. Mit dem aktuellen Arbeitgeberangebot hätten die Beschäftigten im kommenden Kalenderjahr teilweise sogar weniger Netto im Portemonnaie als noch in diesem Jahr“, erklärt Urmann. Der bisher gezahlte Inflationsausgleich sei nur eine einmalige Zahlung. „Fällt dieser weg, entsteht erneut ein Loch im Geldbeutel der Beschäftigten“, so Urmann weiter. Die hohen Verbraucherpreise blieben aber bestehen. 

Die von den Arbeitgebern angebotenen 17,5 Prozent würden, laut Gewerkschaft, erst im April 2027 vollständig wirksam werden. Die Erhöhungen seien über einen Zeitraum von drei Jahren gestreckt. „Die Krankenhausleitung versucht offensichtlich, einen falschen Eindruck zu erwecken. In Wirklichkeit starten wir in die neue Tarifvertragslaufzeit mit einer Nullrunde, und erst nach sechs Monaten würde es die ersten 4 Prozent mehr Gehalt geben. Unsere Mitglieder finden dieses Angebot, ebenso wie wir, unzureichend“, kritisiert Urmann. 

Wirtschaftliche Probleme und Landespolitik

Die sächsischen Krankenhäuser und so auch das HBK selbst unterliegen einem enormen wirtschaftlichen Druck. Urmann führt die wirtschaftlichen Probleme der Krankenhäuser primär auf die Landespolitik zurück. Krankenhäuser müssten sich für die Finanzierung von Investitionen regelmäßig aus den Mitteln bedienen, die eigentlich für Personalkosten im Rahmen der dualen Krankenhausfinanzierung vorgesehen seien. Das sei neben den Unsicherheiten im Zusammenhang mit der noch ausstehenden Krankenhausreform der Ampel-Koalition ein erhebliches Problem.

Diese Schwierigkeiten dürfen aus unserer Sicht nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Dennoch gelänge es den meisten sächsischen Krankenhäusern in Tarifbindung, deutlich höhere Gehälter und Inflationsausgleichszahlungen zu leisten. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass die Beschäftigten am HBK nun für mögliche Managementfehler zurückstecken sollen.

„Die Auslastung am HBK ist gut, dennoch kann das Klinikum aufgrund von Kapazitätsgrenzen offenbar nicht die volle Leistung erbringen. Betten können zeitweise nicht betrieben werden. Unbesetzte Stellen in Schlüsselberufen, wie in der Pflege, wirken sich so am Ende auch auf die Umsätze aus. Gleichzeitig berichten uns die Kolleginnen und Kollegen, dass immer mehr Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt wird. Krankheitsbedingte Personalausfälle sind an der Tagesordnung“, erklärt der Gewerkschafter.

Man sei jederzeit verhandlungsbereit und an einem fairen Interessenausgleich interessiert. Die Tarifparteien wollen am 7. November 2024 zu weiteren Gesprächen zusammenkommen.

Notfallversorgung während des Streiks gewährleistet

Die Gewerkschaft ver.di hat dem HBK Notdienst angeboten, um sicherzustellen, dass während des Streiks ausreichend Personal für die Notfallversorgung zur Verfügung steht. Geplante Operationen könnten am Streiktag möglicherweise ausfallen und verschoben werden. Die regional zuständige Gewerkschaftssekretärin, Simone Bovensiepen sagt, dass der Streik mit der Frühschicht am Freitag beginnen wird und zunächst nur bis 22 Uhr andauert. Ob zu weiteren Streiks bis zum nächsten Verhandlungstag aufgerufen wird, ließ die Gewerkschafterin offen. 

Weitere Zahlen, Daten und Fakten

Die Tarifforderung der ver.di im Überblick:

  • Anhebung der Tabellenentgelte um 15 Prozent, mindestens um 500 Euro ab 1. Juli 2024
  • Zahlung von 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie unter Anrechnung bereits gemäß § 3 Ziffer 11 c EStG gezahlter Ansprüche
  • Zahlung der bereits bestehenden Pflegezulage von 200 Euro an alle Beschäftigte die regelmäßig die Grund- und Behandlungspflege ausüben
  • Eine jährliche Zahlung i. H. v. 600 Euro für Beschäftigte, die eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di nachweisen
  • Laufzeit bis 30. Juni 2025 (12 Monate)

Das letzte Arbeitgeberangebot im Überblick:

  • Einmalige Inflationsausgleichsprämie von 200 Euro in 2024 (bereits 1.800 Euro wurden gezahlt)
  • keine Erweiterung des Begünstigtenkreises für die Pflegezulage
  • keine Gehaltssteigerung ab Juli 2024, 6 Monate Nullrunde
  • Erste Gehaltssteigerung von 4,0 % zum 1. Januar 2025
  • Zweite Gehaltssteigerung von 6,5 % zum 1. Juli 2025
  • Dritte Gehaltssteigerung von 3,0 % zum 1. Januar 2026
  • Vierte Gehaltssteigerung von 3,0 % zum 1. September 2026
  • Fünfte Gehaltssteigerung von 1,0 % zum 1. April 2027 
  • Laufzeit bis zum 30. Juni 2027 (36 Monate)

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